Ich soll weg
Weg aus meiner heimeligen und behaglichen, wenn auch kleinen Wohnung, in der ich mich dennoch glücklich fühle. Platz machen soll ich, für einen Investor, für einen Makler, der mein Zuhause als bloße Rangiermasse betrachtet. Ein Mittel zum Zweck, um den Millionen von Euro auf seinem Konto noch eine weitere halbe hinzuzufügen. Nicht dass ich es ihm nicht gönnen würde. Der Mann muss schließlich auch von etwas leben. Und sei es von den Sorgen und Nöten der Bewohner der Frommestraße.
Dort wo unser kultureller Treff einst stand, prangt heute ein hässliches Loch, aufgeschüttet mit Sand. Böse Zungen munkeln, dort sollen ein gutes Dutzend alter Reifen ihren Weg ins Grab gefunden haben. Ein Parkplatz soll dort künftig den Lüneburgern Nutzen bringen. Das Konzept trägt die Handschrift des eingangs erwähnten Investors. Erst mal Platz schaffen. Erst die Menschen weg, dann die Häuser, in denen sie wohnten. An deren Stelle ein paar hässliche, hingepfuschte Neubauten aus Beton, billig verklinkert, damit es nicht so weh tut, sie zu betrachten. Straßen sind nicht zum Wohnen da, sondern zum Geld verdienen. Daran hat sich seit der Errichtung der kommerzklassizistischen Prunkbauten, in denen unsere Wohngemeinschaften derzeit noch leben dürfen, nicht geändert. Ein Stockwerk nach dem anderen wurde auf die Grundmauern der Häuser gepackt und dann noch ein weiteres. Hauptsache viel Raum für viele Mieter für viel Geld. Nun beginnen die städtebaulichen Riesentanker unter der Last ihres eigenen Gewichts langsam zu kippen. Der Untergrund ist derartigem Gewinnstreben nicht gewachsen und tut das, was auch die allermeisten Menschen tun, wenn es ums Geld geht. Er gibt nach.weiterlesen