In einem globalen Spielcasino, in dem komplett inhaltsleere Zockerpapiere von Banken als “Finanz-Produkte” verkauft werden dürfen, ist praktisch alles erlaubt. Wenn man Geld braucht, erfindet man ein neues “Produkt”. Wichtig ist nur, dass damit Gewinn gemacht werden kann. Das hat auch Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy jetzt verstanden und arbeitet auf einen “virtuellen Kredit” hin, um eine “Rettung” zu vermeiden und so sein Gesicht zu wahren. Die Frage wird am Ende – wie immer – sein, ob Angela Merkel den Daumen hebt oder senkt.
Das Konzept dazu haben “Financial Times” und “Wall Street Journal” aus Madrider Regierungskreisen erfahren. Damit es wirklich jeder versteht, machen wir es ganz einfach: Spanien beantragt beim ESM eine “virtuelle Kreditlinie” – also Milliarden Euro, die zwar zur Verfügung gestellt, aber nicht eingesetzt werden. Rajoy ist überzeugt, dass er diese Kreditlinie ohne grosse Auflagen bekommt, zumal seine konservative Regierung in vorauseilendem neoliberalen Gehorsam schon praktisch alle “Struturreformen” (sprich: Spar- und Kürzungsprogramme) umgesetzt hat, die die berüchtigte Troika auch nur theoretisch fordern könnte.
Das Motto also: “Ihr stellt uns Geld zur Verfügung, das wir gar nicht brauchen, deswegen muss man uns auch nicht mit Auflagen knebeln.” Wenn das so funktioniert, hätte Spanien zumindest eine Art Rettungsantrag gestellt, wenn auch virtuell, der das Land dazu klassifiziert, Hilfe von der Europäischen Zentralbank zu erhalten. Die EZB würde dann temporär im grossen Stil spanische Staatsanleihen kaufen, wie Draghi angekündigt hatte, und Madrid so den Finanzierungsdruck nehmen. Rajoys Regierung hält es sogar für möglich, dass die Zinsen sinken könnten, ohne dass die EZB die Bazooka auspackt, wenn sein Konstrukt funktioniert, weil er hofft, die Investoren könnten dann wieder Vertrauen fassen.
Rajoy ist fest entschlossen, dieses Hilfsersuchen nur dann zu stellen, wenn alle Partner der 17 Euro Staaten zustimmen. Am Ende wird über das Konzept, wie immer, in Berlin entschieden werden, darüber hat man in Madrid keinerlei Zweifel. Bisher ist Angela Merkel nicht begeistert von der Idee, eine spanische “Rettung” vor den deutschen Wahlen durch den Bundestag peitschen zu müssen. Dieser “virtuelle Kredit” müsste jedoch auch im Berliner Parlament behandelt werden.