Bei allem Streit und allem Hader, in Sachen Menschenrechte sind sich die führenden deutschen Parteien wenigstens noch einig. Ein breites Band der Solidarität spannt sich in diesen Tagen der Gewalt, in denen das Regime in London mit unglaublicher Brutalität selbst gegen Kinder vorgeht, von rot über grün bis schwarz und gelb. "Demokratiebewegung in Großbritannien unterstützen", hat die Pressestelle der CDU Deutschlands eine brandheiße Mitteilung überschrieben. Arnold Vaatz, Vorsitzender des CDU-Bundesfachausschusses, erklärt darin: "Die CDU steht klar auf der Seite der Demonstranten", die sich wie in Nordafrika nun auch in Großbritannien über Dienste wie Twitter, Facebook und über das Blackberry-Messagesystem zur Durchführung der Revolution verabredet hatten.
Die ganze CDU finde sich dort, wo "Menschen gegen Repressionen und autoritäre Herrschaft" demonstrierten. Arnold Vaatz erklärte: "Es ist in unserem Interesse, die sich abzeichnenden Veränderungen zu unterstützen und zu begleiten, damit friedliche und geordnete Veränderungsprozesse stattfinden und demokratische Rechtsstaaten entstehen."
Langfristige Stabilität könne nur durch einen friedlichen Wandel hin zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten erreicht werden. Eben so wichtig sei eine Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung in der krisengeschüttelten Insel.
Dem stimmt die Bundestagsfraktion der Grünen vollinhaltlich zu. Unter dem Titel "Britische Demokratiebewegung unterstützen" machen Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender, und Kerstin Müller, Sprecherin für Außenpolitik, klar, dass "der Rücktritt des britischen Premiers Cameron längst überfällig" ist. Die Menschen seien den dritten Tag in Folge auf die Straßen gegangen, um gegen Perspektivlosigkeit und die verknöcherte Monarchie zu protestieren, heißt es weiter, obwohl das Regime zehntausende Polizisten mobilisiert habe. "Sie sind auch nach der bitteren Enttäuschung von gestern Abend beharrlich und friedlich geblieben", schreiben die Grünen offenbar bezogen auf die Ermordung eines ersten Demonstranten. Zugleich wird die EU wegen ihrer "lavierenden Haltung" kritisiert. "Sie hat nicht Partei genommen für die Demokratie."
Die SPD schloss sich mit einer eigenen Erklärung unter der Überschrift "Demokratiebewegung in Großbritannien untersützen" an. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt, dass nach Tunesien und Ägypten nun auch in Großbritannien von mutigen Demonstranten der politische Aufbruch und Freiheit eingefordert wird. Der Wunsch der Menschen nach Meinungs- und Medienfreiheit und ihr Wille, Korruption und soziale Perspektivlosigkeit nicht länger hinzunehmen verdiene Respekt und Unterstützung. Die Bundesregierung habe "viel zu spät und unentschlossen auf die Vorgänge in London reagiert", heißt es weiter, "anstatt sich an die Seite der Demonstranten zu stellen."
Während die Linke unter dem Titel "Solidarität mit Ägypten, Tunesien und anderen rebellierenden Ländern" ihre Unterstützung für die Demokratiebewegung überall auf der Welt erklärte, weil "die Völker, die sich ernsthaft auf den Weg hin zu mehr Demokratie und Freiheit machen, unsere ausgesprochene Solidarität verdienen“, schießt die FDP wie gewohnt quer. Die Demokratiebewegung sei Sache der Briten, nicht des Auslands, sagte Guido Westerwelle. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die demokratische Bewegung "eine Angelegenheit des Auslandes" sei. Sie sei eine britische Angelegenheit, die vom Freiheitswillen der Briten getragen werde, so Westerwelle im "rbb-inforadio".
Inzwischen hat sich allerdings auch US-Präsident Barack Obama zur Revolution auf der britischen Insel bekannt. Er wolle die Revolution mit einem milliardenschweren Hilfspaket unterstützen, erklärte Obama in einer Grundsatzrede. Er versprach dem ehemaligen Mutterland den Erlass von Schulden und neue Kredite, allein England solle einen Schuldenerlass von einer Milliarde Dollar erhalten. An einen Einsatz von Nato-Truppen zur Unterstützung der Aufständischen sei jedoch im Moment nicht gedacht.