Ragna und Tobi meet Christine Neubauer

Erstellt am 18. April 2014 von Cornelia Wilhelm @NiveauKlatsch

Bild: ARD Degeto/Constanza Vablerrama

"Das Erste" zeigt am Sa., den 26.04.2014, den Film "Die Briefe meiner Mutter" mit Hauptdarstellerin Christine Neubauer. Diese verkörpert im Film die Rolle einer Journalistin, die in Konflikt mit ihrer Tochter und ihrer Vergangenheit gerät.
Themen des Films sind u. a. die Suche nach der Wahrheit, die Pinochet-Diktatur und Erinnerungen, die weitestgehend über lange Jahre verdrängt wurden.
Unser Tobi hatte in der letzten Woche die Gelegenheit, sich mit Frau Neubauer über den Film zu unterhalten. Wir bedanken uns sehr herzlich für das nette Gespräch und wünschen euch viel Spaß beim Lesen... und FROHE OSTERN!
Liebst,
Conny
PS.: Weitere Infos zum Film findet ihr hier!


Tobi: "In „Die Briefe meiner Mutter“ spielen Sie die Journalistin Katharina, Mutter der fast 18jährigen Laura. Wie war es für Sie, sich in diese Rolle hineinzuversetzen?" 
C. Neubauer: "Es war sehr intensiv. Zumal Katharina eine politische Journalistin ist. Ich habe mich dem Ganzen auch sehr respektvoll genähert, weil ich diese Art von Journalismus, wo Menschen unter Einsatz ihres eigenen Lebens versuchen, aus Kriegsgebieten für die Zuschauer zu berichten. Wir haben ja vor Kurzem anhand der bekannten Fotografin erlebt, die erschossen wurde, wie dieser Einsatz manchmal bezahlt wird. Ich war dankbar dafür, dass es diese Form von Journalistin ist, die ich darstellen darf. Denn dies sind Personen, die ich sehr bewundere und insofern war es ein Geschenk, diese Rolle spielen zu dürfen. Ihre Filmtochter Laura findet heraus, dass Sie bezüglich ihres Vaters gelogen haben."

Bild: ARD Degeto/Constanza Vablerrama

Tobi: "War der Dreh für Sie sehr emotional?" 
C. Neubauer: "Ja, es war hochemotional. Der Film ist erst im November/Dezember 2013 gedreht worden, somit ist mir der Dreh auch noch sehr nah. Am 26. April wird der Film schon gesendet. Außerdem bin ich wegen meines neuen Lebensgefährten, der die Pinochet Zeit als zehnjähriges Kind erlebt hat, sehr nah an diesen grausamen Geschichten dran. Durch Erzählungen, die der Film natürlich ausgelöst hat, auch für meine Recherchen, befand ich mich zwischen großer Berührung, Gänsehaut, Weinen und einem sich gegenseitigen Auffangen. Ich habe alle Emotionen durchlebt. So habe ich beispielsweise den Text für die Schlüsselszene des Films in dem Folterraum, der auch noch das Originalgebäude war, ganz anders gelernt, als ich normalerweise lerne. Wenn ich Texte lerne, gehe ich sofort mit meiner Emotion in diese Texte. Das war mir in dieser Situation gar nicht möglich, da der Text so grausam ist. Ich musste für mich einen Abstand gewinnen und die Sätze lernen wie Zahlen, damit ich die Emotionen nicht schon beim Lernen zu stark reinbringe."
Tobi: "Die Emotionen müssen doch ganz enorm sein, wenn man in diesen Räumen dreht?" 
C. Neubauer: "Das ist kaum aushaltbar und in diesem Film sind alle meine Tränen echt. In so einem Film muss man nicht spielen, sondern seinen Emotionen einfach freien Lauf lassen. Als Schauspieler hat man diesbezüglich eine große Dankbarkeit, aber auch eine Hochachtung, vor diesen grausamen Geschichten. Ich habe gemerkt, wie viele Traumata von den Menschen, die das dort erlebt haben noch vergraben sind, die dadurch nochmal raus kommen. Ganz viele Menschen, inklusive meines Partners, aber auch andere Personen, aus dem hauptsächlich chilenischen Team, konnten diesen Raum gar nicht betreten. Diese Villa sieht nur harmlos aus, fast schon romantisch anmutend. Es ist jetzt eine Ruine, die noch original so dort steht wie sie verlassen wurde. Insgesamt hat es mir geholfen, dass ich gesagt habe: „Da stehen doch Scheinwerfer drin und wir drehen einen Film!“ Aber diese grausame Realität hat schon an Übermacht gewonnen."
Tobi: "Sie haben gerade von Ihrem Partner gesprochen. Ich habe gesehen, dass Sie bereits zweimal in Chile gedreht haben. Ist das für Sie ein bisschen so, wie nach Hause kommen, wenn Sie nach Chile kommen?"
C. Neubauer: "Ja, gerade Santiago kenne ich sowohl vom Dreh, als auch privat. Wir reisen einmal im Jahr zur Familie meines Partners, die dort lebt. Das ist dann in etwa wie „nachhause kommen“, ist aber Chile an sich ist auch ein unverbrauchtes unglaublich unbelastetes Filmmotiv. Es macht mich sehr glücklich, auch durch Filme nach Chile bzw. Santiago kommen zu dürfen. Ich war auch schon in der Wüste bzw. im Süden Chiles."

Bild: ARD Degeto/Constanza Vablerrama

Tobi: "Finden Sie, dass der historische Hintergrund genügend zur Geltung gekommen ist im Film?" 
C. Neubauer: "Ja, und zwar so, wie es für die Geschichte richtig ist. Wir wollen keine Dokumentation dieser grausamen Ära zeigen, aber sie ist Hintergrund einer hochemotionalen, menschlichen Geschichte, die dann auch zu einem absolut menschlichen Film geworden ist. Aber (Gott sei Dank) wird der Zuschauer am Ende mit einem positiven Gefühl entlassen. Das ist für mich sehr wichtig gewesen. Daher bin ich rundum glücklich, mich nach zwei Jahren, jetzt mit diesem Film als Erstsendung wieder präsentieren zu dürfen. Und mit meinem neuen Arbeitgeber „ARD Degeto“ ist das der Film, mit dem die „ARD Degeto“ auch Frau Neubauer präsentiert."
Tobi: "Hätten Sie sich, im Bezug auf den Film, an Stelle Lauras genauso Verhalten an Ihrem 18. Geburtstag und sich auf die Suche nach Ihrem Vater begeben? Können Sie das nachvollziehen?" 
C. Neubauer: "Ich bin ein sehr impulsiver und sehr emotionaler Mensch. Ich kann es nachvollziehen. Ich hatte ich die Chance, mich im Rahmen einer Ahnenforschungssendung auf die Spuren meiner Familie zu begeben und bin damals auf sehr viele Fragezeichen gestoßen. Sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits gibt es viele Fragezeichen bezüglich der Väter. Ich konnte das nicht lösen, auch nicht mit einer professionellen Ahnenforschung. Aber die Filmfigur Laura kann ihre Chance nutzen. Ich wäre auch impulsiv und würde auf Spurensuche gehen.

Bild: ARD Degeto/Constanza Vablerrama

Tobi: "Würden Sie zum Schutz Ihrer Tochter lügen? Sie haben einen Sohn, aber in der Rolle ist es ja so, dass die Lüge auch im Vordergrund steht?" 
C. Neubauer: "Jede Mutter der Welt würde zum Schutz ihres Kindes lügen. Deswegen stehe ich zu 1000% hinter meiner Filmfigur. Der Film ist so spannend, da Katharina nicht die Chance hat, Laura mit dem Blick eines doch gereiften Menschen zu erklären, was die Wahrheit ist. Ich möchte die Geschichte des Films jetzt nicht vorweg greifen. Aber: jede Mutter der Welt würde für ihr Kind lügen."
Tobi: "Würden Sie sagen, es ist ein typischer Mutter-Tochter-Konflikt?" 
C. Neubauer: Ja, ich denke, dass sehr viele Kinder irgendwann an den Punkt des Lebens kommen, wo sie dann, gerade wenn sie merken, dass ihnen etwas vorgespielt worden ist, auf die Suche gehen."
Tobi: "Ich bedanke mich für das Interview."