Refugium, Flüchtlingsheim, Containerdorf?

Erstellt am 12. Mai 2015 von Stefanliebich
Der "Hof" Gabi Kuttner

Egal, stimmt alles. Auch wenn das von der AWO, Kreisverband Mitte, gewählte Wort „Refugium“ per Definition stimmt: Refugium ist ein Wort, mit dem hier ein kleiner, sicherer Ort in einer unsicheren, beunruhigenden Welt bezeichnet wird…doch tief im Herzen wussten sie, dass die beunruhigende Welt direkt vor ihrer Tür lag…" (Erzähler in Lemony Snicket – Rätselhafte Ereignisse)

Ein Ort der Ruhe und Geborgenheit ist es noch nicht. Davon versuchte mich schon beim einparken ein Bürger zu überzeugen. „Ick zieh hier sowieso bald aus. Dit is ja nich zu ertragen, dit Theater, der Lärm und so.“ Fängt ja gut an. Wurde aber mit dem Eintreffen von Stefan, der am Tag der Eröffnung leider nicht dabei sein konnte und Elke Breitenbach (Sprecherin für Arbeit, Soziales, Inklusion sowie Senioren unserer Fraktion im AGH), sofort besser.

Im Gespräch mit Juliane Willuhn Gabi Kuttner

Nach einer leider berechtigt gründlichen Anmeldung und der Übergabe eines Gästeausweises durch den Wachschutz betraten wird den sonnigen Innenhof mit Spielplatz, umrahmt von den bunten Containerhäusern. Heute wurde zufällig das Haus 3 eröffnet. Gleichzeitig wurde ein Bus mit 50 neuen Bewohnern erwartet. Der Willkommensimbiss war vorbereitet und das Begrüßungskommittee war so aufgeregt, dass es bereits unsere Kaffeetassen eingezogen hatte.

Dennoch nahm sich die Leiterin der AWO-Einrichtung Juliane Willuhn Zeit für ein ausführliches Gespräch. Wir trafen auf eine tolle Frau, die mit viel Herz und 100 % Engagement bei der Sache war aber auch einem ausgeprägten Sinn für Objektivität, Sachlichkeit, Notwendig- und Möglichkeiten hat. Ihre Passion für Methoden zur kreativen und produktiven Zusammenarbeit von Menschen und Organisationen, kommt ihr dabei sehr zu gute.

Wohnraum Gabi Kuttner

Zum aktuellen Stand: Derzeit wohnen hier 317 Flüchtlinge, 480 werde es werden. Sie kommen u.a. aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und dem Balkan. Es sind überwiegend Familien mit Kindern und Jugendlichen.

Natürlich wäre es besser, wenn jeder eine eigene Wohnung und Arbeit hätte. Aber bis das soweit ist, kann es noch dauern. Für eine Übergangslösung gab man sich aber wirklich Mühe. Auf jeder Etage gibt es Geschlechtergetrennte Toiletten und Duschen, Gemeinschaftsküchen und Aufenthaltsräume. Sicher, da braucht es Geduld und vor allem Koordination. Alle gleichzeitig duschen – geht nicht. Auch nicht jeder findet es so prickelnd, nackig neben einem Fremden zu stehen. Für Abhilfe wurde schon gesorgt.

Der Spielplatz Gabi Kuttner

Die Küchen wurden großzügig mit Spülen und Herden ausgestattet. Irgendwie fehlen aber Arbeitsplatten, große Tische und Stühle als Arbeitsfläche und zum gemeinsamen Essen. Kahl sind auch noch die Aufenthaltsräume. Da werden u.a. jede Menge Sofas und alles was ein Wohnzimmer gemütlich macht, gebraucht.

Matratzen waren aber erst einmal wichtiger. Die Zimmer sind schlicht und funktional. Zwei Betten, Schrank, Tisch, Stühle und ein Kühlschrank stehen drin. Aber bitte, die Einrichtung gibt es erst seit einigen Wochen! Und Spenden sind jeder Zeit willkommen! Natürlich können die Bewohner die Möbel umräumen, eigene hinzufügen und dekorieren. Schön wäre auch eine Ladung Wohnleuchten. Bei dem kalten Neonlicht sieht alles hässlich aus.

Die Küche Gabi Kuttner

Ein wirkliches Problem ist die nicht vorhandene Dämmung der Häuser. Es ist unheimlich laut. Da muss man dann wohl doch die Bucher Nachbarn verstehen. Nicht dass die Leute hier permanent Feten feiern würden. Auch hier gibt es eine Hausordnung, nach der gegen 22.00 Uhr möglichst Gästefreie Ruhe herrschen sollte. Aber schon laufen macht Krach und Kinder rennen meist.

Um gegenseitige Belästigungen jeder Art in Grenzen zu halten, sind Juliane Willuhn und die Albatros Koordinatorin Petra Kindermann sehr froh über die regelmäßige Präsenz der Bucher Polizei und des Wachschutzes. Ruhe geben die Bucher Neonazis noch immer nicht. Tagsüber beschränken sie sich auf Gepöbel und gewalttätige Gesten aber nachts fliegen schon öfter Böller über den Zaun. Gern versuchen sie auch als „Gäste“ in die Häuser zu kommen. Da sind gründliche Eingangskontrollen doch schon notwendig.

Bleiben wir bei den guten Nachrichten. Das Willkommensnetzwerk funktioniert auch hier, der Unterstützerkreis wächst und schon bei der Vorbereitung des kleinen Empfangs sah ich mehr freiwillige Bucherinnen und Bucher als ich bei der letzten Demo Neonazis sah. So soll es sein und bleiben.

Als Ansprechpartnerin für Unterstützer steht als Koordinatorin Frau Kindermann zur Verfügung. Sie ist unter 32 53 32 38 dienstags von 16 bis 18 Uhr und donnerstags von 11 bis 13 Uhr zu erreichen. Kontakt kann man mit der Unterstützergruppe auch per E-Mail willkommen-in-buch@albatrosggmbh.de" aufnehmen.