Regensburg: Deutschlands hellster Stern am Wirtschaftshimmel

"Boomtown Regensburg": Die 2.000-jährige Donaumetropole glänzt mit dem höchsten Wirtschaftswachstum unter allen deutschen Großstädten. Väter hat das "Regensburger Wirtschaftswunder" viele.
Regensburg (obx - internet-zeitung) - Regensburg hängt alle ab: Diese Schlagzeile lief in den vergangenen Tagen über alle Agenturticker. Ein bundesweit einmalig hohes Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent zwischen 2010 und 2011 katapultierte die ostbayerische 150.000-Einwohnerstadt im Städteranking des Finanz- und Wirtschaftsmagazins "Capital" ganz nach oben. In der Rangliste haben die Journalisten den Anstieg der Bruttowertschöpfung in 60 traditionell wirtschaftsstarken deutschen Großstädten verglichen. Wie so oft hat auch in Regensburg der Erfolg viele Väter: Wissenschaft, Politik und die Unternehmen reklamieren den Spitzenplatz ein gutes Stück weit für sich. Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen: Es ist das einmalige Zusammenspiel aus klassischer Wirtschaftsförderung, den Ideen innovativer Unternehmer und zentrale Weichenstellungen an den Hochschulen. Auch die europäische Einigung spielte der Stadt vor den Toren Osteuropas in die Hände.
Die Erhebung des Bad Homburger Forschungsinstituts Feri, die Capital jetzt veröffentlicht hat, lobt Regensburg in höchsten Tönen: Nicht nur beim Wirtschaftswachstum schafft es die Domstadt aufs Siegertreppchen (vor Jena und Stuttgart, München auf Platz 17). Auch bei der Beschäftigungsdichte glänzt Regensburg im Bestwerten im Bundesvergleich. Allein zwischen 2010 und 2011 entstanden 2.200 neue Jobs. Insgesamt verfügt Regensburg über 141.900 Arbeitsplätze - fast so viele Jobs wie Einwohner - auch das ist ein Rekord.
Die Superlative kommen für Regensburg nicht unerwartet: Seit vier Jahrzehnten arbeitet sich die Stadt, die vor dem Fall des Eisernen Vorhangs im beinahe vergessenen "Zonenrandgebiet" lag, kontinuierlich an die Spitze. Als wichtigste Bausteine des Erfolgs werden die Gründungen der Universität Regensburg im Jahre 1967 und die der Hochschule im Jahre 1971 gesehen. Ein weiterer entscheidender Faktor war die Ansiedlung des Automobilherstellers BMW, der 1986 in den Stadtteil Harting zog und heute etwa 9.000 Mitarbeiter zählt. Die Schaffung einer Universitätsklinik legte den Grundstein für die Entwicklung Regensburgs zu einem der größten Gesundheitsstandorte Bayerns.
Für viele Alteingesessene kommt der Aufstieg Regensburgs bis heute beinahe einer Art "Wirtschaftswunder" gleich. Professor Josef Eckstein, heute Präsident der Hochschule, erinnert sich: "Als ich 1966 hierher gezogen bin, war Regensburg eine schlafende Beamtenstadt. Er ist überzeugt: "Das gute Zusammenspiel von Bildungseinrichtungen und Unternehmen ist ein wichtiges Fundament unseres Erfolgs." Von den gut 30.000 Absolventen, die die Hochschule seit ihrer Gründung auf den Arbeitsmarkt spülte, sind zwei Drittel Ingenieure. Die meisten von ihnen sind in der Region geblieben. Auch Regensburgs Oberbürgermeister Hans Schaidinger betont das "gute Zusammenspiel von Wirtschaft und Wissenschaft". Daraus resultiere aber keineswegs ein temporärer "Boom", sondern ein rüttelfestes Ergebnis, das sich aus "30 Jahren intensiver Zusammenarbeit" ergeben hat.
Ob Infineon als Weltmarktführer in der Halbleitertechnologie, der Continental-Konzern als einer der weltweit größten Autozulieferer oder die in Regensburg gegründete Maschinenfabrik Reinhausen als Welt-Spitzenreiter in der Spannungsregelung: Der Standort Regensburg ist heute Heimat für eine Vielzahl innovativer Top-Unternehmen. Mit einer Zahl kokettiert der Regensburger OB besonders gern: Jedes zweite DAX-Unternehmen ist heute in der Stadt vertreten. Viele von ihnen und zahlreiche Mittelständler nutzen Regensburg als "Innovations-Brutkasten": So gilt der neu errichtete Biopark als Leuchtturmprojekt in der Erforschung und Entwicklung der Biotechnologie, auch im Bereich der Erneuerbaren Energien - wie Wind- und Solartechnologien - gehören Regensburger Unternehmen zur Deutschland-Elite. "Es sind die Zukunftsbranchen, die den Charakter der Wirtschaftsregion inzwischen ausmachen: Biotechnologie, Elektromobilität, Energietechnik, Maschinenbau, aber auch moderne Dienstleistungsbetriebe", sagt der Regensburger Bundestagsabgeordnete Peter Aumer (CSU).
Punkten kann Regensburg regelmäßig auch in Sachen Lebensqualität: Das "Leben im Unesco-Welterbe", in einer Stadt, deren Wurzeln bis zur Römerzeit zurückreichen, lockt jährlich nicht nur Hunderttausende von Touristen, sondern auch immer Zuzügler an. Mit der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Steinernen Brücke, dem Regensburger Dom im gotischen Stil und einer mediterran anmutenden Altstadt mit ihren kleinen verwinkelten Gässchen bietet der Stadtkern ein historisches Ambiente, das kaum eine andere deutsche Stadt bietet. Auch das gastronomische Angebot ist riesig: Längst wird ? nicht nur unter den gut 25 000 Studenten ? gemunkelt, Regensburg verfüge über die "höchste Kneipendichte Deutschlands".
Ein Segen für die Stadt war die Öffnung der Grenzen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs: Regensburg ist heute Süddeutschlands wichtigste wirtschaftliche und akademische Brücke in den Osten Europas. Neben den Zukunftstechnologien von Biotech bis hin zur Entwicklung des "Lichts der Zukunft" (Osram Opto) ist es vor allem dieser Trumpf, auf den Regensburg in Zukunft setzen will: die zurückgewonnene Lage im Herzen Europas.

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