Er galt als junger Überflieger – dann stellte sich heraus, dass seine Geschichten erfunden waren
Der Name Claas Relotius steht dieser Tage für Fake und Lüge – nichts könnte fälscher sein!
Relotius ist echt!
Normale Geschichtenerzähler – Romanautoren, Satiriker, Utopiker –, die sind fiktiv. Sie bewegen sich zu 100% im Bereich der Fiktion und behaupten nichts anderes. Selbst wenn sie das Gegenteil zu suggerieren versuchen („…wisset, ich fand diese Blätter in den Unterlagen meines Urgroßonkels, welcher die Geschichte von einem morgenländischen Reisenden hörte und wahrheitsgetreu niederschrieb…“), dann ist das alles nur oberflächliches Geplänkel – für den Gebildeten sofort durchschaubar.
Aber RELOTIUS: der ist ECHT! Er verzichtet auf das schützende Etikett der Kunst. Er trägt seine Geschichten raus aus dem eingehegten Rahmen der hehren Kunst mitten hinein ins echte Leben, in die innerste Bastion des Faktischen: den SPIEGEL. Damit macht er im Grunde nichts anderes, als es die romantische Universalpoesie und das moderne Theater fordern: die Buchseiten bzw. die Bühne zu überschreiten, Kunst und Leben schmerzhaft aufeinanderprallen zu lassen, ungesicherte Situationen zuzulassen und uns dadurch im Innersten herauszufordern.
Dass Relotii Erzählungen nach Ansicht der Experten reinster Kitsch seien, seine Metaphern abgeschmackt und sein Satzbau epigonal – ach, das trübt das Bild nur am Rande. Man kann nicht alles haben. Aber die Aufregung ist gut! Die Verärgerung ist gut! Das Entsetzen ist gut! Go on, Claas Relotius!!