Religionsfrei

Von Sf2000

Gleich an zwei Fronten wird dieser Tage einmal mehr um, mit und durch die Religionsfreiheit gekämpft und diskutiert, beide Male unterhalb der Gürtellinie: Da hat das sogenannte Satiremagazin "Titanic", berühmt unter anderem für das Erschmecken von Farben und Fotos von geschälten Gurken ein Titelbild veröffentlicht, das andeutet, der Papst wäre inkontinent. Gleichzeitig, und mittlerweile frei von Verstand und Maßstab diskutiert das Land über die Vorhaut.

Papst Benedikt hat zumindest eine einstweilige Verfügung erreicht, in seiner unfehlbaren Weisheit aber zugleich das berühmteste Titanic-Titelblatt dieses Jahrtausends erschaffen. Das ist immer noch nicht wirklich berühmt, sorgte aber für eine Verbreitung, die man so lange nicht gesehen hat. Wenn man der Stellvertreter Gottes ist, dann hat man hierzulande Religionsfreiheit, zumindest mehr Religionsfreiheit als ein Satiremagazin. Allemal ein deutscher Stellvertreter Gottes erreicht eine einstweilige Verfügung, wo andernfalls Preise für Meinungsfreiheit verteilt werden. Aber dafür muss halt der Stellvertreter zum Beispiel Allahs in entsprechenden Karikaturen geschmäht werden.

In Sachen Vorhaut steht noch nichts wirklich fest, außer, dass schon Sommerloch sein muss. Meine wie immer sehr wissenschaftliche Google-Analyse hat ergeben, dass es vor Juli 2012 noch keine Beschneidungen in Deutschland gegeben hat, vor allem nicht bei Männern. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hatten wir sagenhafte 130 Nachrichtenartikel, und es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass die überwiegende Mehrheit der Beschneidung des Rederechts im Bundestag bei der Rettungsschirmdiskussion galt. Einige galten auch der Verstümmelung von Frauen, und ja, deren Beschneidung führt wirklich zu einer lebenslangen Leidensgeschichte. Aber mit so was kriegst Du in Deutschland keine echte Massenpsychose hin.

Seit Juli 2012 auf jeden Fall füllen sich die Nachrichtenspalten zu dem Thema schneller, als irgendwer mitlesen könnte; einzig noch überholt von den Kommentarspalten. Vor allem die "konservative" Presse kann gar nicht so schnell nachlegen, wie die Meute mit Fotos von Kindern mit herunter gezogenen Hosen gefüttert werden will, und Gott allein weiß, wie die betroffenen Religionsgemeinschaften auf die Idee gekommen sind, durch Protest irgendwas erreichen zu können – das hier ist Deutschland. Wir haben nichts gegen Ausländer. ABER.

Ich habe kein Problem mit dem Verbot an sich, das sollte ich ruhig sagen. Ich denke, dass in einem säkularen Staat entsprechende Eingriffe in der Tat warten dürfen, bis sich jemand selbst entscheiden kann. Ich würde aus dem gleichen Grund das Bewässern von Säuglingen, dass wir millionenfach in Deutschland praktizieren, gleich mit verbieten. Was immer der Verbreitung von Halluzinationen Einhalt gebietet, bei denen Menschen dazu verleitet werden, im Dienste eines imaginären Freundes zu agieren, zu singen, auf den Knien zu rutschen oder eben auch sich gegenseitig abzuschlachten: Wie könnte ich dagegen sein? Das gilt auch für kostenlos verteilte Schriften mit entsprechenden Inhalten. Dennoch sind Bücher wie dieses frei verfügbar in Deutschland:

Dieser unser Sohn ist widerspenstig und ungehorsam und gehorcht unserer Stimme nicht und ist ein Prasser und Trunkenbold. So sollen ihn steinigen alle Leute seiner Stadt, dass er sterbe

4.Buch Mose

Sehen Sie, DAS wäre mal ein konsequenter Eingriff in die Religionsfreiheit.  Da diese Konsequenz fehlt, muss ich leider annehmen, dass es sich nur um den tpyischen schleichenden Siegeszug der üblichen Menschenhasser handelt, und gerade auch dämliche Atheisten lassen sich vor deren Karren spannen. Dass ich religionsfrei sein möchte, steht aber leider mal wieder gar nicht zur Debatte. Dafür hat diese Regierung jetzt ein Gewinnerthema: Rösler und Merkel retten kleine Kinder. Es fehlt eigentlich nur, dass sie dabei rote Kutten tragen.

Wenn Sie noch Zeit für ein zynisches Lächeln haben, googeln Sie bei der Gelegenheit auch ruhig mal über Beschneidungen in den USA.

Und halten Sie ihre Vorhaut fest.
Das Wetter wird kalt. Also so in drei Monaten.

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