Zuerst einmal: Keine Sorge. Auch wenn man mich in den letzten Wochen bei weitem häufiger im Sattel als in den Laufschuhen gesehen hat, werde ich auch weiterhin Laufen. Und da im Herbst noch die Marathons in Berlin und Chicago auf dem Plan stehen, werde ich bald auch wieder anfangen mehr zu laufen. Radfahren macht mir mittlerweile aber fast genauso viel Spaß und das wird sich hoffentlich auch nicht mehr ändern.
Foto: Stefan Rachow // Alpecin
Umso glücklicher war ich deshalb, als das Team von Alpecin Cycling mich vor wenigen Wochen gefragt hat, ob ich nicht ihr Jedermann-Team zum Radklassiker Eschborn-Frankfurt begleiten möchte. WOW! Was für eine Möglichkeit. Gerade, da die Enttäuschung über die Absage des Velothons mich als Berliner immer noch ein bisschen traurig macht. Anstelle von Havelchaussee, Brandenburger Feldern und Siegessäule also Alte Oper, Großer Feldberg und Mammolshainer Stich dieses Frühjahr.
Team Alpecin – das Jedermann-Team
Neben den Radsportprofis im Team Katusha Alpecin untersützt Alpecin bereits seit 2007 ein Jedermann-Team für leidenschaftliche Hobbyradsportler, das Team Alpecin.
Dieses besteht aus Menschen, die eine große Leidenschaft für den Radsport haben und gern darüber auf diversen sozialen Netzwerken berichten. Und das finde ich ehrlich gesagt ziemlich cool. Denn die Liebe zum Radsport ist meiner Ansicht nach kaum in Rennergebnissen, Zielzeiten oder Trainingskilometern abzulesen.
Damit die Mitglieder des Jedermann-Teams - für das man sich jedes Jahr aufs Neue bewerben kann - gut ausgestattet trainieren und an den Start gehen können, werden sie für die Zeit ihrer Mitgliedschaft durch Alpecin komplett von Radtrikot bis Spitzenrad ausgestattet. Nähere Infos zum Jedermann-Team von Alpecin Cycling findest du hier.
Das Team Alpecin vor dem Start (Foto: Stefan Rachow // Alpecin)
Der Radklassiker
Der seit 1962 ausgetragene Radklassiker Eschborn-Frankfurt beinhaltet neben dem in diesem Jahr 187,5 km (3.222 HM) langen Elite- und diversen Juniorenrennen auch drei sogenannte Jedermann-Rennen unter dem Namen Skoda Velotour. Hier haben Einsteiger wie Ambitionierte die Möglichkeit zwischen den Varianten Skyline (40 km, 350 HM - auch ohne Zeitmessung möglich), Express (87km, 1.450 HM) und Classic (100km, 1.700 HM) zu wählen.
Dabei führt jede Strecke zunächst von Eschborn aus ins wenige Kilometer entfernt liegende Frankfurt, wo man durch die Häuserschluchten der Bankenstadt heizt. Nach einer Runde um die Alte Oper geht es raus aus der Stadt in Richtung Taunus.
Bereits nach 31km trennt sich in Oberursel zum ersten Mal die Strecke, sodass die Fahrer der 40 km langen Skyline-Tour ohne große Anstiege zurück nach Eschborn rollen können.
Für die Fahrer der Express- und Classic-Tour geht es weiter in Richtung Großer Feldberg, wo ordentlich Höhenmeter gesammelt werden. Und davon gibt’s auf den beiden langen Strecken wirklich viele, insbesondere bei der 100er Strecke, die den Mammolshainer Stich beinhaltet. Doch dafür entschädigt die Strecke mit beeindruckenden Panoramen von Rapsfeldern, Wäldern und hübschen kleinen Dörfern. Und wen doch die Kräfte verlassen, der kann bei den Streckentrennungen bei Kilometer 31 und 79 auch kurzentschlössen „abkürzen“ und über die jeweils kürzere Strecke ins Ziel fahren.
Die Reise beginnt
Da der traditionell am 1. Mai stattfindende Radklassiker dieses Jahr auf einen Mittwoch fiel, begann meine Reise schon am Dienstag. Dank ICE-Sprinter bin ich in weniger als vier Stunden von Berlin in Frankfurt angekommen und von dort aus war Eschborn dann ein Katzensprung. Praktischerweise war die Startunterlagenausgabe direkt auf dem Gelände des Hotels untergebracht und so konnte ich direkt meine Bib abholen. Wirklich cool fand ich, dass der Startbeutel echt prall gefüllt war, denn das kenne ich von den meisten Laufevents in Deutschland nicht. Denn gefüllt war dieser mit Trinkflasche, Wasser, Apfelschorle, alkoholfreiem Bier, Red Bull und einem Bremslicht von Sigma.
Nachdem ich die Startnummer in den Händen hielt, ging es zum Bikefitting. Durch Alpecin hatte ich die Möglichkeit mit einem mega Rad von Canyon an den Start zu gehen. Shoutout an Sascha und das Team von Alpecin. Meiner Meinung nach ein echt geiles Gerät. Was meint ihr dazu?
Mein Bike für das Rennen
Um sicher mit dem Rad unterwegs sein zu können, stand anschließend eine kleine Ausfahrt mit dem Team an. Schön schon einmal den Mammolshainer Stich abchecken und dann über die letzten Kilometer der Rennstrecke zurück nach Eschborn. Und dieser Ausflug hatte es für mich als Flachlandtiroler schon ganz schön in sich. Denn als Berliner kann ich im Training relativ wenig Höhenmeter sammeln, weshalb ich schon ziemlich gespannt auf die 1.700 HM des Rennens war. Und als ich dann den legendären Mammolshainer Stich kennenlernen durfte, konnte ich ein erstes Gefühl dafür gewinnen, was mich am nächsten Tag 12 Kilometer vor dem Ziel erwarten sollte. Denn bis zu 23% Steigung haben es echt in sich!
Zurück am Camper von Alpecin wurde dann der entspannte Ausklang des Abends mit Pasta und letzter Teambesprechung eingeläutet, bevor es ins Bett ging. Und da der Wecker um 5:45 Uhr klingeln sollte, wollte ich nicht zu spät schlafen gehen.
Blick von Mammolshain Richtung Frankfurt
Endlich Raceday
5:43 Uhr. Bevor der Wecker klingelte, stand ich schon im Bett. Die Nacht war mehr als schlecht. Aber ich bin on fire. Hab‘ Bock. Richtig Bock!
Deshalb schnell ins Outfit gehüpft, ab zum gemeinsamen Frühstück und die letzten Carbs getankt.
Der Start war für 8:45 Uhr angesetzt und gerade einmal 350 Meter von unserem Hotel entfernt. Damit wir ganz vorne aus unserem Startblock 2 starten konnten, ging es schon um 7:30 Uhr los zum Startbereich, da der Startblock ab 7:45 Uhr geöffnet war.
Noch eine Stunde Vorfreude. Und Zittern. Das aber weniger aufgrund der Aufregung, sondern weil es morgens doch noch recht kalt war und ich im Schatten stand. Zum Glück verging diese Stunde aber in entspannter Gesellschaft wie im Flug und mit dem Startschuss brachen die Dämme.
Voll Bock auf den Start! (Foto: Stefan Rachow // Alpecin)
Durch die flache Strecke zu Beginn ging es gleich mit Vollgas Richtung Frankfurt und die erste Gruppe in ähnlichem Tempo war schnell gefunden. Ehrlich gesagt waren wir sogar so schnell unterwegs, dass ich von Frankfurt gar nicht viel mitbekommen konnte und wir die ersten 30 Kilometer hinter uns gebracht hatten, bevor ich so richtig auf Betriebstemperatur war. Das war aber auch nicht schlimm, denn für Sightseeing hatte ich weder Zeit noch Augen. Dafür ging es Laufrad an Laufrad über die Piste.Hoch hinaus!
Und dann kam schon der Anstieg zum 879 Meter hohen Großen Feldberg, vor dem ich richtig Respekt hatte. Und auch noch habe. Allerdings hatte ich mir diesen doch noch wesentlich anstrengender vorgestellt und so kam es, dass ich mit wesentlich mehr Körnern als gedacht in die zweite Hälfte des Rennens gehen konnte. Und die war neben einigen kurzen Anstiegen vor allem durch viele Abwärtspassagen und Serpentinen geprägt, auf denen man mit verhältnismäßig geringem Kraftaufwand richtig Gas geben und Minuten gut machen konnte, die man bergauf verloren hat.
Dadurch kam auch der Mammolshainer Stich immer näher. Bei dem Anblick ist mir das Herz richtig in die Hose gerutscht. <<Ob ich das wohl schaffe oder mein Rad doch hochschieben muss? Egal, wat mut, dat mut. Tritt in die Pedale, Lars!>>
Doch das war richtig hart. Denn nach bald 90 Kilometern sind meine Beine doch schon recht müde gewesen. Zum Glück haben die Leute am Streckenrand für geile Stimmung gesorgt, was es ein kleines Bisschen erträglicher gemacht hat. Und sind wir doch mal ehrlich, vor den hübschen Mädels will sich doch keiner die Blöße geben.
Langsam waren meine Beine aber richtig kaputt. Zum Glück ging es nach weiteren zwei Kilometern dann endgültig Richtung Ziel und nur noch bergab – und das dank Gefälle auch verdammt schnell. Endspurt. Da die Truppe mit der ich unterwegs war ziemlich entspannt und sicher gefahren ist, sind wir alle sicher im Ziel angekommen.
Durch das Ding. Medaille um den Hals. Bier in den Körper. Und das bei bestem Sonnenschein.
Eschborn-Frankfurt, wie geil bist du denn? Ich hatte und habe großen Respekt vor der Strecke. Vor allem aber habe ich richtig Bock hier noch einmal an den Start zu gehen. Immerhin habe ich jetzt eine Benchmark von 3:13h, die ich Unterbieten will. Nächstes Mal mit vernünftiger Vorbereitung, am besten ohne Marathontraining vorab. Und dann wird das Ding in unter drei Stunden gerockt.
Bis dahin schwelge ich aber gern in Erinnerungen und freue mich über die schönen Erlebnisse. In diesem Sinne: Vielen Dank noch einmal an das Team von Alpecin. Die beiden Tage mit euch waren ‘ne Mordsgaudi.
Bestes Wetter - beste Stimmung (Foto: Stefan Rachow // Alpecin)