Die Medienlandschaft, durch ausbleibende neue Rekordzahlen zu rechtsextremer Gewalt seit Wochen zutiefst verunsichert, zeigte sich beruhigt. Da allen deutschen Leitmedien der Zugang zu eigenen Archiven und Internet-Suchmaschinen verboten ist, wurde dder fromme Spruch vom erschütternden Anstieg gewaltbereiter Rechter wie eine Befreiung gefeiert. Endlich ein Ersatz für die ausgefallenen Horrormeldungen über rechte Straftaten!
Mehr 300 Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenagenturen beteten Fromms Zahlen im Chor nach. Es gebe "mehr gewaltbereite Neonazis als im Vorjahr", analysierte die stets bürgerschaftlich engagierte Flugschrift "Die Zeit" beispielhaft vor. Nordbayern.de schrieb kreativ von einem "drastischen Anstieg", das Neue Deutschland übersetzte die Nachricht in "Mehr militante Neonazis", RP-Online sah "Gewaltbereite Neonazis auf dem Vormarsch" und die Süddeutsche Zeitung stimmte einfallsreich ein mit "Gewaltbereite Neonazis auf dem Vormarsch".
Den Vergleich zu 2009 erspart die jüngst erst journalismuskritisch aufgefallene "Zeit" ihren Lesern, wie auch alle anderen 300 Postillen. Denn damals hatte der Verfassungsschutz immerhin noch 9.000 gewaltbereite Rechtsextremisten, rechtsradikale und Rechtsradikalinskis gezählt. Fast dreieinhalbtausend mehr als jetzt, wo es doch mehr gibt als gerade noch.
Nicht das einzige Rätsel der Verfassungsschutz-Wissenschaft: Allein in Bayern zählten die wackeren Gewaltwächter zur Jahrtausendwende noch 8.000 Rechtsextremisten. 2400 mehr, als neun Jahre später die ganze Republik aufzuweisen hat, nachdem die Zahlen rapidedrastisch auf dem Vormarsch waren. Die Anmerkung zu Rudelbeten mit Zahlen