Brav gemacht
„Collaboration of international artists“ – im ACUD Berlin um den australischen Künstler Adam Read. Als Vorlage dient hierzu einerseits “Picknick am Wegesrand” von Arkadi und Boris Strugazki - und Stalker von Andrei Tarkowski.
Nach kurzem Vorspiel im Vorderhof des ACUD (routinierter Performance-Witz: ein Darsteller klettert in einen Kanalisationsschacht, einige Passanten erschrecken) folgt nach einer Wartezeit in Länge der eigentlichen Performance (vermutlich eine bewusst gesetzte, aber anstrengende, völlig unnötige Akklimatisierung an die „Zone“) leider schon der beste Teil des Abends: das Publikum muss Formulare ausfüllen, wird mit barschen Kommandos am Schalter (schon Teil der Performance) in „stalker“, „tourist“, „scientist“ eingeteilt. In Sprachfetzten mit russischem Akzent (Yakov Smirnoff) und einer Brechstange werden die Besucher durchleuchtet, schließlich per Fahrstuhl in die „Zone“ geleitet.
Die mulmige Vorfreude auf einen bizarren Entwurf der „Zone“ soll nun aber bald abflauen, wird uns diese eher eintönig vorgeführt: man kennt vielleicht jene Spukhäuser, in denen man einen Raum betritt, ein Schausteller in Aktion tritt, dieser schließlich erstarrt oder wieder im Dunkel verschwindet, man nun in den nächsten geht (so die eigentliche Dynamik entsteht) – und von vorn: bis man endlich am Ausgang angelangt ist. Ähnlich funktioniert „Radiant“.
Zuerst aber konstruktiv: Das Wenige an Spannung wird, wie man anfänglich vermuten mag, durch die besondere Atmosphäre, auch durch die kreative Vielfalt an Installations und den äußerst interessanten Sound Mix erzeugt. Tatsächlich kann ein quantitativer Einfallsreichtum hier wirklich nicht bemängelt werden, wurde offensichtlich auch großzügig Zeit in den Aufbau investiert.
Der genaue Blick mag aber enttäuschen: als stellvertretendes Beispiel genannt, versucht die simple Skizze geometrischer Radianten kryptisch zu wirken —, und so lässt einen der Abend mit einer ruchlosen Leichtigkeit, einer unverschämten „Trübe“ in künstlerischen Ausführungen zurück.
Diese „Zone“, will man meinen, hat nicht genug an Härte, ist nicht ernst genug um zu gefallen, um eine Auseinandersetzung zu provozieren – es wird gespielt und Spiel bleibt es, zu brav und teils lächerlich-dekonstruktiv scheitert selbst der klarste Versuch einer tatsächlichen Vivisektion des vermeintlich Befremdenden dieses Panoptikums. Und gerade jene meisterhafte Kunst in Metaphern, wie wir sie nun an den eingängigen Bildern von Stalker bewundern, muss hier reine Hülle bleiben, ist nichts als Oberflächlichkeit in der Konstruktion. So greift die Performance Motive der Vorlagen nur sehr trivial und unordentlich auf (zeigt uns eine fast falsche Interpretation des Tempos Tarkowskis), gibt uns weder Höhen noch Tiefen, bietet uns schließlich eine kaum zu entwirrende, äußerst diffuse Symbolik (die also keiner irgendwie gearteten narrativen Struktur dient).
„Radiant“ entwirft mit außerordentlich viel Liebe zum Detail ein trashiges Figurenkabinett mit sowjetischem Charme, schrill-postapokalyptische Grotesken – aber dabei bleibt es. Mit einer „powerful examination of what it is to be human“ wurde also wesentlich zu viel versprochen, doch lässt sich die vorgeführte Panzertape-Ästhetik vielleicht auf die ganze Performance ausweiten: Dramaturgisch und als wirklich gelungene Adaption zwar ein „Pfusch“ und dennoch funktioniert es irgendwie, hält es zusammen – und zwar mit besonderem Stil. (Und Witz.)