Rachsucht ist wesentlicher Bestandteil slawische Mentalität.
Man glaubt als Slawe nicht richtig gewonnen zu haben, wenn einer der Feinde noch lebt. Seit Urzeiten bereits. So ist – nur um ein Beispiel zu nennen – die rachsüchtige Olga eine Heilige der orthodoxen Kirche.
Was Rachsucht bewirken kann, wurde uns staunenden Abendländern bereits am Beispiel von Michail Borissowitsch Chodokowski, vorgeführt. Und je mehr der Westen rief “Unrecht!”, desto größer schien die Freude mancher Russländer, einen vermeidlichen Delinquenten vorzuführen.
Teil 2 der Lehrstunde zum Thema “Slawische Rachsucht” findet derzeit in der Ukraine statt. Angeklagt ist die Jeanne d’Arc der Orangen Ereignisse, beginnend im November 2004 Julia Timoschenko (ukrainische Transkription Julija Tymoschenko), die sich nun, völlig zu Unrecht wie sie meint, vor ein Tribunal gezerrt sieht.
In dem kleinen überfüllten Gerichtssaal herrschten chaotische Zustände.
„Ich erkenne dieses Gericht nicht an“, erklärte Julia T.
Insbesondere einer der Vorwürfe ist absurd. Julia Timoschenko soll verurteilt werden, einen für die Ukraine ungünstigen Liefervertrag für Erdgas mit der Russischen Föderation ausgehandelt zu haben. So als ob sie seinerzeit nach Russland geflogen ist, um die Herren Putin und Medwedjew zu bitten: “Rebjata, macht doch das Gas a bissel teurer, wir Ukrainer zahlen gerne drauf”
Zurück zum Ernst:
„Ich will keine politische Einschätzung des Falls abgeben. Aber die Bedingungen im Gerichtssaal sind unmenschlich“
(José Manuel Pinto Teixeira, EU-Botschafter in Kiew)
Timoschenko könnte im Falle einer Verurteilung auch von der Parlamentswahl 2012 und der Präsidentschaftswahl 2015 ausgeschlossen werden. Was wohl auch beabsichtigt ist.
Spiegel-online (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,770304,00.html) fasst die dem Vorwurf zugrunde liegende Geschichte zusammen:
…
Hintergrund der aktuellen Vorwürfe gegen Timoschenko sind die Auswirkungen des sogenannten Gaskriegs zwischen Russland und der Ukraine. Moskau drehte dem Nachbarland im Januar 2009 den Hahn zu, stellte die Gaslieferungen ein, weil man sich wieder einmal über den Lieferpreis nicht einig war. Die Russen hatten 450 Dollar pro 1000 Kubikmeter verlangt, die klammen Ukrainer hielten 235 Dollar für angemessen.
Aber kurz darauf die Überraschung: Es kommt zum Waffenstillstand, der damaligen ukrainischen Ministerpräsidentin Timoschenko gelingt in Moskau ein Coup. Von einem Treffen mit dem russischen Regierungschef Wladimir Putin bringt sie einen Zehn-Jahres-Vertrag über die künftigen Gaslieferungen mit nach Hause. Das Zugeständnis des Russen: ein Rabatt von 20 Prozent auf den Weltmarktpreis.
In Moskau werden allerdings noch zwei weitere Dokumente mit Anlagen unterschrieben, von denen die Öffentlichkeit lange nichts erfährt. Sie betreffen den Zwischenhändler RosUkrEnergo, kurz RUE genannt, über den die Gasgeschäfte zwischen Russland und der Ukraine bislang laufen. Bislang war das RUE-Geschäftsmodell simpel: Das Unternehmen kaufte billiges Gas aus dem zentralasiatischen Turkmenistan und ließ es vom russischen Staatskonzern Gazprom bis an die Grenze der Ukraine liefern. Dort wurde der größere Teil günstig an den ukrainischen Staatsbetrieb Naftogas weitergereicht, die andere Menge zum Weltmarktpreis an europäische Kunden durchgeleitet. Den Rest des ukrainischen Bedarfs lieferte Gazprom über RUE aus russischen Quellen.
Nutznießer waren alle: Die Ukrainer konnten durch diesen Cocktail Gas zu einem günstigen Preis beziehen, die Russen hielten nach außen hin an Weltmarktpreisen fest, und für den Zwischenhändler RUE fielen satte Gewinne ab.
Die Gesellschaft gehört zu 50 Prozent Gazprom, also den Russen. 45 Prozent hält der ukrainische Oligarch Dmitrij Firtasch; die restlichen 5 Prozent ein Partner. Firtasch ist zu diesem Zeitpunkt der bedeutendste Finanzier des damaligen Oppositionsführers Janukowitsch, des größten Timoschenko-Gegners – und heutigen Präsidenten.
Im Januar 2009 haben sowohl Timoschenko als auch Gazprom erhebliches Interesse daran, Firtasch aus dem profitablen Gasgeschäft auszuschalten. Der russische Monopolist Gazprom sitzt zwar zusammen mit ihm in der RUE und hat bisher beim lukrativen Gasverkauf auf den Westmärkten gut mitverdient, aber er ist Anfang 2009 in einer misslichen Lage: Die Exportgewinne bei Gas sind eingebrochen. Gazprom braucht Geld, Firtasch aber schuldet dem Konzern 1,7 Milliarden Dollar – für Gas, das Moskau bereits geliefert, das der Oligarch aber erst mal in ukrainischen Speichern zwischengelagert hat. Er will es nach Polen und Rumänien exportieren.
Bei den Verhandlungen in Moskau vereinbaren Timoschenko und Putin: RosUkrEnergo muss weg. Acht Stunden dauern die hitzigen Debatten, dann finden die Unterhändler tatsächlich einen Weg, den Zwischenhändler auszuschalten: Gazprom überträgt die Schulden von RUE auf den ukrainischen Konzern Naftogas, der die 1,7 Milliarden an Moskau zahlt; dafür erhält Naftogas den Zugriff auf jene elf Milliarden Kubikmeter Gas, die Firtaschs RUE in den staatlichen ukrainischen Speichern gelagert hat. Die Regierungen in Moskau und Kiew, so die Abmachung, wollen in Sachen Gas künftig direkt miteinander verkehren.
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