Ich lese ein kleines Büchlein des englischen Theologen John Stott: Radical Disciple: Some Neglected Aspects of our Calling. Stott gehört zu den prägend(st)en evangelikalen Theologen im anglophonen Raum des 20. Jh. Er war beispielsweise sehr prägend für die Lausanner Bewegung. Es macht sich gut, meine ich, diesem Mann zuzuhören. In diesem Buch beschreibt er acht Aspekte des geistlichen Lebens, die in evangelikalen Kreisen seines Erachtens zu wenig beachtet werden:
- Nonkonformität — Christen sollten nicht mit dem Strom der allgemeinen gesellschaftlichen Trends mitschwimmen, sondern den Mut haben, eine Antithese zu leben. Christen sind aufgerufen, ein heiliges Leben zu führen. — Wo müsste man konkret anders sein? Stott nennt exemplarisch vier Bereiche
- Die Herausforderung des Pluralismus: Stattdessen sollen wir die „uniqueness and finality of Jesus Christ“ bestätigen und eine Gemeinschaft der Wahrheit sein.
- Die Herausforderung des Materialismus: Stattdessen sollten wir „a lifestyle of simplicity, generosity and contentment“ entwickeln.
- Die Herausforderung des ethischen Relativismus: In einer Zeit, wo alles erlaubt zu sein scheint, wo es keine verbindliche Massstäbe mehr gibt, sollen wir mutig an dem festhalten, was die Bibel als ethische Richtlinien vorgibt. Stott erwähnt exemplarisch die Sexualethik; ich meinerseits würde ganz grundlegend auf den Wert des menschlichen Lebens hinweisen und was sich daraus für ethische Folgen ableiten.
- Die Herausforderung des Narzissmus (Selbstverliebtheit): Stattdessen sollten wir eine „combination of self-affirmation and self-denial“ pflegen. - Christusähnlichkeit — Wir sollen Christus ähnlich sein in seiner Inkarnation (Menschwerdung), in seinem Dienst, in seiner Liebe, in seiner Leidensfähigkeit und in seiner Mission. All dies ist möglich dank des innewohnenden Geistes.
- Reife — Stott diagnostiziert „growth without depth“ in der christlichen Gemeinde. „If Christian maturity is maturity in our relationship to Christ, in which we worship, trust and obey him, then the clearer our vision of Christ, the more convinced we become that he is worthy of our commitment. (…) Nothing is more important for mature Christian discipleship than a fresh, clear, true vision of the authentic Jesus.“
Von diesen drei ersten Aspekten würde ich sagen, Nummer 2 und 3 werden wenigstens theoretisch hochgehalten. Aber Nummer 1 wird m.E. viel zu wenig thematisiert, wird viel zu wenig radikal angegangen. Es besteht grosser Handlungsbedarf!
(Fortsetzung flogt)