ReRead-Rezi ~ Harry Potter und der Halbblutprinz

Von Collectionofbookmarks
 
So sehr hatte ich mich auf den sechsten Band der HP-Reihe gefreut, dass ich im Nachhinein fast glaube, zu viel erwartet zu haben (was lächerlich klingt in Anbetracht der Tatsache, dass es sich hier um ein Nochmal-Lesen handelt). Voldemorts Vergangenheit wurde beleuchtet, so, wie es noch kein Band zuvor getan hatte, doch was dadurch alles NICHT stattfand, hatte ich irgendwie vergessen.
Auch hier werde ich wieder ins nicht zu stoppende Fangeschwafel übergehen, also verzeiht mir.
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Fudge ist weg. Oh ja, endlich hat auch das Ministerium eingesehen, dass ein neuer Minister dringend nötig wäre. Doch anstatt eines sympathischen Charakters bekommen wir Scrimgeour geliefert, der sich vielleicht als fähiger, jedoch nicht als liebenswerter erweist - vielen Dank auch.
Dafür darf jedoch Dumbledore wieder entscheiden, welchen neuen Lehrer für die freie Stelle er einstellen wird, und so lernen wir Slughorn kennen, einen ziemlich gierigen Mann - egal, ob nun auf Geld oder Anerkennung bezogen - der das Amt des Zaubertranklehrers einnimmt. Was? Oh mein Gott, das bedeutet doch nicht etwa? Doch, genau das bedeutet es: Snape wird Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste (ihr könnt euch Harrys Freude vorstellen).
Allerdings ist Harry mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Durch einen glücklichen Zufall erhält er das alte Zaubertrankbuch des sogenannten Halbblutprinzen, der ihn durch Korrekturen und zusätzlichen Informationen zu einem wahren Zaubertrankass macht. Doch wer steckt hinter diesem seltsamen Pseudonym?
Aber auch für dieses Rätselraten hat Harry kaum Zeit, denn immer öfter finden nun Treffen mit Dumbledore statt, die dazu dienen sollen Voldemorts Kindheit und Jugend zu erkunden. Mit Hilfe des Denkariums (und Slughorn) stolpert unser Held bald über den Begriff Horkruxe und kann noch überhaupt nicht einschätzen, wie wichtig diese in seiner nahen Zukunft sein werden.

Wie schon gesagt, ist das Interessanteste am Halbblutprinzen, dass wir endlich mehr über Tom Riddle alias Voldemort erfahren. Wir erkennen Parallelen zu Harrys Vergangenheit, finden heraus, dass Tom ein grausames Kind war und können uns nun endlich mehr unter Voldemort vorstellen. Er ist nicht einfach nur der Bösewicht der Reihe, nein, er hat seine eigene Geschichte, seine eigene Substanz, und genau das macht ihn auch so faszinierend.
Auch sonst ist dieser sechste Band der Teil mit der dunkelsten Magie. Nicht nur Horkruxe (ich fand' es übrigens ganz toll, wie die Autorin so wieder auf Die Kammer des Schreckens zusprechen kommt), sondern auch Inferi und Zaubersprüche wie Sectumsempra spielen diesmal eine große Rolle und verdüstern die ganze Atmosphäre des Buches. Noch nie haben wir so viele Todesflüche um die Ohren geschmettert bekommen, noch nie sind wir einem bösartigen Werwolf wie Greyback begegnet und noch nie wurde uns solch eine wichtige Figur wie Dumbledore einfach entrissen. Harry Potter und der Halbblutprinz ist somit ein bitterer Vorgeschmack für die Dinge, die noch kommen werden. Ich will gar nicht dran denken.
Doch lassen wir das Böse einmal außen vor und denken an die guten und angenehmen Ideen in diesem Band. Wer würde nicht ab und an auch gern einen kleinen Schluck Felix Felicis zu sich nehmen? Oder einen süßen Knuddelmuff wie Arnold besitzen? Oder endlich den Laden Weasleys Zauberhafte Zauberscherze besuchen? Oder lernen zu Apparieren? Oder, oder, oder....

Puh, kommen wir zum schwierigsten Teil der Besprechung, bei dem ich immer erst einmal überlegen muss, wo ich am besten beginne. Vielleicht halte ich mich einfach an das letzte Mal und fange mit Harry an:
Der Entwicklungssprung von Harrys 15jährigem zum 16jährigem Ich war in meinen Augen gewaltig, denn nicht nur seine Gedanken, auch seine Taten sind endlich reifer geworden. Seine Eigenschaft alles und jeden zu hassen - so schien es mir ja im fünften Band zu sein - war wundersamerweise ebenso verpufft. Besser so, denn diesmal war er auch viel öfter auf sich allein gestellt.
Ich muss ja ehrlich gestehen, dass ich Harry eigentlich gar nicht so gut leiden kann, wie viele der anderen Figuren in der Reihe, doch habe ich diesmal etwas mehr über ihn und seine Geschichte nachdenken können. Man muss ihn schon dafür bewundern, dass er, trotz der vielen Rückschläge, die er immer wieder erleidet, überhaupt noch durchhält. Jetzt erst wird mir bewusst, was Dumbledore an ihm so sehr lobt und wieso er der einzige mögliche Auserwählte sein kann. .... So richtig mag ich ihn aber trotzdem nicht, und auch wenn ich Ginny endlich etwas besser leiden kann, so finde ich die Tatsache, dass die beiden zusammen aussehen müssen wie Lily und James, doch irgendwie befremdlich.
Kommen wir zu meinem Lieblingspärchen, und somit auch zu der größten Enttäuschung im Buch. Wie das? Naja, ich hatte mich wirklich auf die Eifersüchteleien zwischen den beiden gefreut, und sie waren auch so klar und amüsant, wie ich sie in Erinnerung behalten hatte. Was mir allerdings entfallen war, ist die Tatsache, dass beide keine große Rolle in diesem Roman spielen. Hermine ist nur da um Harry immer wieder wegen des Halbblutprinzen zu piesacken und Ron darf schmatzend mit Lavender Brown knutschen, sich wie ein Arschloch aufführen und noch kurz vergiften lassen. Das war's. Als hätte man sie mal kurz zurückschrauben müssen, weil sie im Orden des Phönix so präsent waren. Schade, aber im letzten Teil sind sie ja dann wieder alle da.
Dafür war die Liebe an anderen Stellen tätig und sorgte dafür, dass wir Fleur wiedertreffen "durften", die sich im Hause Weasley bereits den Spitznamen Schleim zugelegt hatte (geben wir es zu, Ginny hatte da vielleicht ihre Hände im Spiel). Viel viel viel viel viel viel schöner ist allerdings die Erkenntnis, die einen dann fast am Ende des Romans wie ein Blitzschlag trifft: Tonks und Lupin? Das ist... das ist... überraschend, aber irgendwie.... zuckersüß. Ich mag die beiden zusammen und denke jetzt mal nicht an Band sieben, welcher mir das Herz brechen wird.
Auf eine Charakterentwicklung muss ich allerdings noch zu sprechen kommen, da sie doch ziemlich beeindrucken war. Draco Malfoy, diese bissige kleine Ratte, weint vor der Maulenden Myrte. Ich habe wirklich sehr viel Mitleid für ihn entwickelt, denn seine Rolle bzw. seine Position ist schon ziemlich knifflig. Wenn man nur mal daran denkt, wie sein Schicksal aussehen würde, hätte es da nicht den Unbrechbaren Schwur gegeben.... huiuiuiui. Nun trifft es einen anderen armen Kerl.... ach Snape :(

Es gibt nicht viele Punkte, die auf das Geschehen im letzten Band weisen, wenn wir mal von der Suche nach den Horkruxen absehen. Eine Hochzeit zwischen dem angeschlagenen Bill und Fleur steht noch an, dann ein Besuch in Godric's Hollow und dann, ja dann kommt es zu dem Finale, welches ich auch jetzt wieder fürchte.
Fast ärgere ich mich ein bisschen über mich selbst, dass ich damals, beim ersten Lesen, nie wirklich gerafft habe, warum Dumbeldore Snape so vertraute. Allerdings muss man auch zugeben, dass Frau Rowling den Anhaltspunkt ziemlich gut versteckt. Es ist lediglich Snapes Reue, die einen erkennen lässt, was vielleicht dahinter steckt. Dumbledore sagt an der Stelle: " Du kannst dir nicht vorstellen, welche Reue Professor Snape empfand, als er erkannte, wie Lord Voldemort die Prophezeiung gedeutet hatte, Harry. Ich glaube, es war der größte Schmerz seines Lebens und der Grund, warum er zurückkehrte -"
Jetzt, da ich die Reihe ja bereits gelesen habe, achte ich auf solche Sätze umso mehr. Der größte Schmerz seines Lebens....

Ich bin nicht mehr so abgöttisch in den sechsten Band verliebt, wie es vorher der Fall war. Jetzt ist es doch eher eine Hassliebe - vollkommen hin und her gerissen, zwischen Faszination und Schock.
Dumbledores Tod ist grauenhaft, aber auch nötig. Harrys kommendes Fernbleiben von Hogwarts ist grauenhaft, aber auch nötig. Die Zukunft ist grauenhaft, aber auch nötig.
Ich würde jetzt gerne den letzten Band in die Hand nehmen und lesen, dann aber auch wieder nicht, weil es dann zu Ende sein wird. Schrecklich.... was hat uns diese Frau nur angetan?