„Das, was man die britische Invasion nennt, hat mich musikalisch ziemlich beeinflusst. Glücklicherweise war Jimi Hendrix auch irgendwie ein Teil davon.“
Randy Hansen spricht diesen Satz mit einem breiten Grinsen, während er backstage vom „Live- Proberaum“, einer wirklich tollen Location in Zülpich, die mir bisher unbekannt war, seine drei Strats in Stimmung bringt.
Sein Statement mag absurd klingen, aber schließlich wurde die Jimi Hendrix Experience 1966 in London gegründet und somit begann dort der unvergleichbare Siegeszug des Musikers, der den Gitarrensound für immer revolutionieren sollte.
„Das hier mag ich auch...“, lacht Randy und spielt die Riffs von „Pinball Wizzard“ an. „Oder das hier: „Hand across the water, hands across the sky“, singt er mit Falsettstimme. „Die haben schon verrückte Sachen gemacht, damals!“ Ich muss länger in der Schublade kramen, bis mir einfällt, dass der Titel von Paul McCartney stammt und „Admiral Halsey“ heißt.
Die anderen sind zum Abendessen im Hotel. Randy isst vor dem Auftritt nicht. Für mich ist es immer wieder etwas Besonderes, mit diesem Ausnahmekünstler zu sprechen. Er, der auf der Bühne zum tanzenden Derwisch wird und auch sonst für jeden Spaß zu haben ist, zeigt auf einmal seine andere, tiefe, sehr persönliche Seite. Er erzählt von seinen Ursprüngen, seiner Familie. Ich erlebe den ganz privaten Randy Hansen.
1975 beschloss er, sich der Musik von Jimi Hendrix zu widmen. Dabei ist er nicht nur ein ausgezeichneter Gitarrist, er weiß auch durchaus mit dem Piano umzugehen. Das hat er eben eindrucksvoll bewiesen, als er sich eben hier an das E-Piano gesetzt und einige Minuten gespielt hat.
Zur Erinnerung sei noch mal erwähnt, dass Mr. Hansen bereits 1979 17 Minuten Filmmusik zu Francis Ford Coppola’s „Apocalypse Now“ beigesteuert hat.
Zum ersten Mal nahm ich Notiz von Randy Hansen, als ich im Fernsehen eine Aufzeichnung des WDR von 1991 mit dem Titel „The Jimi Hendrix Concert“ sah. Der ehemalige Scorpions Gitarrist Uli Jon Roth hatte Randy hierfür gewinnen können, weitere Musiker: Jack Bruce, John Wetton, Simon Phillips…
Schon damals war ich verblüfft von der Ähnlichkeit in Erscheinung, Gitarrenspiel und Stimme Randy‘s zum Original.
Inzwischen habe ich den wie Jimi aus Seattle stammenden Mann immer wieder auf seinen Konzerten in Deutschland begleiten und erleben dürfen.
Kein Abend ist wie der andere. Es gibt keine Setlist, nur so eine Art „Auswahlmenü“ von etwa 40 Titeln auf einem Blatt Papier, das bei Randy’s Effektpedalen auf dem Bühnenboden geklebt ist. Daraus wählt er munter aus, kombiniert zwei oder gleich mehrere Songs zu einem Medley. Ganz gern baut er ein paar Beatles Elemente ein, das Riff aus „Ticket To Ride“ beispielsweise, fügt „Lucy In The Sky“ und „Dear Prudence“ zusammen. Und das alles im klassischen Hendrix- Sound.
Neben den immergrünen Hendrix Songs wie „Purple Haze“, „Hey Joe“ oder „Foxy Lady“ gibt es an manchen Abenden „Gloria“ von Van Morrison oder „Won’t Get Fooled Again“ (Hammerversion) von Pete Townshend zu hören.
Und: Niemand spielt das famose „Red House“ so einfühlsam wie Randy. Dies ist jedes Mal ein wahres Fest für Ohren und Seele. Dabei hat Randy mir einmal erzählt, dass er anfangs gar nicht so sehr zum Blues tendierte. Aber er hat’s einfach. Und das ist gut so !!
„Ich brauche diese Abwechslung bei meinen Konzerten. Wenn du fast jeden Abend auf der Bühne stehst, musst du dir auch jeden Abend etwas anderes überlegen. Das gilt vor allem für die Solopassagen. Da gibt es natürlich Sequenzen, die ich nicht verändere, weil sie typisch für den Track sind, aber in den Improvisationsteilen stelle ich mir jedes Mal neue Aufgaben. Gerade bei den langen Solopassagen. Ich brauche diese Herausforderung an mich selbst, sonst wird es leicht langweilig. So bekommt das Publikum jeden Abend einzigartige Versionen der Songs. Ja, richtige Unikate.“
Randy dehnt die Saiten nochmals aufs Maximum, überprüft danach erneut die Stimmung. „Ok, let’s try the next one.“
Mitgebracht hat er drei Fender Stratocaster. „Das hier ist meine Lieblingsgitarre, aber sie hat schon einiges mitgemacht, siehst du die Risse hier im Body? Die gehen teilweise ziemlich tief.“ – „Was macht sie zu deinem Favoriten?“, will ich wissen. „Hauptsächlich das Griffbrett auf dieser Linkshändergitarre, die ich als Rechtshänder spiele, so sieht das wie bei Jimi aus, nur spiegelverkehrt.“ Randy lacht: „Außerdem möchte ich dem Publikum die Seite zeigen, die es sonst nie sieht, ich finde sie von der Form her einfach einfach schöner, sie erinnert an die einer Frau.“
Über was sich der gute Randy so alles Gedanken macht!
Sobald es „Showtime“ heißt, legt Randy den Schalter um auf „Stage- Mode“, dann ist er der Showman, der seine Plektren in die Luft wirft, um sie hinter dem Rücken wieder aufzufangen, der seine Gitarre durch die Luft wirbelt oder sie einfach an die Bühnendecke hängt, von wo sie einsam weiterjault. Er springt ins Publikum, spielt mittendrin weiter, liebt den Kontakt mit den Menschen dort, dann schleudert er sich wieder samt Gitarre in einer Rolle rückwärts auf die Bühne. Plötzlich liegt die Gitarre auf dem Boden und Randy traktiert sie mit dem Fuß. Ein anderes Mal schnappt er sich einen Bierkrug oder eine Flasche und schüttelt mal eben ein Slide- Solo aus dem Ärmel. Er schreit, stampft, hüpft, tanzt, springt, rennt über die Bühne. Die totale Verausgabung. Immer in Bewegung! Seine beiden Begleiter Ufo Walter am Bass und Manni von Bohr an den Drums tragen das mit professioneller und hoch musikalischer Gelassenheit. Randy Hansen ist das, was man landläufig eine „wahre Rampensau“ nennen kann. Immer auf Hundertprozent. Und manchmal sogar darüber.
Dabei hat er aber immer alles unter Kontrolle, seine Songs, seinen Sound, seine Gitarre, seine Stimme, die ganze Show. Er gibt dem Publikum genau das, was es von ihm erwartet, die perfekte Jimi Hendrix Illusion.
„Ich bin nicht Jimi, ich bin und bleibe Randy, der diese Musik in Jahrzehnten in sich aufgesogen hat, seine Musik ist einfach zu schade für die Konserve und für die Archive. Ich will, dass sie weiter lebt und dass jüngere Generationen sie auch live erleben können.“
Das sagt dieser Mann, der sein musikalisches Leben hauptsächlich der Musik von Jimi Hendrix widmet. Dabei hat selbst eine Reihe beachtenswerter Titel geschrieben, die er aber bewusst im Hintergrund hält.
Nach der Show ist vor der Show: Nach dem Signieren von CDs und DVDs am Merchandising- Stand und einer Verschnaufpause mit Late- Night- Diner – in der Bonner Harmonie ist das ein Hamburger mit Pommes und etwas Salat „So bin ich extra von Seattle hierher gekommen, um diesen Super- Hamburger zu verspeisen.“ (Zitat Randy) – nach alledem ist es genau er, der seine Verstärker und Boxen zum Van wuchtet und der dann später auf der Ladefläche eben dieses Vans steht und der nach einem ausgeklügelten logistischem System all die Flightcases mit Amps und Zubehör, Drumbags und Gitarrenkoffer verstaut.
Die Türen werden zugeworfen. Von Bonn geht es nach Bremen. Von dort quasi wieder die gleihce Strecke zurück nach Zülpich, um wieder die gleiche Autobahn nach Oldenburg zu nehmen. Darauf geht es nach Freudenburg. Ducsaal. Rauf und runter durch die Republik und manchmal auch quer führt auch diese Herbsttour wieder. Dieses Jahr ist sogar ein Abstecher für ein Konzert nach Moskau auf dem Tourplan. Hier wird aber geflogen.
Und es macht immer wieder Spaß, Randy und seine Band(e) zu sehen, sei es auf der Bühne oder dahinter. Für beste Unterhaltung ist immer gesorgt.
So freue ich mich schon auf die Spring- Tour 2014. Und ich denke, man sieht sich. Irgendwo in Deutschland.