Ratschläge gehören in den Mülleimer!

Von Wernerbremen

Quelle: Helmut Mühlbacher


Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch eine Geschichte von Katharina Seidelerzählen:

„Der Nussbaum“

www.wallnusveredlung.de

„Ein Mann, der einen jungen Nussbaum auf sein Grundstück gepflanzt hatte, war sehr enttäuscht über den Undank des Baumes:
„Was konnte ich mehr für ihn tun?“, sprach er zu seinem Nachbarn, „ich habe ihn jeden Tag reichlich gegossen, jede Woche Dünger gestreut, zwei Mal im Jahr rings um ihn die Erde gelockert, im Frühjahr an seinen Zweigen gezogen, um sein Wachstum zu fördern. Er aber verweigert sich. Sehen Sie doch den kläglichen Baum! Ich fürchte, er wird niemals Nüsse tragen.“„Wie wäre es, wenn Sie ihn einmal in Ruhe ließen?“, schlug der kluge Nachbar vor.“
Ihr Lieben,
Im Mittelalter pflegte man Menschen, von denen man annahm, dass sie nicht die Wahrheit sagten oder aus denen man die Wahrheit herauspressen wollte, zu foltern.
Eine dieser Foltermethoden war das Rad, auf das die Menschen mit ihrem Rücken gefesselt wurden, wie Ihr auf dem Bild sehen könnt. 

www.wikipedia.org

Nachdem das geschehen war, wurde den Menschen ein zweites Rad auf die Brust gebunden und dann wurden die beiden Räder Millimeter für Millimeter gegeneinander gedreht, bis es die Menschen, wenn sie nicht gestanden, was man von ihnen hören wollte, buchstäblich zerrissen wurden.
Diese Foltermethode wurde auch als „Radschlagen“ bezeichnet.
 
Von dieser Bezeichnung stammt das, was wir heute einen „Ratschlag“ nennen.
Ich habe dieses Wort noch nie leiden können, steckt doch in diesem Wort so viel Gewalt (Schlag/Schläge).

Und es steckt viel Wahrheit in diesem Begriff „Ratschlag“.
Ich habe es selbst in meinem Leben etliche Mal erlebt, dass ich anderen Menschen einen Ratschlag gegeben habe. Das Merkwürdige dabei war, dass ich richtig ärgerlich wurde, wenn ich merkte, dass derjenige, dem ich den Ratschlag gegeben hatte, meinen Ratschlag nicht gleich oder überhaupt nicht befolgte.

Ich glaube, dass unser Ärgerlichwerden weniger mit dem anderen Menschen zu tun hat, sondern viel mehr mit uns selbst. Wir wissen alle, wie schwer es ist, sich selbst zu ändern.
 
Eigentlich müssten wir deshalb über uns selbst enttäuscht sein, aber das lassen wir nicht zu. Stattdessen wollen wir unser Gewissen beruhigen, indem wir krampfhaft versuchen, andere Menschen zu ändern.
Erst wenn wir anfangen, uns mit uns selbst zu versöhnen, indem wir nicht zu viel von uns selbst verlangen, werden wir auch in die Lage versetzt, uns mit unseren Mitmenschen zu versöhnen.
 
Indem ich mich annehme, so wie ich bin, kann ich auch meinen Mitmenschen annehmen, so wie er ist. Erst, wenn ich das praktiziere, verschwindet meine Sucht, den anderen Menschen ändern zu wollen, ja fast zu müssen.
Deshalb sind Ratschläge abzulehnen. Sie haben keinen Respekt vor dem anderen Menschen. Sie akzeptieren nicht die Entscheidungsfreiheit des anderen Menschen. Sie wollen dem anderen Menschen etwas aufdrängen und sie versuchen, den anderen Menschen abhängig zu machen.

Wenn die Menschen, denen Ratschläge erteilt wurden, diese nicht umsetzen, dann bekommen sie oft zu hören: „Ich habe doch so viel für Dich getan, warum hörst Du denn nicht auf mich! Ich habe doch so gute Ratschläge erteilt!“
Ratschläge gehören in den Mülleimer, mehr sind sie nicht wert.
Viel besser ist es, wenn der andere Mensch dies wünscht, sich neben diesen Menschen zu setzen und zu sagen: „Lass uns gemeinsam überlegen, was Du tun könntest!“.

Und manchmal ist es das Beste, wenn wir, wie in unserer Geschichte, das tun, was der Nachbar dem Mann rät, wenn er sagt, er solle doch den Nussbaum einfach einmal in Ruhe lassen.Besonders unsere Kinder und Enkelkinder werden uns danken, wenn wir diesen Rat befolgen.
 
Einen Rat geben – das dürfen wir.
Den anderen Menschen mit einem Rat schlagen – das dürfen wir nicht.

Ihr Lieben,
ich wünsche Euch einen ruhigen Abend, eine friedliche zweite Wochenhälfte und ich grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner

Quelle: Karin Heringshausen