Rennbericht XTERRA France 2019

Von Wonseong

Wow – welch ein Renn-Wochenende! Es ist kein Zufall, dass in der Cross-Triathlon-Welt der XTERRA France eine Sonderstellung einnimmt. Der Lac de Longemer mit den ihn umgebenden, grünen, bewaldeten Hügeln und den fantastischen Trails – das ist schon einmal die perfekte Kulisse für ein XTERRA-Rennen. Man muss auch nicht lange, langweilige Anfahrten in Kauf nehmen – die Berge beginnen direkt am See und es geht sofort 3 Kilometer am Stück auf steilen Wurzelpfaden von 700 Meter auf 1000 Meter. Der See ist ein Traum und hatte in diesem Jahr sagenhafte 25°C Wassertemperatur. Ergo war Schwimmen ohne Neo angesagt (was mir sehr recht war). Aber ich greife schon wieder vor… 🙂

Ich fuhr ganz entspannt nach dem Frühstück am Freitag-Morgen knapp drei Stunden in die südlichen Vogesen. Dabei fiel schon auf, dass Tour de France-Zeit ist und damit Ausnahmezustand in La France. Überall waren Kirchen, Häuser und Plätze mit dem Thema „Rad“ geschmückt. Leider kommt Le Tour erst drei Tage später durch die Gegend, sonst hätte man sich das Spektakel tatsächlich mal anschauen können.

Dann natürlich gleich mal auf’s Sparky setzen und die berühmt-berüchtigte Bike-Strecke abfahren. Es ist kurz vor 12 aber schon wieder brachial heiß. Zum Glück ist aber sowohl die Rad-, als auch die Laufstrecke fast komplett im tiefen Wald. Wie gesagt geht es gleich mal als Ouvertüre hoch – fast ausschließlich auf Singletrails. Viele Wurzeln, sehr steile Rampen, technisch echt anspruchsvoll und konditionell sowieso. Es gibt dann auch tatsächlich ein Strava-Segment mit 3,14 km und knapp 300 Höhenmetern – da ist der höchste Punkt aber noch nicht erreicht.

Die Natur ist dabei ein Traum! Überall Wildblumen, die Trails erste Sahne, fast alles brottrocken. Dann oben auf der Höhe, wenn man aus dem tiefen Wald heraus kommt, fantastische Ausblicke von 1100 M.ü.M. auf die bewaldeten Vogesen-Berge.

Ich nehme mir Zeit, schaue mir alles genau an, fotografiere. Nur wenige andere Radler begegnen mir. Nach stetigem Auf und Ab geht’s dann in den finalen Downhill, der es zwar in sich hat, aber auch gut fahrbar ist. Wenn es regnen würde und die steilen Downhills zu Sturzbächen mutieren würden, sähe es anders aus. Aber so erscheint die Aufgabe durchaus machbar.

Zurück erstmal „abkühlen“ im See. Das Wasser fühlt sich extrem weich an. Auf dem Rücken liegend, den tiefblauen Himmel und die tiefgrünen Hügel bestaunend – himmlisch! Und die Jungs sind jetzt schon perfekt in ihrer Organisation.

  • Ja, es gibt schon Startunterlagen.
  • Ja, der extra nur für diesen Event aufgebaute Mega-Bikepark steht schon.
  • Ja, die Expo ist auch schon eingerichtet.

Dem entsprechend bin ich dann auch diesmal einer der Ersten beim Abholen der Startunterlagen. Es gibt eine schicke Thermo-Weste als Goodie. Nice. Zum guten Ton gehört zwischenzeitlich auch, dass die Rennen eine „Namenswand“ haben mit allen Startern und deren Startnummer drauf. Sehr stylish!

Schließlich treffe ich mich mit meiner guten, alten Freundin Doro und deren Freundin Meike und wir gehen abends schön essen bei mir um die Ecke im benachbarten Gérardmer. Ein gut ausgefüllter, schöner Tag neigt sich dem Ende zu mit einem spektakulären Sonnenunter- und Mondaufgang am See.

Der Samstag gestaltet sich mega entspannt. Es gibt im Grunde nichts mehr zu tun als zu chillen. Noch ein wenig abkühlen im See und ein paar Meter schwimmen – das ist es dann auch schon. Am Abend bin ich zögerlich, ob ich überhaupt zur anberaumten Pasta-Party gehen soll – wurde ich doch in neun von zehn Fällen zutiefst enttäuscht von lieblos dargereichter total verkochter Pasta und schlechter Bolognese-Soße. Aber auch hier sollten wir positiv überrascht werden von der französischen Gourmet-Luxus-Variante einer Pasta-Party. Veranstalter aufgepasst: Wenn ihr schon eine Pasta-Party anbietet, dann macht es doch richtig. Sonst lasst es lieber bleiben! So genieße ich das große Fressen mit den zwischenzeitlich eingetrudelten Nadine und Tobi in epischer Länge. Heim. Schlafen.

Am Sonntag-Morgen dann ausschlafen. Erstmal das Bike herrichten und ein paar Meter um den See die Beine wachküssen. Dann ein paar Strides ebenfalls am Lac de Gérardmer. Danach gemütlich frühstücken in meinem kleinen, schnuckligen Hotel. Schließlich ist es auch schon kurz vor Zwölf und Zeit zum Einchecken. Das geht ultimativ entspannt und ich bin beeindruckt von der Größe der Wechselzone (für einen XTERRA). Dann noch ein bisschen chillen im Schatten, warmlaufen und schließlich ist es so weit, meinen Speedsuit drüber zu ziehen und mich warm zu schwimmen. Die Pros werden einzeln vorgestellt und dürfen mal wieder fünf Minuten vor uns starten. Und dann geht’s pünktlich wie die Feuerwehr los mit einem Massenstart mit EINER Startwelle – wie sich das gehört. 🙂

Und selbstverständlich waren Neos VERBOTEN. Ich kann diese lästigen Diskussionen um diese zwei Themen nicht mehr hören. Triathlon verkommt mehr und mehr zu einer Weichei-Sportart, in der man es dem letzten Luschi recht machen will. Wenn ihr ohne die schwarze Pelle nicht schwimmen könnt, lernt es halt einfach. Das geht. Echt jetzt. Und wenn Euch das zu viel Waschküche ist beim Schwimmstart, lernt auch das. Das geht. Echt jetzt. Und sonst stellt Euch halt nicht in die erste Reihe, wenn ihr nicht so schnell schwimmen könnt. Ich rate meinen Athleten, die erst anfangen bzw. echt schwache Schwimmer sind, ganz einfach alle los schwimmen zu lassen und ganz entspannt hinterher zu schwimmen. Der Zeitverlust ist minimal und alles läuft entspannt. Kein Gedränge, keine Panik, keine Atemnot.

Das ist immer wieder eine der geilsten Szenen in unserem Sport und ich möchte das nicht missen. Zugegeben, die ersten 200 Meter sind ein wenig „quirlig“, aber dann öffnet sich eine Lücke, die richtige Gruppe mit einem guten Tempo ist bereits gefunden und ich halte mich den ganzen Rest immer Seite an Seite mit Arnaud in seinem schicken Kiwami-Anzug im französischen blau-weiß-roten Design. Leider sehe ich ihn später am Wegesrand beim Flicken – wie übrigens sehr viele Athleten. Glücklicherweise bleibt mir das erspart. Mein SCOTT Spark und alle andere Equipment halten wieder mal durch.

Nach 24-einhalb Minuten erreiche ich die steile Rampe aus dem See und quäle mich auf dem roten Teppich die Anhöhe hinauf zur Wechselzone. Nach ordentlichem ersten Wechsel geht’s auf die Bikestrecke. Wieder einmal bin ich gleich schnell geschwommen wie M50-Favorit Dirk Pauling. Er zieht naturgemäß am langen Anstieg davon, ich sehe ihn aber am höchsten Punkt beim Flicken und er legt dann auch ein DNF hin. Schade.

Ich habe mir selbst aufgetragen, diesen ersten langen Anstieg eher zurückhaltend anzugehen. Es stehen noch sehr lange, sehr harte 40 Kilometer auf dem MTB auf dem Programm und dann noch ein ebensolcher 11k-Trailrun. Also langsam ins Rennen und meinen Rhythmus finden. Das klappt ganz ordentlich, auch wenn ich natürlich viele „Young Guns“ vorbeiziehen lassen muss. In einem der kniffligen Singletrails, der so eng ist, dass man partout nicht überholen kann, begegne ich dann Bella Baylis, der früheren Top-Frau im Ironman-Zirkus. Sie ist jetzt (wie so viele) Triathlon-Coach mit ihrem Mann Stephen, der ebenso am Start war wie die Kids. Sie hat natürlich noch die Fitness, schwimmt nach wie vor wie ein Fisch, aber die technischen Skills für die Trails fehlen etwas. Die zwei Jungs direkt hinter ihr verlieren dann irgendwann die Geduld, da sie sich offenbar auch nicht traut, etwas an den Rand es Trails zu fahren. Ein hitziges Wortgefecht beginnt und ich kann dahinter mal wieder nur schmunzeln.

Am Ende der ersten Runde habe ich einen unerklärlichen Hänger. Aber nach einem Gel zu Beginn der zweiten Runde läuft’s wieder etwas besser. Die zweite Runde vergeht in meiner Wahrnehmung wie im Flug, auch wenn die Zeiten durch die Bank schlechter sind (was, glaube ich, mit der Position der Zeitmessmatte zu tun hat).

Anyway. Irgendwann taucht dann nach dem Durchfahren des Bikeparks mit vielen, vielen jubelnden Zuschauern die T2 am Horizont auf. Ein recht langsamer Wechsel gefolgt von einem ebensolchen Start auf die Laufstrecke. Irgendwie brauche ich wieder ein paar Minuten, um mich zu sammeln und meinen Rhythmus zu finden. Dass es praktisch sofort den Berg hoch geht, hilft dabei nicht unbedingt. Früher oder später finde ich aber auch da meinen Schritt und freue mich richtig über diese geilen Trails. Glücklicherweise gibt es auch auf der Laufstrecke zwei Verpflegungsstellen. Die stellen für mich wieder einmal das absolute Minimum dar. Ich kann förmlich spüren, wie meine Körperkern-Temperatur ansteigt und ich langsamer werde. Sofort nach der Aid Station geht es dann gleich wieder besser. Ich nutze das volle Programm und bin froh, dass es Cola gibt.

Liebe Veranstalter: Auf jeden Triathlon-Laufkurs gehört Cola!

Und während sich die zwei Arthurs (Forrisier & Serrieres) vorne einen Kampf bis auf’s Messer liefern, versuche ich nur noch, möglichst heil durch den Laufkurs zu kommen. In der zweiten Laufrunde wird es dann auch etwas eng und ich bin mal wieder viel zu nett, nicht gnadenlos die langsameren Leute zu überholen. Und dann ist sie da, die spektakuläre Ziellinie, die Arthur Forrisier 50 Minuten früher erreicht hatte. Eine tolle Stimmung, eine tolle Kameraderie, eine tolle Zielverpflegung. Top-notch – wie übrigens alles rund um diesen Weltklasse-Event!

Mit einem Mal fröstelt es mich dann. Ich gehe runter zum See, mache meine „rituellen Waschungen“, schwimme ein paar Meter aus. Dann kommt mir der Gedanke an das nächste Rennen in 6 Tagen (Liga-Finale am Schluchsee) und dass ich mein Team nicht im Stich lassen will. Also laufe ich vernünftigerweise noch ein paar Meter aus, um die Regeneration zu beschleunigen und lege mich dann ein paar Minuten auf ein Bänkchen in die Sonne. Apropos Sonne: Das Wetter war perfekt für einen Triathlon!

Pünktlich wird die Wechselzone zum Auschecken der Bikes geöffnet und genauso pünktlich wird zur Siegerehrung geblasen. Da Doro es als Dritte doch tatsächlich auf’s Podium geschafft hat, bleibe ich noch ein wenig. Und plötzlich steht mein guter, alter Freund Peter Nägeli (unverkennbar aus der Schweiz – bei DEM Namen) neben mir und wir erfreuen uns des Wiedersehens nach langer Zeit.

Schließlich wird es Zeit für Verabschiedungen und die Heimfahrt. Alles läuft gut bis Baden-Baden, wo aus heiterem Himmel plötzlich der Regen beginnt und bis daheim nicht mehr aufhört. Noch eine kurze Pause mit doppeltem Espresso und leckerem Ciabatta und dann zuhause hundemüde ins Bettchen.

Photo Credits: Carel de Plessis/Xterra

Race Stats:

  • Wetter: Perfekte 22°C, Sonne-Wolken-Mix, trocken, Wassertemperatur 25°C
  • Strecke: 1,5k Swim – 40k Bike – 11k Trailrun
  • Zeiten: 24:38 (69. Swim) – 1:36 (98. T1) – 2:27:22 (208. Bike) – 1:36 (348. T2) – 53:19 (84. Run) = 3:48:32 Gesamt
  • Platzierung: 4. Platz M50 (137. Platz gesamt)
  • Ausrüstung: ROKA Viper Speedsuit, Zone3 Goggles, Nati-Einteiler, SCOTT Spark RC MTB, SCOTT RC Ultimate MTB-Schuhe, SCOTT Centric Plus Helm, SCOTT MTB Handschuhe, Compressport-Socken, Oakley Radar EV Path Brille, Salomon S-Lab Sense Laufschuhe
  • Ergebnisliste gibt’s hier!
Werbeanzeigen