Das nebenstehende Bild zum Beispiel benutzt der Zentralrat der Exmuslime Österreichs, um für ein europaweites Burkaverbot bei Facebook Stimmen zu erhalten.
Nun hat sich im Nachgang zum Verbot in Frankreich gezeigt, dass es nur eine verschwindende Minderheit ist, die davon betroffen ist. Etwas mehr als 300 Frauen sind davon betroffen – in einem Land mit etwa 61 Millionen Einwohnern.
Ich widerspreche diesen Verboten. Denn was und wem nutzt es?
Ich begreife, dass der Hintergrund für die österreichischen Ex-Muslime darin besteht, die Befreiung der Frauen von der entwürdigenden Vollverschleierung zu erreichen. Frauen, die von ihren Männern dazu gezwungen werden (oder sich selbst einreden, “freiwillig” unter Schleiern und Kopftüchern zu verschwinden). Frauen, die in immer größerer Zahl – auch in Berlin – sich verhüllen und dabei deutlich durch die Art des Kopftuchbindens zeigen, dass das Tuch nicht als Schmuck sondern als politisches Symbol gehandhabt wird. All dessen bin ich mir bewusst. Auch der Gefahr, die von einem politischen Islam ausgeht.
Und doch stellt sich mir die Frage: Nutzt es, etwas zu verbieten? Ist das nicht viel zu einfach gedacht? Wäre es nicht vielmehr mutiger und sicherlich auch anstrengender, darüber zu reden, welche Ursachen das Erstarken des politischen Islam in Europa hat?
Wer meint, dass er irgendeiner der unter den Schleier oder das Kopftuch gepressten Frauen hilft, sich aus dem Patriarchat zu entfernen, ist sehr blauäugig. Eher steht zu vermuten, dass man diese Frauen noch mehr isoliert. Ich möchte an den Film “40 Quadratmeter Deutschland” erinnern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Isolation das Ziel dieser Anti-Burka-Kampagnen sein soll.
Mir ist schon klar, dass ich mit meiner Meinung Widerspruch regelrecht einfordere.
Es ist nicht den Traditionen des Grundgesetzes und der europäischen Aufklärung und Demokratie entsprechend, wenn die Religionsfreiheit jetzt über die anderen Freiheiten erhoben wird und einige intellektuelle Frauen meinen, die Burka verteidigen zu müssen. Nach dem Motto: “Das ist ja nur der Westen, der Angst vor dem Islam hat. Die armen Frauen würden zu Hause eingesperrt, wenn man die Burka auf der Straße verbietet, weil sie dummerweise mit einem Mann verheiratet sind, der sie dazu zwingt, die Burka zu tragen.” Das ist ein Verfall der Diskussions- und Denkkultur, die kohärent und auch in komplexen Zusammenhängen denken muss. (Eva Quistorp in European)
Ich verteidige nicht die Burka! Ich verteidige auch sicherlich nicht den Glauben an sich (ganz im Gegenteil, wie bekannt); aber ich verteidige das Menschenrecht auf Religionsausübung an sich als wichtiges Gut unserer Gesellschaft.
Oder – um mit Alexander Kissler in seiner Entgegnung zu antworten:
Wer gläubig ist, hat in einer liberalen Gesellschaft das Recht, seinen Glauben geradeso öffentlich zu bekennen wie der Atheist seinen Unglauben.
Anders als dieser halte ich Religion jedoch für eine Privatsache. Was aber nichts daran ändert, dass ich denen, die sich zu irgend einer Religion bekennen, das Recht zubillige, diese auch auszuüben.
Nun gibt es ganz sicher die Frage, inwieweit diese Religionsausübung mit dem Grundgesetz, mit den allgemeinen Menschenrechten in Übereinstimmung stehen. Und spätestens an dieser Stelle spreche ich mich auch gegen das Verschleiern aus.
Allerdings halte ich Verbote für den falschen Weg. Damit erreicht die Gesellschaft nicht die, die es betrifft. Sondern stigmatisiert und grenzt aus.
Es müssen sich die sozialen Umstände ändern, es muss wieder ein Miteinander geben; einen Dialog. Sonst besteht die Gefahr, dass die freie Gesellschaft genau das Gegenteil dessen bewirkt, was sie guten Glaubens vermeiden möchte: Ab- und Ausgrenzung.
Nic