Rainer Maria Rilke, der 26 Traum

Veröffentlicht am 23. November 2015

Einst notiert, hier der Anfang davon: „Hier fortgenommen und unter einen Glassturz gestellt – „ sagte das junge Mädchen, in das Nebenzimmer zurückgewendet. Dann kam sie ganz herein und schloss die Türe, indem sie sie leise an sich zog. „Claire –„ sagte ich unter dem Zwange des Gefühls, dass alles schon einmal so gewesen war; damals musste man Claire sagen an der Stelle. Aber diesmal zweigte es ab, und zwar so sehr, dass alles zu sagen erlaubt gewesen wäre: Kobalt oder Atemlosigkeit oder Karausche, nur nichts das, nur nicht: Claire. Es war falsch, es war verletzend, es war geradezu unmöglich, in diesem Augenblick Claire zu sagen.

Ich begriff das sofort und verstand es so völlig, dass die Verachtung, mit der das junge Mädchen sich von mir abkehrte, nichts Überraschendes für mich hatte. Ich hörte sie irgendwo eine Lade aufziehen, und etwas später stand sie mit einem Stück Handarbeit am Fenster, hielt es ans Licht, spannte es und sah es mit etwas schief geneigtem Kopfe an. Und so, in dieser Stellung, sagte sie geringschätzend: „Es ist unbegreiflich, dass sie sie nicht küssen wollten.“ Das war nun eine ganz haltlose Stichelei; und ich begnügte mich mit einer kleinen ironischen Gebärde…