Erwin Eckert – Pfarrer und KPD-Landesvorsitzender.
Deshalb sollen hier stellvertretend für diesen Personenkreis vier Persönlichkeiten vorgestellt werden.
Ein Pfarrer wird KPD-Landesvorsitzender
Da wäre zunächst der wohl herausragendste von ihnen, Pfarrer Erwin Eckert aus Baden-Württemberg (16. Juni 1893 – 20. Dezember 1972). Er war wohl der einzige deutsche Pfarrer in Deutschland, der einen KPD-Landesverband leitete.
Seit Beginn der zwanziger Jahre suchte Eckert Kontakt zu religiösen Sozialisten innerhalb der evangelischen Kirche und war von 1926 bis 1931 geschäftsführender Vorsitzender des Bund der religiösen Sozialisten Deutschlands (BRSD); innerhalb des Bundes war er Vertreter marxistischer Positionen, oft im Gegensatz zu eher reformsozialistischen Vorstellungen anderer Mitglieder des Bundes.
Sein politisches Auftreten brachte ihn sowohl mit der evangelischen Kirchenleitung als auch mit der SPD (der er seit 1911 angehörte) in Konflikt. Am 2. Oktober 1931 wurde er aus der SPD ausgeschlossen, im November wurde er im BRSD aller seiner Ämter enthoben, seine Entlassung aus dem Kirchendienst folgte im Dezember desselben Jahres. Einen Tag nach seinem Parteiausschluss aus der SPD trat Eckert am 3. Oktober 1931 der KPD bei. Im faschistischen Deutschland wurde er politisch verfolgt, bis 1945 unter Polizeiaufsicht gestellt und zweimal eingekerkert.
1945 nahm Eckert seine politische Arbeit wieder auf und war von 1946 bis 1950 Vorsitzender der KPD in Baden. Für seine Partei wurde er 1946 Mitglied der Beratenden Landesversammlung des Landes Baden, Mitglied des Ersten Badischen Allparteienkabinetts, Abgeordneter des Badischen Landtags von 1947 bis 1952 und des Landtags von Baden-Württemberg von 1952 bis 1956. 1949 trat er als Oberbürgermeisterkandidat der KPD in Mannheim an, bei der er 35 Prozent der Stimmen erhielt. Auch nach dem KPD-Verbot blieb er seiner Gesinnung treu und 1960 als führendes Mitglied des Friedenskomitees der BRD zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Domprediger für die Vereinigung von KPD und SPD
Zu nennen wäre weiterhin Karl Kleinschmidt (26. April 1902 – 13. August 1978), evangelisch-lutherischer Pfarrer, Kulturpolitiker und Publizist.
Auch er war Mitglied im Bund religiöser Sozialisten Deutschlands (Eintritt 1926 in Thüringen). Kleinschmidt war dann von 1930 bis 1933 Landesvorsitzender des Bundes der Religiösen Sozialisten in Thüringen. Im Jahre 1927 war er auch Mitglied der SPD geworden. Nachdem er bereits 1931 aus seinem Pfarramt Amt vertrieben wurde, folgte bereits 1933 eine erste Verhaftung durch die Gestapo. Ab 1935 konnte er als Domprediger in Schwerin wirken.
Später wurde er zur Wehrmacht eingezogen und geriet in US-Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung nahm er wieder sein Amt als Domprediger auf, das er bis zum Eintritt in den Ruhestand 1968 ausübte.
Kleinschmidt begründete den Kulturbund in Mecklenburg mit und war zeitweise wurde auch Leiter der Informationsabteilung der mecklenburgischen Landesregierung.
1945 trat er wieder in die SPD ein, aber nur dort für die Vereinigung mit der KPD zur SED zu wirken. Von 1949 bis 1954 war er Abgeordneter der Volkskammer der DDR. Einer seiner Söhne war übrigens an der Erweiterten Oberschule (EOS) Lehrer des Verfassers dieser Zeilen.
Sein politisches Wirken in der SED hat Karl Kleinschmidt mit dem Urchristentum begründet, allerdings nicht mit dessen angeblichen Kommunismus. Von ihm ist hierzu aus dem Jahre 1948 folgendes Zitat überliefert: „Der mußte scheitern, weil die christliche Urgemeinde nicht den Produktions-Kommunismus, sondern den Konsumtions-Kommunismus verwirklichte.”
Ein Theologe wird marxistischer Philosoph
Eine dritte Persönlichkeit ist der Theologe, Philosoph und Vizepräsident der DDR-Urania Matthäus Klein (18. Dezember 1911 – 2. Februar 1988).
Klein hatte in den 1930er Jahren kaum seinen Dienst als Pfarrer angetreten, da wurde er auch schon zur Wehrmacht eingezogen. Allerdings nicht als Militärpfarrer, sondern als einfacher Unteroffizier. Bereits im Juli 1941 lief er zur Roten Armee über und gehörte 1943 zu den Mitbegründern des Nationalkomitees Freies Deutschland, in dem er sich als Mitglied im Arbeitskreis für kirchliche Fragen engagierte. Das deutsche Reichskriegsgericht verurteilte ihn deshalb in Anwesenheit wegen Hochverrats zum Tode.
Nach dem Krieg trat Klein der KPD bei und wurde 1947 Lehrer an der Parteihochschule „Karl Marx” beim ZK der SED. Von 1951 bis 1962 war er Professor am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und dessen stellvertretender Leiter. Von 1962 bis 1973 wirkte er dann stellvertretender Direktor des Zentralinstituts für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR. Seine Hauptforschungsgebiete waren die Geschichte der marxistischen Philosophie, Persönlichkeitstheorie, Ethik und Humanismus.
Leninistischer Pfarrer im antifaschistischen Widerstand
Und zu nennen wäre da noch Pfarrer Erich Kürschner (7. November 1889 – 3. Januar 1966). 1913 ordiniert, trat er 1921 in die SPD ein und wurde bereits 1922 auf Grund seiner politischen Aktivitäten von der Kirchenleitung abgemahnt. Er schloß sich daraufhin der „Bruderschaft sozialistischer Theologen” an. Ab 1928 arbeitete Kürschner als Gefängnispfarrer in der Strafanstalt Tegel und war auch aktiv in der Berliner Gruppe des BRSD tätig. Ab 1931/32 arbeitete er in der „Leninistischen Organisation” mit. 1933 erhielt Kürschner Berufsverbot und leistete seither aktive Widerstandsarbeit in der Gruppe „Neu Beginnen”, die aus der vorgenannten Organisation hervorgegangen war. Im November 1938 wurde er verhaftet und vom „Volksgerichtshof” zu zehn Jahren Zuchthaus in Brandenburg-Görden verurteilt. Nach der Befreiung 1945 arbeitete Kürschner zunächst im Berliner Magistrat und trat in die SED ein und war 1946/47 als Mitglied des zentralen Kulturausschusses für die Kirchenpolitik dieser Partei verantwortlich. Über seinen weiteren Lebensweg ist nicht viel bekannt, außer daß er von 1959 bis 1962 als wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Außenministerium tätig war.
Für diese vier Persönlichkeiten stellte übrigens das Eintreten für die konsequente Trennung von Staat und Kirche und die Trennung der Kirche von der Schule eine Selbstverständlichkeit dar.
Siegfried R. Krebs