Rassistische Prügel-Polizisten gibt’s wohl schon länger

…bloß berichteten die Medien früher nicht darüber, die Gerichte urteilten nach Gusto, wir hörten nichts davon, wenn wir nicht zu den betroffenen Communities gehörten. Aber jetzt: Gestern spazierte ich durch Bornheim und kam mit einem Mann ins Gespräch, dem ich mich als Migrationsdeutsche zu erkennen gab. Ob er auch ein solcher sei? Ach, seufzte er, einen deutschen Pass habe er, aber mit dem Herzen sei er nicht dabei. Wieso das denn?

Da erzählte er mir seine Geschichte auf schönstem Frankforderisch. Wie er, als er 16 war, mal mit einem Kumpel in einem Frankfurter Vorort auf einem Mofa unterwegs war, ganz normal. Wie sie eines Tages von hinten von der Polizei angehupt wurden und Platz gemacht hatten, weil sie dachten, der Wagen will vorbei. Wie sie dann vom Polizeiwagen so lang gerammt wurden, bis das Mofa umfiel. Wie sie in Angst wegliefen, sich dann aber ergaben, um nicht erschossen zu werden. Wie sie trotzdem brutal verprügelt wurden und erst hinterher auf der Polizeistation erfuhren, was los war: Handtaschenraub, zwei jugendliche Täter, die richtigen wurden kurz danach gefasst.

Damit war die üble Geschichte aber noch nicht vorbei. Die beiden durften gehen, ließen sich von einem Arzt ihre Verletzungen bescheinigen, von einer Anzeige riet der Anwalt jedoch ab: Leute wie Ihr habt vor Gericht keine Chance! Dafür wurden sie von der Polizei angezeigt, denn einer von ihnen hatte sich beim Prügeln die Hand verstaucht. Bei der Gerichtsverhandlung nahm der Richter die beiden beiseite: Er würde ihnen eine milde Strafe geben, wenn sie sich entschuldigten, was sie dann vernünftigerweise, aber zähneknirschend taten. Als sie den Gerichtssaal verließen, feixten die Polizisten: Da seht Ihr!

Nicht alle Polizisten seien so, das sei ihm schon klar. Aber seither könne er vor ihnen keinen Respekt mehr haben: Was seien das für Menschen, die halbe Kinder so zurichteten? Die Polizei sei doch dafür da zu helfen! Dieses Erlebnis mit der Polizei, schon an die 10 Jahre her, werde er jedenfalls sein Leben lang nicht mehr vergessen, mehr Ratlosigkeit als Zorn im freundlichen Gesicht. Kein Wunder, dass einer wie er sich mit dem Deutschsein schwer tut.

Stimmt diese Geschichte etwa nicht, alles erstunken und erlogen? Wohl nicht, angesichts der bekanntgewordenen Vorfälle der letzten Monate und des bisherigen Schweigens der Medien. Ist rassistische Gewalt im Polizeidienst in einem demokratischen Rechtsstaat akzeptabel? Oder wollen wir hier Zustände wie in einem Drittweltland, in dem Polizisten möglichst weiträumig zu umschiffen sind?

Frankfurt galt immer als eine weltoffene, tolerante Stadt. Aber Frankfurt hat eine Polizei, in der rassistische Schläger geduldet, von Kollegen gedeckt und von den Gerichten nicht verurteilt werden. Liebe Polizisten, liebe Staatsanwälte, liebe Richter: Wisst Ihr denn nicht, dass derzeit in Frankfurt ca. 70% der Kinder unter 6 einen Migrationshintergrund haben? Wollen wir in einem Polizeistaat leben? Wollt Ihr später mal keine Rente?

Ich schon, und unseren demokratischen Rechtsstaat finde ich gut, trotz allem. Deswegen drei Vorschläge zur Vermeidung weiterer Polizeigewalt gegen „andere“: 1: Den Anteil an Migrationsdeutschen bei der Polizei schleunigst radikal erhöhen. 2: Eine klar polizeiexterne Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger schaffen, die Polizeigewalt erlitten haben. 3: Die Polizeiausbildung durchleuchten: stehen in den Handbüchern noch Sachen aus vorbundesrepublikanischer Zeit?

Was allerdings Anlass zur Sorge gibt: Die beschuldigte Behörde, vertreten durch den Frankfurter Polizeipräsidenten Achim Thiel, hüllt sich noch immer in Schweigen. Dabei ist der rassistische Polizeiübergriff auf Derege Wewelsiep schon drei Monate her. Brauchen die Frankfurter Sicherheitsbehörden wirklich soviel Zeit, um sich neu zu sortieren und das in einem Rechtsstaat eigentlich Selbstverständliche zu tun? Beim erwähnten Handtaschenraub war die Polizei damals schneller.

Und: Wenn die Frankfurter Rundschau nicht darüber berichtet hätte, hätten wir wie früher nichts davon erfahren und es hätte vermutlich auch keine Konsequenzen für die Täter gegeben. Die Haushaltsabgabe, von interessierter Seite zur Demokratieabgabe ausgerufen, sollte zur Rettung der Frankfurter Rundschau eingesetzt werden, um diesen Namen zu verdienen – nicht zur Alimentierung des aufgeblähten Öffentlich-Rechtlichen Systems.


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