RAHI el-SAWI

Von Cousteau
Die saudischen Kampfjets kamen zu spät. Nachdem die Schergen des Islamischen Staates Mekka erobert hatten, stellten sie zwei kleine Camcorder auf und filmten sich dabei, wie sie mit einem Vorschlaghammer auf die Kaaba eindroschen. Die Wahabisten schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, eine Geste, die in Windeseile um die ganze Welt ging. In Europa und sogar in den USA fanden sich tausende Menschen in dieser Haltung auf Demonstrationen gegen Gewalt ein. Es war ein Symbol dafür, dass der Terror durch den Islamischen Staat nichts mit dem Islam zu tun habe.
Der IS schickte seinem Eroberungsfeldzug eine Warnung voraus, der der saudische König nur mediale Drohgebärden folgen ließ, sie aber nicht wirklich ernst nahm. Jetzt blieb es Sache islamischer Gelehrter, durch die Fernseher im Land zu sprechen und zu erklären, dass die Hadsch und das Berühren der Kaaba sehr wohl heilig und im Sinne des Propheten seien. Der IS hatte das Anbeten eines Steines als Gotteslästerung bezeichnet, auf die als Strafe nur der Tod folgen könne.
„So ein Unsinn“, sagte die Lehrerin zu Rahi. Sie hielt ihr am ersten Schultag nach dem Angriff stoisch das Kopftuch hin. Die Ausrede mit der Allergie auf den Stoff hatte nicht geholfen. Dafür aber hatte sich der Gesichtsausdruck der Lehrerin verändert. Er war jetzt viel grober, hässlicher und voller Zorn. Der verbitterte Blick einer Frau, die in den Mauern alles bestimmte, sich auf der Straße aber hinter billigem schwarzem Polyester versteckte. Hinter Stoff, der an allem Schuld sei, brüllte es plötzlich aus Rahi heraus. „Ihr könnt den IS vielleicht besiegen, aber das da“, Rahi zeigte auf das Kopftuch in der Hand der Lehrerin“, wird es machen, dass es immer wieder einen neuen IS geben wird. Und daran wird sich nie etwas ändern!“
-"Rahi" bedeutet Frühling.