Religiöses Fasten IIIb: Christentum

Von Wendepunkte

Gastbeitragsreihe von Daniela Liebscher

Christliche Fasten Folge 2 Fasten der östlich-orthodoxen Kirchen

In den östlich-orthodoxen Kirchen gibt es im Jahr vier längere und einige kürzere Fastenzeiten sowie wöchentliche Fastentage. Ingesamt beträgt die Anzahl der empfohlenen Fastentage pro Jahr 180 bis 200, anderen Quellen entsprechend 110 bis 220.

In diesem Text soll vor allem auf die griechisch-orthodoxe Fastentradition eingegangen werden. Die längste der Fastenzeiten ist die „Σαρακοστή“ (Tessarakoste), die zusammen mit dem Fasten der Karwoche eine fünfzigtägige Fastenzeit vor dem Osterfest darstellt. Das Fasten vor Ostern erstreckt sich somit insgesamt über acht Wochen, wobei an den Wochenenden nicht so streng wie unter der Woche gefastet wird. Die insgesamt vierzigtägige vorweihnachtliche Fastenzeit findet vom 15. November bis zum 25. Dezember statt und die vierzehntägige Fastenzeit im August wird zur Vorbereitung auf Mariä Himmelfahrt begangen. Fastentage unter der Woche sind üblicherweise der Mittwoch und Freitag, wobei es hierbei einige Ausnahmen gibt: für einige Namenstage von Heiligen sowie bestimmte kirchliche Feiertage wird das Fasten entweder gelockert oder ganz aufgehoben. Außer diesen gibt es noch drei einzelne Fastentage im Jahr, welche zur Feier der Theophanie (5. Januar), zur Hinrichtung Johannes des Täufers (29. August) und zur Erhebung des Heiligen Kreuzes (14. September) begangen werden. Eine besondere Art des Fastens, welche nur in Klöstern auf dem Berg Athos eingehalten wird, ist ein dreitägiges, durchgängiges Hunger- und Durstfasten, welches die Zeit des Osterfastens einleitet.

(Bildquelle)

Beim griechisch-orthodoxen Fasten wird meist auf tierische Produkte wie Fleisch, Milchprodukte, Eier und tierische Fette sowie auf alkoholische Getränke verzichtet. Eine Ausnahme sind Meeresfrüchte und Krustentiere, Weichtiere und Fischeier die in fast allen Fastenzeiten erlaubt sind. Fisch und pflanzliche Öle sind auch in manchen Fastenzeiten erlaubt. Durchgehend erlaubt ist damit eine Ernährung welche aus Brot, Hülsenfrüchten, Nüssen, Gemüse und Obst besteht welche mit den jeweils erlaubten weiteren Speisen ergänzt wird. Die Fastengebote stellen weitestgehend eher eine Empfehlung als eine strenge Verpflichtung dar.

In der Theologie der griechisch-orthodoxen Kirche sollte das Ziel des Gläubigen sein, „die ‚Ähnlichkeit mit Gott’ (‚το καθ’ ομοίωσιν’) zu erlangen.“. Das Fasten soll dazu helfen, den Willen und die Widerstandskraft der Gläubigen gegenüber Versuchungen zu stärken. Einer der wichtigsten Kirchenväter der orthodoxen Kirche,  Basileios der Große, wird folgendermaßen zitiert:

„Sein [Jesus] Beispiel und sein Auftrag ist für Basileios schließlich der entscheidende Grund, weshalb der Christ fastet: ‚Als Hauptsache aber kommt zu dem Gesagten, daß der Herr das Fleisch, das er für uns angenommen hatte, durch Fasten stärkte und so in ihm die Angriffe des Teufels auffing. Er lehrte uns so, uns durch Fasten für die Kämpfe in den Versuchungen zu salben und zu üben’.“

Durch die durchgehende Präsenz von Fastenzeiten in der traditionellen griechischen Ernährungsweise sind sie auch bei der gesundheitlichen Bewertung der mediterranen Diät möglicherweise mit einzubeziehen. Es spielt in der griechischen Bevölkerung immer noch eine wichtige Rolle. Die bisher vorhandenen wenigen Studien zeigen positive Auswirkungen dieses Fastens auf einige Blutfettwerte und die Körpermasse. Sollten diese Studienergebnisse durch weitere bestätigt werden, wäre dieses Fasten als deutlich gesundheitsfördernd zu werten.

Anmerkung: Die Texte dieses Artikels sind größtenteils wörtliche Auszüge oder Zusammenfassungen von Ergebnissen aus meiner Doktorarbeit, welche im Laufe des Jahres 2012 veröffentlicht werden wird.  Betreuer: Prof. C.A. May von der Medizischen Fakultät Carl Gustav Carus aus Dresden. Weitere Unterstützung und Stipendium von der Karl-Veronika-Carstens-Stiftung (Essen).