Regionaler Energieversorger auf dem Weg zur Energiewende mit neuem Speicher-Konzept

Von Energystar @energynet

ReeVOLT! Stromspeicher der WEMAG – maximal 16 Akkus speichern 5kWh Ökostrom. Foto: WEMAG AG

Normalerweise haben Energieversorger bei denjenigen, die sich für die Energiewende einsetzen, einen schlechten Ruf. Sie wollen lieber an den bewährten Strukturen und Kraftwerkskapazitäten festhalten und den fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien bremsen oder gar anhalten. Oder wenn schon erneuerbare Energien, dann bitte in den Dimensionen, die sie gewohnt sind, also am besten Offshore-Windenergie. So bleibt alles beim gewohnten und weiter unter Kontrolle.

Also, dann sagen viele, ist ein Wechsel zu einem der neuen Anbieter von Ökostrom am sinnvollsten. Haben diese Stromversorger aber eigene Solar- oder Windkraftwerke? Selbst die großen,  immer wieder empfohlenen, Anbieter Lichtblick und Greenpeace Energy bestätigen, dass sie keinen Photovoltaik-Strom im Strommix haben, auf Anfrage im Blog stromhaltig.de von Thorsten Zoerner. Müssen diese Anbieter auch dafür die Netze bereitstellen oder machen sie sich Gedanken über die Überwindung der Volatilität von Sonnen- und Windstrom? Kurz, können diese reinen Ökostromanbieter das Modell für die Stromversorger der Zukunft sein?

Was macht ein Energieversorger, der die Energiewende offensiv angeht?

Nein, ich möchte die Frage an dieser Stelle offenlassen und nicht weiter darauf eingehen. Aber ich habe einen regionalen Energieversorger kennen gelernt, der versucht die Energiewende positiv zu sehen und für sich ein Modell zu entwickeln, was ein Energieversorger künftig leisten muss, um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben. Das ist ein Energieversorger, der Aufgaben der Grundversorgung übernimmt, eigene Netze hat, aber keine eigenen konventionellen Kraftwerkskapazitäten besitzt.

Vorab muss ich sagen, der Artikel klingt etwas wie eine Lobhudelei. Aber ich finde es wichtig, dass regionale Energieversorger voran gehen und zeigen wie eine Energiewende funktionieren kann.

Die Wemag AG in Schwerin, um die es hier geht, gehörte früher zu Vattenfall und ist seit 2010 eigenständig. Das Versorgungsgebiet ist sehr ländlich und struktrurschwach. Dafür stammt 80% des eingespeisten Stroms aus Anlagen erneuerbarer Energien, wie Wind, Sonne und Biogas – im Vergleich zum bundesweiten Anteil EE-Stroms von 25%. Der Anteil von 100 Prozent soll bereits in diesem Jahr erreicht werden. Dadurch sieht man sich selbst in der Rolle des Vorreiters mit den Aufgaben, die ein lokaler Netzbetreiber künftig leisten muss bei flutkuierender Einspeisung an unterschiedlichen Orten.

Dazu gehört auch der Netzausbau, denn bereits heute ist die installierte Kapazität an Strom aus erneuerbaren Energien im Netzgebiet der Wemag AG schon doppelt so hoch wie der Verbrauch der Privatkunden. Folglich sind die Netzentgelte aber auch höher als in anderen Regionen.

Vier Säulen der Energiewende

Zur Positionierung der Wemag als zukunftsfähiger Energieversorger gehören verschiedene Säulen. Da sind zum einen das Angebot an Ökogas und Ökostrom aus eigenen Kraftwerken, die Elektromobilität durch Kooperationen mit Fahrzeug-Herstellern und eigener Testflotte von Elektromobilen, die Energieeffizienz durch Beratung von Kunden für einen optimalen Einsatz an Energie, und zuletzt die Energiespeicherung, sowohl in einem großen Bateriekraftwerk, als auch Stromspeichern für Privathaushalte. Bei der Bezeichnung der Strategie vermeide ich das Wort Öko-Anbieter, denn im heutigen Pressegespräch hieß es so schön, künftig muss ja jeder Ökostrom-Anbieter sein.

Über die Anzahl und Leistung eigener Kraftwerke kann ich nichts sagen. Aber in den nächsten fünf Jahren sollen järhlich ca. 17 Millionen Euro in EEG-Anlagen investiert werden. Bisher lag der Schwerpunkt auf Photovoltaik, im letzten Jahr ging eine Biogas-Anlage mit Gülle in Betrieb und künftig soll viel in Windenergie investiert werden. Schließlich sind das auch die natürlichen Rohstoffe von Mecklenburg-Vorpommern. Hervorheben möchte ich noch die Zusammenarbeit mit regionalen Projektentwicklern und den betroffenen Gemeinden, damit die Wertschöpfung möglichst in der Region bleibt. Bei konventionellen Energien wird das wohl kaum so möglich sein.

Energiestraße mit Netz von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Mecklenburg-Vorpommern

Elektromobilität ist eigentlich nicht mein Thema und würde eine noch breitere Themenstreuung bieten. Aber die Wemag AG zeigt, wie die Elektromobilität attraktiv gestaltet werden kann. Ein schönes Beispiel ist das Netzwerk von Hotels in Mecklenburg, die Elektrofahrräder und -autos zur Miete anbieten. Wer von einem dieser Hotels einen Tagesausflug macht, findet durch das Netz eine von 20 Ladestationen, um genug Strom für die Rückfahrt zu haben. Im Schweriner Hotel Speicher am Ziegelsee trifft das zumindest auf ein großes Interesse der Gäste.

Neue Energiespeicher in großem und kleinem Format

So viel Vorrede und ich komme jetzt erst Highlight des gestrigen Jahrespressegesprächs, dem Energiespeicher. Das große Batteriekraftwerk hatte ich bereits vorgestellt, hierzu ist erst letzte Woche die Förderzusage des BMU eingetroffen und man wartet jetzt nur noch auf die Baugenehmigung der Stadt Schwerin.

Der Speicher für Privathaushalte, unter dem Namen „ReeVOLT!“,  ist ein völlig neues Konzept, das es so noch nicht gibt. Die Wemag AG hat die Zeichen der Zeit erkannt und unterstützt bereits Kunden bei der Optimierung des Eigenverbrauchs, z.B. durch schlüsselfertige Angebote von PV-Dachanlagen. Diese sind mit ca. 1,5 kWp deutlich kleiner als man sie bisher kennt. Der dazu angebotene Speicher besteht aus einem Grundkörper mit eingebauter Steuerung und Energiemanagement für das Haus. Die einzelnen, der bis zu 16 Akkus, können gemietet oder auch gekauft werden, sowie in beliebiger Anzahl eingesetzt werden. Diese sind ausgemusterte Akkus von Elektro-Fahrrädern, bzw. Pedelecs, des schweizer Herstellers Flyer aus Mietstationen in der Schweiz und haben nur noch eine Rest-Kapazität von 70 – 80%. Für die Pedelecs ist diese Kapazität nicht mehr ausreichend, im stationären Speicher jedoch noch unproblematisch. Durch diese Akku-Nachnutzung müssen keine neuen Akkus produziert werden, was Rohstoffe spart und Müll vermeidet. Zudem ist der Preis deutlich günstiger.

Vorteil des Mietmodells der Li-Ion Akkus ist, dass sie von der Wemag ausgetauscht werden, wenn die Kapazität von 60% unterschritten wird. Zusätzlich erhält man dadurch die Wahl, ob man nur mit ein paar Akkus anfangen möchte oder gleich alle einsetzen möchte. Bei ca. 70% Kapazität der 16 Akkus hat man eine Speicherkapazität von ca. 2,5 kWh und mit neuen Akkus kommt man auf 5 kWh. Die einzelnen Akkus können entnommen und z.B. in das eigene Elektrofahrrad eingesetzt werden, vielleicht wird es künftig noch weitere Anwendungen für die Akkus geben.

Werden alle 16 Akkus neu gekauft, wird der Speicher sehr teuer. Aber durch die Miete einzelner Akkus bleibt man flexibel und man kann auch klein anfangen mit nur wenigen Akkus und sich langsam steigern. Ziel dieses Konzeptes ist es den Kunden eine flexible Lösung anzubieten, die nicht ganz so teuer ist wie eine komplette Lösung. Das Grundgerät kostet 5.999,- € inklusive Einbau, eine Monatsmiete für alle 16 Akkus wird 27,50 € kosten und erhältlich ist das ganze Paket voraussichtlich im 3. Quartal 2013.

Ist dieses neuartige Konzept praktikabel, wird es bei der Zielgruppe ankommen oder  sind die bisher üblichen Lösungen besser?