Radioaktivität

Von Guidorohm

Der Feind ist kein Feind, auch wenn er dich töten wird.
Der Unsichtbare eilt. Er sickert hinab. Er verheizt sich. Er brennt vor Ungeduld.
Kein Strahlenanzug soll ihn abhalten, kein Weinen, auch kein Gebet.
Ihm geht es nicht um Rache.
Schnöde, denkt er nicht.
Er denkt überhaupt nicht.
Er rennt durch den Tag und durch die Nacht. Er taucht hinab ins Meer. Er teilt sich großzügig auf.
Freiheit ist ihm kein Begriff.
Auch der Tod bedeutet ihm nichts.
Ein Wert scheint er den Menschen, der überschritten werden kann. Ihn kümmert das nicht. Er schreitet nicht, er weicht aus in alle Richtungen. Und dies zur gleichen Zeit.
Uhrzeiten sagen ihm nichts.
Blind wirft er sich in die Landschaft.
Drängt.
Sickert.
Folgt.
Gehorsam ist ihm keine Tugend. Nicht einmal ein Wort. Er verweigert sich den Worten.
Er lässt verstummen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Nicht aus Mordlust oder Eigensinn, sondern einzig, weil er seinem Trieb folgt.
Er ist aktiv.
Morgens. Mittags. Abends.
Allzeit bereit.
Die Ewigkeit scheint ihm nicht besonders weit entfernt, zumal die Endlichkeit bereits an die Tür klopft.
Der Autor spricht: Ich. Er sitzt weit entfernt an seinem Schreibtisch.
Der Autor spricht: Ich bin nicht dort.
Trotzdem verortet der Autor sein Ich. Er folgt dem Unsichtbaren.
Ein leichtes Spiel ist das.
Ein Spiel mit der Radioaktivität.
- So können Sie nicht mit dem Schicksal der Menschen umgehen.
- Empathie!
- Scheren Sie sich zum Teufel.
Auch diese Möglichkeit bietet sich dem Autor. Er fährt hinab. Tiefer und tiefer fährt er ein in die Schächte seines Körpers. Dunkle Gestalten wühlen zäh und bauen seinen Körper ab.
Bergarbeiter des Nichts.
- Der Teufel?
- Überall!
- Also auch hier?
Sie arbeiten weiter. Sie lassen ihn stehen.
Aktivität, wohin das Auge blickt. Ein Radio dudelt für die Arbeiter im Hintergrund. Die Musik wird unterbrochen.
Radioaktivität an AKW Fukushima zehnmillionenfach erhöht.
Man kann ihm nicht entkommen.
Dem Unsichtbaren.