"Release" - eine Explosion von Gefühlen


Patrick Ness ist einer der wenigen Autoren, der es immer wieder schafft, Jugendbücher zu schreiben, die mir gefallen. Release ist dabei keine Ausnahme. Sehr einfühlsam und authentisch beschreibt er darin die Probleme des homosexuellen Highschoolschülers Adam Thorn, den der Leser über den Verlauf eines gesamten Tages begleiten darf. Adam selbst hat zwar kein Problem mit seiner Homosexualität, doch seine streng gläubige Familie, sein aufdringlicher Chef und die Gefühle für seinen Ex-Freund machen ihm das Leben schwer und ein erlösendes Coming-Out unmöglich. 
Es ist vor allem die Beschreibung des Verliebtseins, die es mir beim Lesen angetan hat (und ich denke, dass ich da nicht die Einzige bin). Kaum ein Jugendbuch bisher hat für mich das Aufkeimen ernster Gefühle für einen anderen Menschen, noch die körperliche Anziehung dermaßen glaubwürdig und mitreißend beschrieben, wie es in diesem Roman der Fall ist. Doch verliert man sich als Leser nicht nur in diesen positiven Emotionen, sondern auch in Wut und Verzweiflung, die sich während des Lesens zweifelsohne entwickeln werden. Für mich, als Atheistin, war dabei insbesondere der Umgang mit Adams Eltern ein Graus, aber auch sein widerlicher Chef ließ mich erzürnt zurück.
Inspiriert wurde Ness unter anderem von seinem eigenen Leben und Virginia Woolfs Mrs Dalloway, was ich glücklicherweise erst vor kurzem gelesen hatte. Die Paralellen sind an manchen Stellen unverkennbar (man siehe nur den ersten Satz), aber im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob ich alle gefunden habe. Auch der zweite Handlungsstrang, übersinnlicher, aber nicht weniger realistisch, weckte in mir ziemlich viele Fragen. Irgendwie glaubte ich immer, es hätte irgendetwas mit Die Chroniken von Narnia  zu tun ( ein Faun, ein Mädchen, das er "meine Königin" nennt und der Tod als Übergang zu einer anderen Welt klangen für mich jedenfalls sehr danach, und in einem Nebensatz des Buches wird Narnia von Adams bester Freundin auch erwähnt), aber wirklich sicher bin ich mir nicht. In meinen Augen stand die Geschichte nur für eine andere Art der Erlösung (Release), die schließlich in den Hauptstrang übergeht, ihm aber nicht gleichzusetzen ist. 
Lange Rezi, kurzer Sinn...
+Diversität (ob sexuell oder kulturell) / eine wahnsinnig gute Beschreibung von erster Liebe, körperlicher Anziehung und Herzschmerz / die Bearbeitung von schwierigen Themen wie Homophobie, sexuelle Nötigung und Drogenmissbrauch / die Gewissheit, eben kein gewöhnliches Jugendbuch in den Händen zu halten, sondern so viel mehr.
-Der zweite Handlungsstrang hat zwar schon Sinn ergeben, war aber keinesfalls so fesselnd wie Adams Geschichte. Auch fand ich die Begegnung der beiden Protaginsten nicht so gelungen, wie ich es mir gewünscht hätte.

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