Bart gegen Stahl
So ist das gedacht. Man möchte fast meinen, die Natur hat es so vorgesehen. Die Barthaare, hart wie Kupfer werden von blankem rasiermesserscharfem Stahl gekürzt. Das Rasiermesser ist wohl die stilvollste und beste Art, die Körperteile zu rasieren, auf denen man keine Haare wachsen lassen möchte. Man kürzt das nachwachsende Barthaar am Hals und an den Wangen und grenzt den Bart sauber vom Rest des Gesichtes ab. Dass Hr. Gilette das Prinzip etwas anwenderfreundlicher gemacht hat, ist ja eigentlich nichts Schlechtes. So ein Rasiermesser hat tatsächlich auch Nachteile. Beispielsweise ist die Klinge relativ lange. Das ist bei der großflächigen Rasur ein großer Vorteil, auch wenn selten die ganze Klinge aufliegt. Will man einen kleinen Bereich rasieren, dann kann man nur mit der Spitze des Messers arbeiten. Beim Konturieren des Vollbarts wird die Spitze also wesentlich mehr belastet als der Rest.
Steichriemen
Der Stahl in der Rasierklinge verträgt einiges und es ist nicht oft im Leben eines Rasiermessers erforderlich, es nachzuschleifen. Da der Grat, also das letzte Ende der Schneide hauchdünn ist, wird der Stahl bei der Rasur leicht verbogen. Damit der Grat wieder aufrecht steht und seine volle Schärfe entfalten kann, muss das Messer am Lederriemen abgezogen werden. Natürlich ist es etwas ganz besonderes und auch ein Akt der Entschleunigung, das Rasiermesser allmorgendlich für die Rasur vorzubereiten, statt den Elektrorasierer anzuwerfen. Wenn man diesen Aufwand mit geringen Abstrichen hinsichtlich des Stils der Rasur aber einsparen kann, dann ist das eine Option, die durchaus geprüft werden sollte. Die Option nennt sich Rasierhobel und basiert auf eine Rasierklinge und eine Halterung dafür, die an einem Stil befestigt ist.
Einwegstahl
Die Rasierklinge kann im Rasierhobel gewechselt werden. Das ist ein großer Vorteil gegenüber dem Rasiermesser. Zwar gibt es auch Rasiermesser mit Wechselklinge, die sind in der Handhabung aber vergleichbar mit einem Rasiermesser mit fester Klinge. Das Problem, dass die Spitze stärker belastet wird, ist bei der vergleichsweise weichen Wechselklinge natürlich früher zu bemerken, als beim Rasiermesser aus Stahl. Der Rasierhobel hat den Vorteil, dass er die Klinge zwischen zwei Platten fixiert und damit relativ sicher verstaut. Die Klinge ragt nur etwa einen Millimeter hervor und kann, dank der Metallplatten, sauber und verletzungsfrei über die Haut gezogen werden. Ein Grund, Hr. Gilette noch dankbar zu sein.
Zuviel des Guten
Die Idee, das Prinzip des Rasierhobels zu verbessern ist naheliegend. Allerdings greift manch Hersteller dazu, bei seinen Systemrasierern, zu einer sehr simplen Methode. Die Forschung- und Entwicklungsabteilungen haben oft die Multiplikation des Prinzips als Mittel zum Erfolg für sich entdeckt. Eine Rasierklinge funktioniert, also nehmen wir zwei und gehen davon aus, dass das Teil dann doppelt so gut ist. Im Laufe der Zeit hat die Anzahl der Klingen stetig zugenommen. Ob das der Weiheit letzter Schluss ist, wage ich zu bezweifeln. Fährt man mit einem Produkt, wie diesem von Wilkonson durchs Gesicht, dann hat das denselben Effekt, als würde man sich mit dem Rasiermesser fünfmal durchs Gesicht fahren. Ab dem zweiten werden die meisten beim Refrain dieses Klassikers mitsingen können. Bedenkt man, dass man bei der Rasur ja keine langen Züge macht, sondern in kleinen Etappen einen, oder zwei Zentimeter lange Teile rasiert und bedenkt man dann auch noch, dass diese Bereiche sich überlappen, dann kommt man auf zig Klingenberührungen an manchen Hautstellen.
Ui das brennt
Der Rasurbrand hat eigentlich einen irreführenden Namen, weil der klassische Schmerz wenig mit der eigentlichen Rasur zu tun hat. Die ist nämlich nach dem Vorbeikommen der ersten Klinge schon erledigt. Dass milchmädchenhaft agierende Systemrasiereringenieure nach dem Prinzip doppelt hält besser noch 4 weitere Klingen an den Klingenkopf geschraubt haben, konnte die Natur bei der Konzeption der Gesichtshaut ja nicht ahnen. Was die erste Klinge vom Barthaar übrig lässt, nimmt die zweite locker im Vorbeigehen mit. Damit ist alles, was an der Hautoberfläche wächst erstmal weg. Klinge drei findet also keine Opfer mehr und sieht sich nach neuen Betätigungsfeldern um. Die spiegelglatte Oberfläche der eben doppelt rasierten Haut ist nicht die bevorzugte Umgebung in der sich eine Rasierklinge wohl fühlt.
Tauchstation
Also entschließt Klinge 3 sich dazu, die Haare eine Ebene tiefer zu rasieren. Dass der Teil des Barthaars, der ins Visier der Klinge geraten ist, noch gar nicht gewachsen ist, also eigentlich noch unter der Haut steckt, bringt sie von ihrem Vorhaben auch nicht ab. Die dritte Klinge taucht also ein in die Gesichtshaut und kürzt knapp darunter das verschreckte Barthaar. Die vierte ist vielleicht noch mit Nacharbeiten versorgt und sieht von weiteren fatalen Entscheidugen ab, dann kommt aber Nummer 5. Nicht etwa der sympathische Roboter, sondern eine unterforderte Rasierklinge. Haare sind schon lange weg und auch weite Teile der Hornschicht hat sich der Systemrasiereroperator bereits aus dem Gesicht geschabt. Egal, denkt sich Nummer 5 und taucht noch tiefer ein, in die Epidermis. Da nützt auch kein halbherzig montierter Gleitstreifen mehr. Das tut weh!
Zu kurz gekürzt
Hat sich nach ein paar Stunden, dank eines Großeinsatz der Selbstheilungskapazitäten des Körpers, der Rasurbrand gelegt schließt nahtlos das nächste Problem an. Die Haarspitzen liegen seit Klinge Nummer 3 ein Stück unter der Haut. Ein Traum, wenn man die Haut möglichst lange glatt erhalten will, aber ein Albtraum, wenn das Barthaar sich für eine Welle entscheidet. Statt geradeaus wieder aus der Haut zu wachsen kann es vorkommen, dass so ein Barthaar seinen eigenen Kopf hat und noch unter der Haut einen 90° Winkel beschreibt. Es wächst da, wo der Körper keinen Haarwuchs erwartet und den vermeintlichen Fremdkörper intensiv bekämpft. Ein eingewachsenes Haar entzündet sich rasch und manch einer wünscht sich, angesichts der Schmerzen, den Rasurbrand zurück.
Alt, aber immer beliebter
Der Trend zur Zweitklinge ist also keine positive Entwicklung für das männliche Gesicht. Der Rasierhobel, in seiner ursprünglichen Form, ist da noch sehr nahe an der Funktion des Rasiermessers. Der Winkel zur Haut ist leicht einzuhalten und beim Führen des Rasierhobels ist das Verletzungsrisiko vergleichsweise niedrig. Gegenüber dem Systemrasierer mit mehr Klingen, als man braucht, ist der Rasierhobel sehr schonend zur Haut und damit ideal, wenn man seine Konturen nachziehen möchte, ohne das gute Rasiermesser abzuziehen. Dass der Rasierhobel in der Beliebtheit steigt, zeigt diese Auswertung von Google. Die Anfragen steigen und damit auch das Interesse am Rasierhobel.
Die Vollrasur
Natürlich kann man mit einem Rasierhobel auch eine komplette Rasur durchführen. Auch dazu habe ich einen wertvollen Tipp, den der Rasierende tunlichst einhalten sollte. Spart man bei der Rasur mit dem Rasierhobel den Bereich zwischen Halsansatz und Nasenspitze und den Bereich zwischen Kinnlinie und einen, oder zwei Finger unter dem Jochbein aus, dann hat das mehrere positive Effekte. Die Klinge hält einfach wesentlich länger, man spart sehr viel Rasierschaum, aber auch jede Menge Zeit. Der größte Vorteil ist aber, dass nach wenigen Tagen bereits ein Vollbart an die Stelle der bisher kahlen Stellen tritt. Welche Vorteile das mit sich bringt würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Wen es interessiert, der kann aber in meinem Blog stöbern und die verschiedenen Vorzüge eines gepflegten Vollbarts erkunden!