Gerade war ich eine Woche lang mit einer Schulklasse auf Studienreise in der „Wiege der Renaissance“, mit im Gepäck war auch ein Stapel Reiseführer auf Deutsch und Italienisch. Sehr schnell kristallisierte sich heraus, welcher Führer der direkt vor Ort nützlichste war: der älteste, eben „Reclams Kunstführer Florenz“. Auf seinen 440 Seiten wird jedes bedeutendere Bauwerk und Museum der Stadt genauestens dargestellt. Das aber nicht etwa in trockenem Stil, sondern trotz aller Informationsfülle durchaus mit Esprit. Erstaunlich, mit welcher Treffsicherheit des Ausdrucks hier oft in wenigen Worten das Wesentliche eines Gemäldes, einer Skulptur oder eines Gebäudes erhellt wird. Geradezu ein Lesegenuss.
Außerdem ist das Büchlein handlich und leicht, darüber hinaus haltbar, sodass es jetzt schon mehrere Florenzreisen klaglos überstanden hat, wenn man von kleinen Einrissen im Schutzumschlag absieht.
Die erste Reise, auf der ich diesen Führer mithatte, war eine Studienreise vor einem Drittel Jahrhundert, ich war damals Student. Unser Professor – an Kunsthochschulen muss man auf alles gefasst sein! – ließ uns in der uns unbekannten Stadt einfach stehen und ging die gesamte Woche seiner Wege, ohne sich weiter um uns zu kümmern. Mich störte das nicht, denn bewaffnet mit diesem Kunstführer begab ich mich auf Entdeckungstour, manchmal begleitet von ein, zwei Kollegen, denen ich dann vor Ort die Beschreibungen vorlas. Unvergesslich der verschlungene Weg hinauf nach San Miniato al Monte, einer Kirche, die mir seit damals die schönste von Florenz ist.
Nachdem mir der Florenz-Band von so großem Nutzen war, kaufte ich nach und nach fast alle weiteren Bände dieser Reihe, über Österreich, Deutschland und die Schweiz. Bis heute sind sie „in Betrieb“ und – abgesehen von sich ändernden Öffnungszeiten oder Ähnlichem – eine Fundgrube wertvoller Informationen.
Reclams Kunstführer Italien, hg. v. Manfred Wundram, Bd. 3: Florenz. Bearb. v. Georg Kauffmann. Mit 31 Abb. i. Text u. 48 Bildtafeln sowie 2 Übersichtsplänen. Zweite Auflage. Reclam, Stuttgart, 1969. 439 Seiten.
P. S.: Längst schon gibt es die verdienstvollen Reclams Kunstführer nicht mehr neu zu kaufen. Aber wozu gibt’s Antiquariate? Da bekommt man den Florenz-Band schon um 10 Euro.
Bild: Wolfgang Krisai: San Miniato al Monte. Blick zum Altar. Tuschestift, 2014.