Da sich das alte Jahr (das chinesische Neujahresfest steht am 31. Januar an) langsam zu Ende neigt, und ich zum westeuropäischen Silvester nicht richtig in Stimmung war, die letzten Monate und das zurückliegende Jahr Revue passieren zu lassen, wird's langsam mal Zeit; zudem ist jetzt mit unserem 3tägigen Chill-Aufenthalt auf Catba-Island erstmal unser erster Teil unserer „Weltreise" beendet.
Zur Mitte unserer Reise steht jetzt erstmal in Malaysia ein anderes Kapitelchen an: Klemens macht Praktikum für 2 Monate in einer lutherischen Partnerkirche in Kuala Lumpur und Bea würde gerne ganz entspannt ein Volontariat machen; also steht mal so was Ähnliches wie ein geregelter Alltag vielleicht an! (Ansonsten bekommen wir, so Gott will, im März Besuch für 3,5 Wochen aus der Heimat; juhu, wie wir uns jetzt schon freuen, mit vertrauten Gesichtern in fremden Ländern über das Leben zu philosophieren!) Gut, der Schwerpunkt wird sich in Kuala Lumpur mal wieder etwas in Richtung soziale Beziehungspflege verschieben. Wir haben das Reisen mittlerweile gerade soo richtig satt; die Befürchtung, das wir uns nur noch für Sehenswürdigkeiten oder fremde Kulturen, die doch alle irgendwie ähnlich sind, nicht mehr sooo richtig begeistern können, setze schon vor Weihnachten ein.
Also, wird's mal Zeit für einen Tapetenwechsel: Raus aus dem ewigen Jet-Set-Leben und dem Hotel-Hopping, rein in eine eigenes schön hergerichtetes Appartement in Kuala Lumpur; so jedenfalls unsere Vorstellung momentan! Ein Freund hat mir mal einen Reflexionsbogen zukommen lassen, den er ziemlich hilfreich bei seinem einjährigen Aufenthalt in Indien fand; also werde ich mich da jetzt auch etwas systematischer ans Fragen abklappern machen (sonst verliere ich wieder in so vielen Side-Stories ;-))
NACHTRAG: Ist doch etwas ausführlicher geworden
Nehme ich mir Zeit für Reflektion?
Viel zu wenig leider; durch die „Hektik" des Reisealltags (an anderer Stelle haben wir davon schon mal geschrieben: Routen auschecken, Hotel auschecken, sich über schlechten Service ärgern, Sightseeings bewundern, abgezockt werden, Bier trinken, schlafen, weiter, weiter, immer weitermachen) hat man echt viiiiel zu wenig Zeit, um Erlebnisse ordnungsgemäß zu verarbeiten oder sacken zu lassen! Feierabendbiere trinken wir viel zu selten, auch wenns auf einigen Bildern einen anderen Anschein macht, Pausen haben wir oft nur im Flieger, Zug oder Bus, oder wie hier, wenn wir uns bewusst eine Auszeit verschreiben für ein paar Tage; Ein Wochenende, wie dies in Deutschland zur Regeneration ausreicht im Normalfall (oder auch nicht ;-)) würde zum „Runterkommen" uns nie und nimmer reichen. (Gut, dafür ist dies grad unser „Job", und beklagen können sich Lehnetrotter mal nicht) Oft kommen im Alltag Assoziationen zu Erlebnissen in der Vergangenheit noch mal hoch, bei denen einem auffällt, das man da zeitnah noch nicht drüber gesprochen oder nachgedacht hat, weil sie einfach wieder zu schnell von neuen Erlebnissen überdeckt wurden.
Was ist heut alles passiert – Wenn du dir richtig viel Zeit nimmst und ich denke das wäre auch die coolere Frag, was ist in den letzten Monaten passiert.
Heut: bin ich um 8.34 Uhr nach knapp 8 Stunden Schlaf halbwegs gut erholt aufgewacht! Meine Frau hat noch zuckersüß vor sich hergeschnarcht, weshalb ich mir alleine ein Käffchen in der Lobby gegönnt habe, und für sie ein Frühstück mitbestellt habe; wollte ihr ja eigentlich, wie so üblich auf unserer Reise, einen Kaffee ans Bett bringen, nur leider kam sie mir zuvor; also, Frühstück und Kaffee genießen mit Frauchen; danach sind wir ins Hotelzimmer gegangen und verbrachten den halben Tag jetzt mal wieder mit: Hotel buchen, Informationen zu Malaysia einholen, Mails schreiben, mit schlecht programmierten Reiseplattformen rumschlagen, Musik hören und auf anderen Reiseblogs lesen. Aber heute mal alles in ganz lässig! Die letzten 5 Monate: sind viel zuu schnell vergangen! Man glaub's kaum, aber gestern saß ich gefühlt noch bei meinen Schwiegereltern auf der Couch und hab über die Abreise philosophiert, habe traurigen (oder vielleicht haben sie ja auch aus Freude geweint;-) Gesichtern beim Abschied zu gewunken und bin im Security-Check am Köln-Bonner Flughafen mit meiner Frau verschwunden. Man freute sich tierisch aufs Reisen, auf eine Auszeit, auf neue Horizonte und vermisste die allwöchentlichen Feierabendbierchen mit Freunden, das leckere Essen und Versorgung in Spellen, sowie die vielen Kontakte, die wir im August noch machen konnten. In der Zwischenzeit haben wir ein paar Länder gesehen, in fremde Kulturen hineinschnuppern können, Durchfall gehabt, 5 Tage nicht auf den Donnerbalken gehen können, geschwitzt wie Sau, gefroren bei klierender Himalaya-Kälte auf 4000 Höhenmetern, staunend vor architektonischen Meisterleistungen gestanden, aber auch in heruntergefallenen Bretthütten übernachtet; Insgesamt hat Bea 2364 Moskitostiche gezählt, während Klemens mit 241 Juckreizauslösern sich zufrieden geben musste; ach, ich könnte jetzt ewig in Stichworten hier weiterschreiben, was noch alles in Erinnerung geblieben ist; aber es sollen ja auch noch ein paar Anekdoten für zukünftige Feierabendbiersessions über bleiben!
Wovon bin ich betroffen, wovon nicht? Was bewegt/e mich?
Betroffen bin ich jetzt im Nachhinein doch von der Armut der Menschen, die uns immer und überall begleitet hat: Es ist doch etwas anderes in Länder unterwegs zu sein, in denen es kein Hartz IV als Grundabsicherung gibt, sei es jetzt angefangen mit Israel und Jordanien, weiter über Sri Lanka, hin zu Indien; und selbst in Vietnam holt uns jetzt die Armut wieder ein; Manchmal versteckt sie sich ganz gut in Slums, an denen man als „normaler" Tourist nicht vorbeikommt, manchmal ist sie ganz offensichtlich auf der Straße gegenwärtig und hält einem dreckige Hände entgegen; Oft lässt sie sich aber nur am pro Kopf BIP bei Wikipedia nachlesen… Jedenfalls sind wir bisher überall als Geldmaschinen wahrgenommen worden; Manchmal eben primitiver über die emotionale Schiene, manchmal ausgefuchst verkleidet als Schuhputzer, hin und wieder raffiniert als Trickbetrüger, selten auch als „dumme" Touris, die man aussaugen kann, weil sie sich eh nicht wehren können oder wollen. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist allgegenwärtig; und wenn ich von Diskussionen lese, dass die Lücke zwischen deutschen Staatsbürgern, die unter dem „Existenzminimum" leben, und „Ultra"-Reichen, die Arbeitnehmer ausnehmen, immer größer klafft, dann könnte ich weinen: Hier in Vietnam, genauso wie auch unter gut 200 Mio. Indern und sonst wo auf der Welt ist es üblich, dass man von einem US-Dollar am Tag leben muss! (Schätzungen gehen von knapp einem Sechstel der Menschheit aus) Also, wer eine Flasche Bier in Deutschland zum Abendessen trinkt, hat schon mehr Geld verprasst, als vielen Menschen global unterwegs zur täglichen Verfügung für alle nötigen Ausgaben steht. Bewegt hat mich die Freundlichkeit von vielen Seiten zutiefst; Wenn ich nur mit einem Dollar am Tag, so freundlich, offenherzig, gastfreundlich und zuvorkommend wäre, wäre ich vermutlich in der westlichen Welt der „Gut-Mensch" schlechthin! Auch wenn man oft erstmal bedacht ist, weil man Angst hat, ausgenommen zu werden, und hinter jeder aufgesetzten Freundlichkeit auch immer ein kommerzieller Nutzen stecken könnte, ist es echt überwältigend, wie viel Essen und Trinken wir schon gesponsert bekommen haben, wie oft uns aus reinem Altruismus schon der Weg gezeigt wurde und wie freundlich wir behandelt wurden, nur weil wir Weiße/Deutsche sind!
Welche Gefühle sind, waren in mir, welche Gefühle liegen im Moment oben auf.
Da ich ja ein ziemlicher emotionsloser Klumpen bin, hab ich erstmal ja keine Gefühle!
In Welche Richtung geht unsere Reise?
Wissen wir jetzt noch nicht sooo genau! Aber wahrscheinlich in über einen halben Jahr nach Deutschland zurück! Juhuu! Davor stehen verschiedene Optionen an: Entweder, wie mal geplant, mit em Bulli durch Neuseeland, danach über West-Samoa oder Hawai nach USA um von dort Richtung Südamerika zu kommen (hab mich schon wieder für Karten zur WM 2014 in Brasilien beworben…
Warum bin ich auf der Reise? Ehrliche Fragestellung.
1. fremde Kulturen, Religionen, Sitten, Bräuche
2. „Die Welt" mal gesehen zu haben
3. „Sehenswürdigkeiten"
4. Englisch verbessern
5. Horizont erweitern
6. Ehe mit Frau vertiefen 7. Kontakte knüpfen
8. Mich selbst mehr finden, um vielleicht mal zu wissen, was ich mit meinem Leben anstellen möchte
9. Lernen, ohne den westlichen Standard leben zu können
10. Zeit haben
Die Reihenfolge spielt keine Rolle! Mal ist das eine, mal das andere, in den letzten Monaten wichtiger geworden.
Möchte ich jemanden was beweisen oder kann ich auch einfach im Sein sein und loslassen.
Ich möchte mir beweisen, dass ich es niemanden anderen beweisen muss!
Wo kam es zum Wandel meiner Vorstellungen?
Sri Lanka + Indien! Siehe Artikel da! Ansonsten ändern sich unsere Lebensvorstellungen fast täglich; Man denkt über Kinder nach, fragt sich, ob man dauerhaft sein Leben lang reisen möchte, oder doch lieber ein Häuschen im Grünen als Lebensziel auserkört… Die Konfrontationen mit dem eigenen Leben, der Prägung, Wünschen, Zielen, Träumen, Vorstellungen wandeln sich ständig…
Wo möchte ich an Dingen festhalten und warum?
Gutes Essen: Gemeinschaftsfördernd und gut für Leib und Seele
Smartphone: erleichtert ungemein das tägliche Leben
Wissen: ist Macht
Frau: hält als Kumpel zum Plaudern beim Feierabendbier, genauso wie Masseuse am Strand her
Wie hat sich die Partnerschaft entwickelt und wie möchte ich dass sie sich entwickelt.
Keine Frage; Entwicklungen sind immer gut; Dynamik hält eine Beziehung am Laufen. Alle meine Ängste vorab, die unsere Beziehung betroffen haben, haben sich aus meinem Hirn verflüchtigt. (Dachte Tabea würde sich den Hintern nicht mit Wasser absprühen oder sich vor Spinnen ekeln; Moskitostiche werden auch schon als eine unabdingbare tägliche Last einfach hingenommen und ohne Spiegel kann man auch einen Tag ganz gut überleben! Und frische Wäsche, Guter Kaffee und Handtücher werden grundsätzlich überbewertet ;-)) Wir haben uns nochmal ganz Neu und anderes kennen gelernt; gerade was die „niederen" Bedürfnisse angeht, haben wir mehr gelernt, auf den anderen zu achten; was will man auch machen, wenn man in einer Wüste steht, der eine hat Durst und der andere sucht nach Handy-Netz-Empfang; was ist wichtiger!? Entweder dehydriert man, oder läuft immer der Sonne nach!? Also, erstmal Trinken, dann gerade nicht mehr der Sonne hinterlaufen!
Was treibt mich an?
Die Suche nach dem Meeee(h)r, die Hoffnung, dass wir unsere Freunde mal wieder in der Heimat sehen, der Traum in einem großen Weizenbierglass baden zu können!
Wie und warum gestalte ich meinen Tag?
Gestaltung und Selbstorganisation sind subjektiv! Mal steht man um 5 Uhr auf, mal um 11 Uhr. Was will man machen, man muss sich eben den Gelegenheiten vor Ort anpassen! Und wenn in Vietnam die Bordsteine halt wirklich um 10 Uhr hochgeklappt werden, damit die Putzkolonne da durchfahren kann, dann liegt man zu der Zeit eben auch schon mal im Bett, während man in anderen Nächten aufgrund geselliger Unterhaltung nicht vor 5 Uhr ins Bett kommt…. Hm..nennt man dies Tagesgestaltung! Wir haben uns ja bewusst mal vorgenommen, eigentlich nix zu gestalten und müssen viel zu viel gestalten!
Welche Sehnsüchte sind in mir?
Süchte sind nicht gut!
Welche Dinge vermisse ich gerade?
Weißbier und das Essen meiner Schwiegermutter! Entspannte Gespräche mit Freunden im Hubertuseck und dem Finkenkrug. Eine eigenes „Zuhause"! Mein Studium! Wirklich, mir fehlt grad die intellektuelle Ertüchtigung ungemein! Die Möglichkeit, „mal grad auf en Sprung vorbeischauen zu können"
Bin ich zufrieden?
Jup, keine Frage: für mich war ich noch nieee so ausgeglichen wie jetzt! Freue mich schon sogar wieder auf Arbeit und einen geregelten Alltag! Hm…komisch! Wünscht sich doch immer das, was man gerade nicht hat! Blöde menschliche Eigenart!
Was ist der Sinn hinter meinem Handeln? Was ist der Sinn meines Lebens?
Wenn ich das wüsste, wüsste ich auch nicht mehr, als vorher! Sinn ist subjektiv! Irgendwie kann man seinem Leben auch einen Sinn abgewinnen, wenn man am Straßenrand sitzt und den Dreck unter seinen Fingernägeln einmal von links nach rechts, und dann von rechts nach links heraus buhlt! Ich bewundere nach wie vor Menschen, die als Minimalisten gut leben können.
Viele Monate voller Freiheit stehen vor mir, kann ich loslassen und die Zeit einfach pflücken?
Hätte jetzt voll Bock auf Kirschen pflücken! hmmm
Lasse ich auch unangenehme Fragestellungen an mich heran? Gehe ich diesen Fragen nach? Welche Dinge möchte ich aus dem Abstand heraus evtl. noch machen, aussprechen, erleben. Welche Dinge möchte ich in Zukunft evtl. ändern in mein „normales" Leben mitnehmen? [Aufschreiben!!!]
Die Beantwortung dieser Frage folgt in Kürze (also, so in 6-7 Monaten) ;-) ich bitte, das schlechte Format hier zu entschuldigen, Bilder gibt's a keine, haben mal Grad wieder kein WiFi….