Rechnen lernen vor der Einschulung

HerrSjardinski liebt Zahlen. Schon seit geraumer Zeit zählt er alles, was man überhaupt zählen kann. Die Sekunden während er Zähne putzt zum Beispiel. Oder Schritte. Oder wie oft während des Hörspiels seines kleinen Bruders das Wort „Bobo“ fällt [ganze 36 Mal innerhalb einer Folge, wissta Bescheid]. Er zählt, weil es ihm Spaß macht und er einfach Zahlen mag. So bizarr sich das auch anhört. Erst neulich hat er mich damit verblüfft, dass er ganz ohne Nachdenken wusste, dass eine halbe Million ganze fünf Nullen hat.

Aber der feine Herr zählt nicht nur, so dass Graf Zahl neidisch werden könnte. Er rechnet auch. Und zwar mittlerweile im hunderter Bereich. Meistens beginnt er eine Reihe. 16 plus 16 sind 32. 32 plus 32 sind 64. 64 und 64 sind 128. 128 und 128…. so geht das dann weiter, bis er am tausender Bereich kratzt. Addiert wird alles im Kopf. Subtrahieren fällt ihm dagegen noch etwas schwer, so dass er etwas überlegen muss oder auch mal Fehler macht. Aber noch ist er ja gar nicht in der Schule. Und da wären wir beim Knackpunkt.

Mama, ich habe vorhin bis 500 gezählt, weil es voll Spaß macht.

Denn was macht ein Kind in der ersten Klasse mit diesem Mathewissen, wenn die Mitschüler erst den Zahlenraum bis 20 kennen lernen? Ich habe ehrlich gesagt etwas Bedenken, dass er sich langweilen wird. Jedenfalls in Mathe. Ähnlich wie Katharina aka Blogprinzessin mache ich mir Gedanken über das Lernen vor dem Schulbeginn. Auch ich habe bereits eine Freundin befragt, die Mathematik an der Grundschule unterrichtet. Und auch sie versicherte mir, dass generell Schulkinder im Unterricht individuell abgeholt werden. Aber was, wenn der Stoff dann irgendwann über das Grundschulniveau hinausgehen sollte?

Versteht mich nicht falsch, ich denke jetzt nicht, dass mein Kind ein Genie ist oder so. Lesen und Schreiben interessiert ihn zwar ebenfalls, aber da ist er nicht sehr weit. Auch wenn er bereits Bücher wie Harry Potter vorgelesen bekommt und einen sehr komplexen und großen Wortschatz hat: schreiben kann er nur sehr wenige Wörter.

Ist das Interesse oder schon Hochbegabung?

Der feine Herr war schon immer ziemlich fix mit dem Lernen. Mit 1,5 Jahren sprach er in Sätzen, mit 10 Monaten konnte er Laufen, mit zwei Jahren las ich ihm schon längere Geschichten vor und jetzt dieses Mathe-Ding. Irgendwie habe ich mich an das Tempo gewöhnt und bin wiederum erstaunt, dass der kleine Bruder mit 2,5 Jahren noch voll und ganz mit Geschichten aus dickpappigem Karton zufrieden ist – wenn er entsprechendes Buch nicht lieber in Schnipsel zerpflückt. Eben altersentsprechend.

Aber ist das beim feinen Herrn schon Hochbegabung? Allein dieses Wort löst ihn mir Gedanken an selbstzufriedene Öko-Eltern aus, die von ihrem Malte-Florian oder ihrer Greta-Kathleen als Hochbegabte sprechen, nur weil kind auf dem Spielplatz rotzfrech einem anderen eins mit der Schippe über die Rübe gehauen hat. Verhaltensauffälligkeit wird eben gerne mit dem Vorhandensein von Super-Intelligenz runtergespielt. Genauso wie später Faulheit in der Schule dann mit Unterforderung erklärt wird, weil das ja viel bequemer ist, als sich anderes einzugestehen. Ironie off [ja, das war jetzt alles sehr sehr überspitzt gesagt, tut mir Leid an alle echten hochbegabten Malte-Florians und Greta-Kathleens da draußen].

Ich möchte nicht eine dieser Eltern sein, die Hochbegabung als Ausrede für schlechtes Verhalten missbrauchen.

Ich möchte auch keine Mutter sein, die ihr Kind hochbegabt hält, obwohl es einfach nur in einigen Bereichen interessiert oder etwas weiterentwickelt als Gleichaltrige ist.

Der feine Herr ist zwar sehr sensibel und ein kleiner Träumer. Er mochte noch nie sehr gerne in den Kindergarten. Und manchmal ist er sehr stur, verweigert sich, diskutiert oder flippt völlig aus und weint Rotz und Wasser, wenn etwas nicht seinen Vorstellungen entspricht.

Ja, vielleicht sind das Anzeichnen für eine hohe Intelligenz, vielleicht ist das aber auch völlig normal? Denn so, wie Anhaltspunkte für Hochbegabung auf vielen Quellen im Netz beschrieben werden, sind sie doch sehr undeutbar und schwammig ausgedrückt, dass diese „Anzeichen“ auch Entwicklungs-Phasen oder den Charaktereigenarten eines Kindes zuzuschreiben wären. Und am Ende kann einem wirklich nur ein Psychologe eine hohe Intelligenz bestätigen.

Nur so weit will ich jetzt erstmal nicht gehen. Bisher mag ich mein Kind lieber bei dem unterstützen, was ihm Spaß macht. Und wenn das eben Rechnen ist: bitteschön. Dann lass ich HerrnSjardinski eben Preise beim Einkaufen ablesen, vergleichen und addieren. Oder stelle ihm kleine Aufgaben.

Und ansonsten: Ich werde in der Schule das Thema ansprechen. Wird auch hier das Lernen über den Lehrplan hinaus unterstützt? Wie könnte das ganz individuell beim Herrn in Mathe aussehen?

Und dann schauen wir ganz aufmerksam weiter.

Habt ihr ähnliche Gedanken und Erfahrungen gemacht? Habt ihr ein Kind, was schon vor der Einschulung sich selbst Lesen, Schreiben oder Rechnen beigebracht hat? Und wie seht ihr das mit der Hochbegabung? Habt ihr da Erfahrungen?



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