Amhranai meint: Das erste Buch von Rebecca James ist eins, das man nicht aus der Hand legen kann, bevor man es nicht fertig gelesen hat. Die zwei Gesichter von Alice – liebevoll und bemüht, und zur gleichen Zeit gehässig und grausam – geben nicht nur Katherine Rätsel auf, die sich durch Alice immer wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert sieht, sondern versetzen auch die Leser in Unwohlsein. Man kann miterleben, wie sich die Freundschaft von Katherine und Alice im Laufe des Buches entwickelt und zu was Alice eigentlich fähig ist. Die Gründe für den Wandel in ihrem Verhalten scheinen tiefenpsychologisch und sorgen für den einen oder anderen Schauer, der einem über den Rücken läuft. Wie ein Mädchen, das so schön und beliebt ist wie Alice, so unfassbar unmenschlich sein kann und es trotzdem noch schafft, die Menschen um sie herum in ihrem Bann zu halten, ist eines der großen Geheimnisse des Buches. Das zweite ist die Vergangenheit von Katherine, gespickt mit Trauer und einem schrecklichen Verlust. Ganz langsam enthüllt sie ihre Geschichte, die sie dazu gebracht hat, ein neues Leben fern von ihrer Familie zu beginnen, und erst am Ende versteht man wirklich ,was sie eigentlich durchgemacht hat. Dass sie ausgerechnet an Alice gerät, scheint zunächst ein Glücksfall zu sein, entpuppt sich jedoch allzu bald als ein Albtraum.
Nach Ende des Buches habe ich darüber nachgedacht, warum der Titel des Buches “Die Wahrheit über Alice” heißt und nicht “Die Wahrheit über Katherine”, denn eigentlich geht es ja überwiegend um die Vergangenheit dieses jungen Mädchens. Es wird so ein großes Geheimnis darum gemacht, was damals geschehen ist, dass sich unwillkürlich einige Bilder im Kopf des Lesers festsetzen, die erst nach und nach revidiert werden. Was der Grund für Alices Verhalten ist, bleibt allerdings noch mehr im Dunklen, so dass ich den Titel im Nachhinein gerechtfertigt finde. Auch in der englischen Originalausgabe “Beautiful Malice” findet sich der Verweis auf Alice und dass es eigentlich in diesem Buch mehr um sie gehen soll als um Katherine, aus dessen Perspektive wir die gesamte Geschichte erleben.
Insgesamt ein unheimlich gutes Buch mit sehr großem Gänsehautfaktor und vielen Gedanken, die auch im Nachhinein noch präsent bleiben. Das ansprechend gestaltete Cover mit dem verschnörkelten und hervorgehobenen Schriftzug bei “Alice” und den roten Rosenblättern im Kontrast zu dem bleichen Mädchen unterstützen diesen Eindruck noch. Absolut lesenswert!