In Finnland herrschen, im Gegensatz zu den anderen Rallyes des Jahres, ganz eigene Gesetze. Dieser WM-Lauf zeichnet sich vor allem durch die Hochgeschwindigkeitspassagen in dichten Wäldern aus und gilt als die schnellste Rallye des Jahres – eine große Mutprobe für Fahrer und Beifahrer.
Die Finnen im Team Volkswagen können es kaum erwarten, bis endlich die Startflagge fällt. Schließlich ist dieser Lauf ein Heimspiel für den WM-Zweiten Jari-Matti Latvala und seinen Beifahrer Miika Anttila. Finnland ist so etwas wie die Wiege der Rallye-WM. Ari Vatanen, Juha Kankkunen oder Tommi Mäkkinen: Sie alle waren extrem erfolgreiche Rallye-Piloten. Mehr als ein Drittel der seit 1979 ausgetragenen Rallye-Weltmeisterschaften gingen auf das Konto von finnischen Fahrern. Die Fans in den Wäldern der finnischen Seen-Landschaft sind verrückt nach Rallye-Sport, wie die Deutschen auf Fußball.
Damit beim Auftritt im Mutterland des Rallye-Sports auch alles glatt läuft, haben sich alle Teams akribisch vorbereitet. Volkswagen stimmte seine Polo R WRC im Rahmen eines fünftägigen Testprogramms ab. Rund 60 Kilometer vom Hauptquartier des finnischen Rallye-Hauptquartiers in Jyväskylä stellten sich die drei VW-Fahrer Andreas Mikkelsen, Jari-Matti Latvala und WM-Favorit Sébastien Ogier auf die Bedingungen der anstehenden Rallye ein.
Dabei kann Ogier glücklicherweise wieder auf seinen Beifahrer Julien Ingrassia zählen. Ingrassia hatte sich nach der Rallye Sardinien vor fünf Wochen beim Radfahren das Schlüsselbein gebrochen. Sein Einsatz für Finnland war fraglich. Erleichtert war neben Ogier im besonderen das Team Volkswagen. „Wir alle sind sehr froh, dass Julien wieder fit und einsatzbereit ist“, konstatierte Motorsportdirektor Jost Capito und weiter: „Für uns war immer klar: Wir gehen kein Risiko ein. Die Gesundheit unserer Fahrer steht immer an erster Stelle. Im Notfall wäre es besser gewesen, dass Julien eine Rallye pausiert, als dass er für längere Zeit ausfällt.“
Für den Franzosen Ingrassia kam eine längere Pause jedoch gar nicht in Frage. „Ich bin unheimlich froh, dass ich rechtzeitig zur Rallye Finnland wieder fit geworden bin. Mein Dank gilt den Ärzten, sowie dem gesamten Volkswagen Team, das mich zu jeder Zeit unterstützt und mir gute Besserung gewünscht hat“, ist er heiß auf den achten Lauf, denn er „kann es kaum erwarten, wieder zusammen mit Sébastien in der Rallye-WM zu starten.“ Für den Fall eines längeren Ausfalls des französischen Co-Piloten hätte Nicolas Klinger bereit gestanden. „Für Nicolas’ engagierten Einsatz bei und seine Bereitschaft, in Finnland notfalls für Julien einzuspringen, möchte ich mich ausdrücklich bedanken“, lobte Jost Capito den jungen Beifahrer.
Jung ist auch die Nachwuchs-Hoffnung bei Volkswagen. Andreas Mikkelsen mischt seit dem vierten WM-Lauf in Portugal im WRC-Zirkus mit. Andreas „hat zwar die geringste Erfahrung mit dem Polo, aber als drittes Fahrzeug kann er in unserer Strategie ein entscheidender Faktor sein“, definiert Motorsport-Direktor Jost Capito die Rolle des norwegischen Fahrers und erläutert dabei die Erwartung, „dass Andreas bis zum Ende der Saison in der Lage sein sollte, anderen Teams Punkte abzunehmen.“ Zur Seite steht Mikkelsen dafür ein sehr erfahrener Beifahrer: Der 32-jährige Finne Mikko Markkula dirigiert den norwegischen Youngster im Polo R WRC mit stoischer Gelassenheit durch die Wertungsprüfungen.
Nach dem ersten Tag der Rallye liegt das Feld dicht beieinander. Weniger als zehn Sekunden trennen die drei Spitzenreiter. Die Führung wechselt stetig zwischen Volkswagen, Citroen und Ford. Regen und glitschige Pisten sorgen für schwere Bedingungen. Ganz wichtig: Bloß nichts durch unüberlegte Aktionen am Auto beschädigen. Am heutigen zweiten Tag liefern sich Sébastien Ogier (VW), Thierry Neuville und Mads Ostberg (beide Ford) einen heißen Kampf um die Spitze. Finnland entpuppt sich zu einem der spannendsten WRC-Läufe des Jahres. Nach neun Wertungsprüfungen von insgesamt 23 sind rund 95 WP-Kilometer absolviert. Rund 230 WP-Kilometer stehen noch aus. Zu diesem Zeitpunkt führt der Schwede Mads Ostberg (Ford) das Gesamtklassement an. Ihm folgen Sébastien Ogier (VW) auf Rang zwei (+ 2,4 Sekunden) und Mikko Hirvonen (Citroen) auf Platz drei (+ 5,3).