Am letzten Samstag war es endlich so weit: Der Reebok Spartan Sprint in München stand an. Ein Rennen, auf das ich mich schon seit Wochen gefreut hatte, denn die Erinnerungen aus Wiehl in 2014 waren überragend. Zugegeben: die Schmerzen, die während des Laufs auf einen warten, hatte ich wohl in meiner Entzückung zuverlässig ausgeblendet ...
Am Renntag empfangen uns sanfte Sonnenstrahlen, als Kristin, ihr Freund Christoph und ich aus dem Hotel schlendern. Die Vorfreude ist groß, die Angst eher weniger. Als wir am Eventgelände im Olympiapark ankommen, ist dort schon die Hölle los. Die ersten Spartaner, wie sich die Teilnehmer heute alle nennen dürfen, sind bereits auf der Strecke und kämpfen um Bestzeiten. Ein Ehrgeiz, den ich zwar verstehen, aber heute garantiert nicht teilen kann. Ich will nicht um mein Leben rennen, sondern Spaß haben! Und der vergeht einem eh schnell genug, wenn man erstmal auf der Strecke ist und sich fragt:"Wieso zur Hölle mache ich das gerade?!?"
Nach der Registrierung am Counter bekommen wir Zeitchip, Startnummer und das obligatorische Spartan Race Stirnband und reihen uns mit Kate und dem Reebok-Team in den Startblock ein. Spätestens jetzt sehen wir aus wie Mädels, die Großes vorhaben - in eine Schlacht ziehen, Länder erobern, überleben. Solch banales Zeugs eben, das ganz viel mit Matsch, Dreck und Schmerz zu tun hat. Wüssten wir, was uns gleich auf den folgenden sechs Kilometern erwartet, würden wir bestimmt nicht so locker zusammenstehen und scherzen, sondern uns entweder schnellstmöglich so weit wie möglich vom Startbereich entfernen, oder uns zumindest vor Angst in die Hosen machen. Stattdessen machen wir fröhlich das Warmup aus Squats und Jumping Jacks mit, schreien wie besessen "Wir sind Spartaner" und immer wieder "AROO! AROO! AROO!".
Als der Startschuss fällt, spurten wir los, direkt auf den Olympiaberg zu. Es geht steil bergauf und dann stehen da auch schon die Hürden, die wir erklimmen oder unter denen wir drunter durch robben müssen. Wie bereits im letzten Jahr beim Spartan Race in Wiehl zeigen sich die männlichen Teilnehmer auch heute wieder von ihrer besten Seite und warten an den Hürden auf uns Mädels, um uns per Räuberleiter hochzuhelfen. Teamspirit wird hier nämlich ganz groß geschrieben!
Nachdem wir den Hügel heruntergerannt sind, geht es auch direkt an anderer Stelle wieder hoch - oben angekommen wartet diesmal keine körperliche Challenge auf uns, sondern eine geistige! Anhand unserer Startnummer bekommen wir einen Code zugewiesen, der aus einem Wort und 6 Zahlen besteht. Diesen Code sollen wir uns nun merken - bis zum Ende des Rennens! Das ist natürlich genau das Richtige für mich (Achtung, Ironie!), denn mein Gedächtnis ist was Zahlen angeht wirklich schlecht. Deshalb sage ich diesen blöden Code in den folgenden 90 Minuten auch unentwegt immer wieder leise auf - doch zwischen Atemnot, Schüttelfrost und krampfenden Waden wird so eine wirre Zahlenfolge ganz schön unwichtig ...
Jetzt geht es nämlich erst richtig los mit dem Abenteuer Spartan Race - und zwar bei einer Wanderung durch den frühlingskalten Olympiasee! Ich muss gestehen, dass mir das Waten durch die kühle Brühe extrem viel Spaß macht und ich gar nicht verstehen kann, wieso sich manche Mädels auf den Schultern ihres Freundes trocken über den See bringen lassen. Wir sind hier schließlich bei einem Hindernislauf und nicht beim Ponyreiten! Vielleicht liegt meine Sympathie für das eiskalte Wasser aber daran, dass ich weiß, dass dieses Element eigentlich eines der einfacheren Hindernisse bezeichnet ...
Zunächst geht es aber relativ harmlos weiter. Mit vom Eiswasser halb tauben Beinen sollen wir, wie bereits in Wiehl, mit einem Tube um die Beine über Reifen springen, oder zumindest so große Schritte machen, dass es anstrengend ist. Danach geht es zur (für mich) ersten wirklich großen Herausforderung heute: Zum Hangeln! Hierbei habe ich bereits im letzten Jahr kläglich versagt; glücklicherweise entschließt sich unsere Gruppe nahezu geschlossen, es überhaupt nicht erst zu versuchen, sondern uns direkt an die 30 Straf-Burpees zu machen. Wir wollen ja schließlich keine Zeit vertrödeln!
Apropros Straf-Burpees: Nachdem wir unter einem Netz einen Hügel runter- und wieder hochgekrochen sind, Baumstammstücke hin- und her geschleppt haben und über eine Netzbrücke gekrabbelt sind, springen und fallen wir schon wieder zu Boden! Grund dafür ist das Seilklettern, das uns an der nächsten Brücke erwartet. Mutig versuchen wir uns daran, uns mit klammen Fingern am nassen, schwingenden Seil hochzuziehen - doch vergeblich.
Völlig durchnässt dürfen wir nun erstmal wieder an Land laufen, wenn auch nicht für lange. Diesmal ist das Hindernis extrem hart, denn der Bach durch den es geht ist lang und die Strömung nicht zu verachten. Hier sollen wir unter Holzbalken hindurchtauchen - ja, ganz richtig gelesen. Mal ganz davon abgesehen, dass die meisten von uns ohnehin schon vor Kälte schlottern, muss ein nasser Kopf bei diesen Temperaturen nun wirklich nicht sein. Kein Wunder also, dass die Streckenposten es hinnehmen, dass viele von uns einfach über die Holzbalken klettern. Zu unserer Verteidigung kann ich nur sagen: Es war auch so Herausforderung genug, wirklich! Ich habe währenddessen das Gefühl, dank der Strömung überhaupt nicht vorwärts zu kommen, und da ich auch nicht gerade großgewachsen bin, steht mir das Wasser wortwörtlich bis zum Hals. Nach etwa fünf bis zehn Minuten im Wasser taucht dann das rettende Ende auf - und zwar in Form eines Netzes, das es zu erklimmen gilt!
Dieses Hindernis kenne ich ebenfalls aus Wiehl und ich weiß noch, wie viel Angst es mir damals bereitet hat. Dieses Mal komme ich aber gar nicht erst in Versuchung, oben zu sitzen und mit mir zu kämpfen, ob ich mich auf dem schmalen Tau nun umdrehen kann oder doch lieber wieder runterklettere; denn ich komme gar nicht erst hoch! Meine Finger sind eiskalt und taub und die Versuche, mich am wackeligen Netz hochzuziehen, scheitern kläglich. Ohne viel Zeit zu verlieren, stapfe ich aus dem Wasser und versuche erstmal, wieder etwas warm zu werden. Die strafenden Blicke der Streckenwache treffen mich natürlich sofort. "Ja, ich mache gleich Burpees", beteuere ich, atme noch ein paar Mal durch und werfe mich dann pflichtschuldig auf den Boden.
Ganz so militant wie sich das jetzt anhört, war es natürlich nicht - niemand achtet darauf, wie viele Burpees ihr tatsächlich macht, so lange ihr einen guten Willen zeigt und nicht bereits nach einem Burpee davoneilt. Doch irgendwie ist man es den anderen Teilnehmern schuldig, es wenigstens so gut es geht durchzuziehen. In unserer Gruppe haben wir es so gelöst, dass wir uns die Burpees geteilt haben - manchmal zu zweit jeder 15, manchmal zu viert und jeder 7.
Man könnte meinen, dass mir nach meinen Strafburpees wieder warm geworden ist, doch die Kälte hat meine Waden zu Eisklötzen gemacht und das Laufen fällt mir extrem schwer. Die Veranstalter vom Reebok Spartan Race haben vermutlich schon so etwas kommen sehen, denn dankenswerterweise geht es beim nächsten Hindernis zum Kriechen auf den Boden. Schön wäre es gewesen, wenn dieser Boden watteweich und beheizt gewesen wäre ... stattdessen ist es Matsch, indem sich unzählige Steine und Äste tummeln, an denen ich mir bei jedem Vorwärtsrobben Ellenbogen und Knie aufreiße. Wieso ich nicht einfach aufgestanden bin? Direkt über dem Boden, gerade so hoch, dass man flach auf dem Boden vorwärts kriechen konnte, war Stacheldraht gespannt!
Nach gefühlten 60 Metern ist die Stacheldrahthölle endlich vorbei; unsere Klamotten sind nun nicht mehr länger schwarzgrau, sondern braun vom Matsch und dementsprechend schwer. Bei jedem Schritt spritzt etwas flüssiger Dreck aus meinen Reebok All Terrains, die durch Löcher im Material Flüssigkeit austreten lassen und deshalb genau das richtige für solch einen Lauf sind. Nach ein paar hundert Metern scheint der größte Schlamm aus den Schuhen herauszusein - wenn es mit dem Matsch am Körper doch nur auch so einfach wäre! Der trocknet fröhlich in der Mittagssone, die mittlerweile gottseidank relativ beständig bescheint und das Herumlaufen in nassen Sachen dadurch etwas erträglicher macht.
Zielsicher laufen wir nun in Richtung Olympiastadion - und was kann man dort wohl supergut machen? Genau: Treppenläufe! Die geschätzten 100 Treppenstufen von unten nach oben sind für meinen Kreislauf schon grenzwertig, aber irgendwie noch erträglich. Wer raufläuft, muss natürlich auch wieder runter - und dort erwartet uns bereits das Speerwerfen, ein Hindernis, bei dem ich bei längerem Beobachten in der Warteschlange sehe, dass scheinbar niemand eines der aufgestellten Strohziele trifft. Bei diesem Hindernis habe ich bereits in Wiehl versagt und beschließe, gar nicht erst weiter zu warten, sondern mich direkt den Burpees zu widmen.
Mit dem Puls wieder am Anschlag geht es wieder die Treppen hoch, hin zu einer ganz zauberhaften Überraschung (Achtung, Ironie): Wir dürfen Sandsäcke die Treppenstufen hinunter- und wieder hochschleppen. Das Gewicht nervt mich nicht annähernd so sehr wie die Stufen, doch aufgeben will ich natürlich auch nicht. Und selbst wenn: hochgehen müsste ich ja so oder so! Kurz bevor ich den Sandsack oben auf den Boden werfen kann, wird mir klar, dass es noch einmal hoch- und runter geht. Ganz ehrlich, das war der schlimmste Moment für mich beim Reebok Spartan Race in München und ich würde sagen, dass die folgenden drei Minuten auch alles getoppt haben, was ich beim Spartan Super in Wiehl erlebt habe. Hatte ich schon erwähnt dass ich Treppen hasse?
Mit allerallerletzter Kraft und dem Mantra, dass irgendwo noch ein wenig Energie in meinen brennenden Muskeln sein muss, hieve ich den Sandsack über den letzten Treppenabsatz. Oh.mein.Gott. Jetzt würde ich mich gerne irgendwo hinlegen und nie wieder aufstehen!
Immerhin: Das schlimmste ist geschafft! Als nächstes wartet der Seilzug auf mich, den ich trotz feuchter Hände irgendwie bezwinge. Gleich darauf stellt sich mir auch schon ein freundlicher Streckenposten in den Weg, der mich nach meinem Code fragt - wenn ich den nicht mehr weiß, muss ich Burpees machen! Überraschenderweise weiß ich ihn noch (übrigens auch noch 5 Tage später): Sierra-213-1089. Wahnsinn. Vielleicht sollte ich mir Daten oder Nummern in Zukunft nur noch inmitten von Schlamm und Schmerzen einprägen.
Nur noch drei Hindernisse trennen uns vom Ziel - eine Matschgrube (für uns mittlerweile Babykram - das Wasser ist weder tief noch richtig kalt), die Kletterwand und der obligatorische Sprung über das Feuer. Der Lauf ging nun wirklich schneller vorbei als erwartet und die Schmerzen und Qäulereien sind auch schon fast wieder vergessen. Ich habe nur noch Augen für die Medaille und die Wasserbecher - allerdings mischt sich zur Freude über den Erfolg auch die Kälte, die nasse Klamotten bei frühlingshaften 15 Grad eben so mit sich bringen. Also nichts wie raus aus den nassen Sachen!
Frisch gewaschen und umgezogen geht es für mich im Anschluß an eine weitere Challenge: Das Workout mit CrossFit-Profi Gregor Schregle! Für dieses hatte ich im Vorfeld zwei Plätze in meinem "Team" verlost und ich freue mich, Lorena und Frank vor Ort kennenzulernen. So ganz weiß keiner von uns was auf uns zukommt, aber ich bin sowieso nur froh, mich bewegen zu können, um die hartnäckige Kälte aus meinem Körper zu scheuchen! Gregor ist supernett und zeigt uns geduldig verschiedene Übungen wie Tire Flips, Rope Climbs, Squats und Burpee Box Jumps. Alles in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, damit sowohl wir CrossFit-Laien, als auch die Pros, die uns scheinbar komplett unterwandert haben, genau wissen was zu tun ist. Nach einer guten Stunde üben und Tipps holen geht es dann an das richtige WOD - 20 Minuten im Team durchpowern!
Nachdem wir hunderte Squats, Jumps und Push Ups und ein paar Tire Flips und Rope Climbs gemacht haben, ist es für heute geschafft! Ich bin fix und fertig und freue mich riesig auf einen heißen Chai Latte und eine ruhige, entspannende Bahnfahrt nach Hause. Und dort wartet die Badewanne auf mich!
Das Reebok Spartan Race war wieder ein absolutes Highlight in meinem Laufkalender - trotz Matsch, Kälte, Überwindung, Schmerzen und dem immer wiederkehrenden Gefühl, gleich aufgeben zu müssen. Es klingt total verrückt, aber am Ende ist man einfach nur verdammt stolz auf sich selbst und auf das, was man da gerade durchgezogen hat. Meine Spartan Sprint Medaille habe ich jetzt - und auch das Trifecta-Drittel, den ersten Teil meiner ultimativen Spartan Race Trophäe! Die fehlenden beiden Drittel gilt es am 27.06. beim Spartan Race SUPER in Wiehl und am 12.09. beim Spartan Race BEAST in Oberndorf in Tirol zu erkämpfen! Ich freue mich riesig darauf, die beiden Läufe in einem natürlichen Terrain zu besteiten - aber bis dahin muss auch noch ein klein wenig trainiert werden ;)
AROO!