Nummer 1 und Nummer 2 haben heute den Übungsdurchgang für die am Freitag anstehende Fahrradprüfung.
Sie hatten bereits in der dritten Klasse der Grundschule eine Fahrradprüfung – nein, nur Nummer 1 hatte eine, denn Nummer 2 hat sich die Dritte ja gespart. Aber sie meckerte trotzdem über die dämliche Prüfung und das blöde Radeln.
Jedenfalls hätte ich zu diesem Anlass alle Kinder frühmorgens ins Auto packen und das Fahrrad schrumpfen müssen, damit es auch noch Platz fände, um alles morgens zur Schule und mittags zurück zu befördern. Netter Weise kam der Opa heute Morgen mit seinem Fahrradtransporterkofferraumanhängdingsda und half mir aus, indem er die beiden plus das Rad (mit dem sie sich für die Prüfung abwechseln um nicht zwei Räder anschleppen zu müssen) zu chauffieren. Freitag tut er das dann noch einmal.
Niemand hier liebt das Radeln, obwohl eine der Lehrerinnen an der Schule Nummer 2s Unwillen gegenüber dieser Radsportveranstaltung wie folgt kommentierte:
“Also wenn man am Niederrhein wohnte, dann muss man ja wohl ein Fahrrad besitzen und viel radeln!”
Echt jetzt? Ich sehe komischer Weise hier kaum Kinder radeln. Erwachsene schon und alle sechs Monate mal ein Grüppchen älterer Kinder oder eben kleine Kinder, die auf dem Laufrad wuseln, während Oma daneben spaziert. Ich bin hier nicht hergezogen, damit ich mal so richtig doll radeln kann. Vom Radeln krieg ich immer Ohrenschmerzen, weil meine Lauscher Wind hassen. Und es strengt mich an und ich finde jeden Sattel unbequem und bin langsam wie ‘ne Schnecke. Dabei kann ich locker drei Stunden Zumba am Stück – aber auf dem Rad bin ich spontan 95 Jahre alt.
Ich erinnere mich gut an meine Fahrradprüfung der vierten Klasse. Irgendwie bin ich leider “falsch herum” (bin umerzogene Linkshänderin, da ist manches “verdreht”) abgestiegen und der nette Polizist, der uns auf dem Schulhof um sich herum radeln ließ sagte:
“Tja, als Flasche der Nation darfst du jetzt noch mal eine schöne große Extrarunde drehen. Vielleicht schaffst du es ja dann, von einem Fahrrad abzusteigen.”
Heute Morgen in der Früh entlud sich mein Fahrradzwangsveranstaltungsfrust dann:
Ich: “Was für eine unzeitgemäße Veranstaltung. Als ich Kind war, da machte das ja noch Sinn – da sind wir alle fahrradgefahren, wenn wir irgendwohin wollten. Aber jetzt? Es bräuchte andere Prüfungen in den Schulklassen. Solche, die zum Alltag der Kinder passen.”
Nummer 2: “Was denn für welche?”
Ich: “Zum Beispiel eine Auf-dem-Rücksitz-von-Mamas-Auto-Sitzprüfung oder eine Irgendwann-fahre-ich-nachmittags-alleine-mit-dem-Bus-Prüfung für alle ab 16 Jahren oder auch eine FSK18-Spiel-Prüfung für eure sechste Klasse. In Letzterer lernt man dann zum Einen, wie man bei GTA diesen einen Typen richtig foltert, so dass der nicht dauernd in Ohnmacht fällt und bekommt die homosexuellen Vergwaltigungsandrohungen erklärt, die der Hillbilly mit der Halbglatze von sich gibt. Und zum Anderen lernt man noch, wie man die ganze Gewalt verarbeitet, der man sich beim Spielen aussetzte.”
Nummer 2 griff wortlos nach ihrem Fahrradhelm. Nicht, dass sie GTA spielen würde – Gott (oder in diesem Fall eher ihre gute psychologische Selbsteinschätzung) bewahre – aber vielleicht verblasste angesichts meiner Genervtheit ihre eigene und wich einem Hauch Motivation. Oder sie wollte einfach nur weg :D