Europa reagierte. Es wurden Rettungspakete geschnürt, schneller als eine Domina ihr Korsett bindet. Europa erliess Griechenland schon 2010 die Hälfte seiner Schulden – nach übereinstimmenden zeitgenössischen Berichten von Qualitätsmedien waren das allerdings nicht 150, sondern 100 Milliarden Euro. Doch Jahr 2011 bekam die Regierung in Athen noch einmal 100 Milliarden Euro.
In einem normalen deutschen Taschenrechner ergäbe sich mit Stand Januar 2012 eine einfache Substraktionsrechnung: 300 Milliarden minus 100 Milliarden minus weitere 100 Milliarden müsste eine griechische Restschuld von 100 Milliarden ergeben.
Müsste. Wäre hier nicht höhere Mathematik im Spiel. Denn Griechenlands Schulden betragen nach derzeitigen Angaben nicht 100, sondern 350 Milliarden Euro. Runde 50 Milliarden mehr als vor dem ersten Rettungspaket.
»Ich glaube, dass wir das insgesamt gut zustande gebracht haben«, kommentierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble das erstaunliche Ergebnis. Herr Schäuble, wie haben Sie das gemacht? Und wie geht es weiter? Mit dem nächsten Rettungspaket bekommt Griechenland noch einmal 100 Milliarden Schuldenhilfe, zudem soll der Verzicht privater Gläubiger wie der staatlichen Hypo Real Estate Bank auf mehr als 50 Prozent ihrer Forderungen die griechischen Schulden um weitere 107 Milliarden reduzieren.
An der Kreidetafel einer Grundschulklasse hätte sich die Ursprungsschuld nunmehr in ein griechisches Staatsguthaben von sagenhaften 137 Milliarden Euro verwandelt. Im Europa der realen irrealen Zahlen deutet alles auf einen ganz anderen gang der Dinge: Die Reduzierung von 300 Milliarden Schulden mit 200 Milliarden Hilfsgeld führte zu einer Erhöhung der Restschuld auf 350 Milliarden. Linear dazu wird die Reduzierung dieser Restschuld um 237 Milliarden zu einer Erhöhung der nunmehrigen Restschuld auf 395 Milliarden Euro führen.