[Rant] - Warum ich den Post-Streik nur bedingt nachvollziehen kann.

Von Blacky
2015 scheint ja irgendwie das Jahr der Streiks zu sein. Erst die Bahn, dass die Charité, dann die Kitas und jetzt die Post. Oder habe ich was vergessen?
Für einige ist das ein Grund zum Feiern. Man wird von diversen Ämtern in Ruhe gelassen und muss sich auch sonst nicht mit dem Papierkrieg rumplagen. Berliner können sich hier aber nicht freuen, die Post der Berliner Verwaltung wird dennoch zugestellt - nur eben nicht durch die Deutsche Post AG. Andere belastet der Streik. Vor allem Firmen und Menschen, die auf einen dringenden Brief warten ... oder Paket. So wie ich. Das Paketzentrum Börnicke wird ja auch bestreikt und da liegt sowohl ein wichtiger Brief, als auch mein schönes Einbeinstativ rum. Juhu!
Wenn man mich fragt, ist der Streik nur berechtigt, wenn man beide Augen zukneift und sich mal eben umdreht, um gewisse Tatsachen nicht zu sehen. Es wird ja gestreikt, weil die DPAG neue Töchter gegründet hat und dorthin ihre Zusteller schicken möchte. Dort kriegen die Mitarbeiter weniger Lohn, weil es Töchter sind. Demnach gehe ich davon aus, dass der Tarifvertrag NUR für die DPAG an sich gilt und nicht für deren Töchter. Um das zu wissen, müsste man den Vertrag kennen. Weil das ja allgemein eine tierische Schweinerei ist - Achtung Sarkasmus! - schließen sich Zusteller von Briefen und Paketen zusammen und streiken unbefristet.
Gehe wir die ganzen Sache doch mal logisch an; logisch nicht emotional!
Erst einmal ein paar grundlegende Dinge:
Was macht ein Zusteller überhaupt?
Er stellt zu. Verständlich. Briefe, Einschreiben, PZA, Pakete.
Was muss er dafür können?
Er sollte körperlich fit sein, ggf. einen Führerschein haben, Deutsch und lesen und schreiben können. Ein gesunder Menschenverstand wäre auch super.
Braucht er dafür eine Ausbildung?
Es gibt zwar Ausbildungsberufe in diesem Bereich, aber grundsätzlich: Nein.
Achtung! Ich rechne hier mit den Durchschnittswerten aus den Medien. Mir ist bewusst, dass Zusteller der Entgeltgruppe 1 im ersten Jahr deutlich weniger verdienen.
Ein Zusteller verdient, laut den Medien, um die 17,- € die Stunde. Rechnet man das mal hoch auf ein Monatsgehalt, kriegt ein Zusteller bei der DPAG ca. 3.000,- € brutto. Netto dürften das so um die 1.800,- € sein. Man muss dazu sagen, dass das Gehalt mit der Zugehörigkeitsdauer steigt.
btw: Ihr dürft euer Gehalt ruhig mit diesem vergleichen.
In den neuen Töchtern kriegen die Zusteller, nach meinen Informationen, um die 11,- € die Stunde. Macht ein Monatsgehalt von etwas mehr als 1.900,- €. Netto sind das ca. 1.300,- €.
Ja, das IST ein deutlicher Unterschied. Das will ich nicht abstreiten. Mir persönlich würde es auch nicht gefallen, wenn ich am Monatsende plötzlich 500,- € weniger zur Verfügung habe.
Moment mal! Plötzlich? Nun, eher nicht. Jetzt betrachten wir das Thema mal von einer etwas anderen Seite.
Ich bin der Meinung, dass jeder selbst für sein Glück verantwortlich ist. Wir sind alle erwachsen und können selbst Entscheidungen treffen. Letzten Endes MÜSSEN die Leute doch die Verträge nicht unterschreiben. Keiner zwingt sie dazu. Und außerdem müsste man, wenn man bei der DPAG arbeitet auch wissen, wie dort der Hase läuft.
Ein anderer Punkt ist gerade der, dass man für diesen Job KEINE Ausbildung benötigt. In diesem Zusammenhang ist das ein echt gutes Gehalt. Selbst wenn man sich die Entgeltgruppe 1 im ersten Jahr ansieht, ist das, in meinen Augen, ein gutes Gehalt. Wie gesagt, man braucht keine Ausbildung für den Job als Zusteller.
Einige werden jetzt sicher denken: Aber die Arbeit ist doch sooooo schwer. IMMER auf dem Fahrrad sein bei Regen und Wind und Sonne und Schnee. Da ist es doch berechtigt!
Wenn man sich andere Branchen ansieht, kann ich nur sagen: Nein, ist es nicht.
Friseure: Hungerlohn. Die machen seit diesem Jahr einen Freundensprung, weil es den Mindestlohn gibt.
Gastronomie: Verdammte Knochenarbeit und geringer Lohn, sodass einige eher vom Trinkgeld leben, als vom Gehalt an sich.
Soll ich weitermachen?
Nein? Dann lasst mich wenigstens erwähnen, dass für beide Branchen eine Ausbildung braucht. Dass man hier Fachliteratur benötigt und ggf. besonderes, teures Equipment. Bitte korrigieren, wenn ich falsch liege.
Okay, jetzt bin ich doch ein wenig emotional geworden. Tut mir Leid. Bevor ich diesen Eintrag jedoch abschließe, will ich noch eines erwähnen/fragen:
Ist die ver.di nicht irgendwie Schuld an diesem Streik?
Nicht, weil sie dazu aufgerufen hat. Sondern weil sie im Tarifvertrag der DPAG nicht hinzugefügt hat, dass dieser auch für die Töchter der DPAG gilt. Nach meinen Kenntnissen ist das möglich, einen solchen Passus in den Tarifvertrag einzufügen. Auch hier bitte korrigieren, wenn ich falsch liege. Demnach ist der geringe Lohn, den die DPAG zahlen will, in diesem Hinsicht berechtigt. Immerhin gelten die Preise der DPAG, die von der Bundesnetzagentur bestätigt wurden, auch für deren Töchter. Wieso hat ver.di bei dem Tarifvertrag nicht einen solchen Passus eingefügt?
Man könnte das Thema komplett hinterfragen und sich grün und blau ärgern. Aber ob es das wert ist? Keine Ahnung. Letzten Endes kann man eh nichts an der aktuellen Situation ändern.
Das waren meine drei Cent zu diesem Thema. Was sind eure?
Eure Christin