Reportage: Gedanken um das Leben im sozialen Brennpunkt – Teil 2 – Geld

Money, Money, Money
Vieles in unserer Gesellschaft dreht sich um Geld. In dem Viertel aus dem ich komme, kreisen wahrscheinlich bei 90% der Leute die Gedanken nur um Geld. Wie mache ich möglichst schnell, mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel Geld. Geld bestimmt einfach alles. Die Varianten, wie man an Geld kommt sind vielfältig, doch ehrliche Arbeit fällt meistens nicht darunter. Würde ich eine Führung durch das Viertel veranstalten könnte ich in jedem zweiten Haus mindestens einen Jungen benennen der tickt. Drogen sind hier schon lange kein Tabu Thema mehr, man konsumiert auf offener Straße, Erwachsene sagen schon lange nichts mehr. Nur eine einzige Regel gibt es: Nicht vor Kindern! Ich weiß nicht wann diese Regel aufkam oder ob sie einfach schon immer eine Selbstverständlichkeit für uns war, aber sobald irgendwo, wo wir saßen Kinder auftauchten, machen wir uns vom Acker und konsumieren wo anders weiter.
Von Geschäften und kleinen Sachen nebenbei
Es lässt sich sagen, dass der Einstieg in den Handel mit Sachen, die unter das BtmG fallen, leichter ist als man denkt. Ich denke in jedem Konsumenten taucht irgendwann der Gedanke auf:“Wieso sollte ich weiter auf Ticker angewiesen sein und mehr für Gras zahlen als nötig ist.“ Man startet mit einem kleinen Kapital und verkauft anfangs nur an Freunde, die auch ab und zu einen Joint rauchen. Wie in der Marktwirtschaft braucht man hierbei jedoch keine groß angelegte Werbekampagne, sondern einfache Mundpropaganda. Man fängt in seinem eigenen Freundeskreis an, dieser trägt es weiter an andere Bekannte, deine Nummer macht die Runde und irgendwann bist du mittendrin. Aus einer kleinen Sache, die man nur gestartet hat, um seinen eigenen Konsum zu finanzieren ist ein durchaus lukratives Geschäft geworden. Die verkauften Einheiten steigen und damit auch die Einnahmen. Bei den meistens Leuten ist dies der Punkt, wo sie entweder komplett aussteigen oder schon so sehr auf Geld fixiert sind, dass sie mit dem Gedanken spielen ihr Sortiment zu erweitern.
Von Bekannten weiß ich, dass sie als ehemalige Kiffer und jetzige Geschäftsmänner immer wissen wollten was sie an ihre Kunden verkaufen. De facto also probieren müssen was sie verkaufen wollen, wenn sie sich einen neuen Vertriebszweig erschließen wollen .
Neue Ware, neue Leute, neue Kreise
Ich berichte der Einfachheitshalber weiter aus der Ego-Perspektive eines fiktiven Jungen aus dem Viertel, der nur ein Beispiel ist, wie es bei vielen von ihnen abläuft.
Ich hatte mit Gras angefangen und auch schon mal Pepp probiert. Pepp! Ich war die ganze Nacht wach, folgte mehreren Gesprächen gleichzeitig und registrierte einfach alles. Nach meinem ersten Gehversuch auf Pepp schlief ich 18 Stunden am Stück und war mir ziemlich sicher, dass ich irgendwann nochmal zu diesem weißen Pulver zurück kommen würde, um darauf zu feiern oder ähnliches. Ich dachte damals noch nicht daran, dass ich irgendwann mit diesem Zeug handeln sollte. Ich war jung, auf dem Weg zum Abitur und meine polizeiliche Akte besaß keinerlei Eintragungen, obwohl ich in früheren Jahren schon diverse Male „scheiße gebaut“ hatte, doch nichts, was sich nicht als jugendliche Dummheit abtun ließ.
Zu dieser Zeit verkaufte ich schon ab und zu Gras und wie oben beschrieben, war ich halt irgendwann mittendrin. Es passierte einfach. Es kamen immer mehr Leute zu mir. Leute, die ich schon lange nicht mehr alle persönlich kannte. Sie wurden einfach von Freunden oder von Freundes Freunden zu mir geschickt. Irgendwann kam die Frage auf, ob ich auch andere Sachen verkaufen würde. Ich erkundigte mich bei meinem „Großhändler“, ob die Möglichkeit bestünde auch an kleinere Menge von anderen Drogen heranzukommen. Die Antwort war positiv und dies teilte ich auch meinen Kunden mit. Bestellungen trudelten bei mir ein und ich kaufte das erste mal Speed um es weiter zu verkaufen, jedoch nicht ohne das mein Händler mir eine Line legte. Das Zeug war stärker als das was ich kannte. Es brannte in der Nase und der widerliche Geschmack des Amphetamin ran meinen Rachen herunter. Ich war drauf und fühlte mich blendend. Ich hatte für 50€ Speed gekauft, das so stark war, dass ich es strecken konnte und für locker 150€ weiter verkaufen konnte und immer noch erstklassiges Speed an meine Kunden abgab. Das Geschäft lief und ich konnte Geld ausgeben ohne darauf achten zu müssen wie viel ich ausgab.

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