Wie ich im vorletzten Artikel berichtete und bewies, sind die ’68ern so ziemlich an allem schuld, was schiefläuft, was liegt also näher, endlich mal Revanche zu nehmen? Das dachte auch Eva Herman, und so sorgten wir dafür, dass Rainer Langhans ins Dschungelcamp musste. Ganz ohne sanften Druck ließ er sich nicht dazu bewegen, aber was tut man nicht alles, um der ausgleichenden Gerechtigkeit etwas nachzuhelfen?
Letztendlich muss ich aber sagen, dass das Experiment nicht als gelungen anzusehen ist. Das liegt nur an diesen verdammten ’68ern und ihrer schluffigen Mentalität. Und an Sarah „Dingens“ Knappik, die es wagte, Rainer die Show zu stellen. Die 24-jährige Blondine, einigen vielleicht bekannt aus GNTM (mir nicht, weil ich das nicht gucke), wurde von den Zuschauern für fast alle Prüfungen nominiert. Währenddessen konnte Herr Langhans im Camp den lieben langen Tag vor sich hindösen… pardon: meditieren. Als Luxusartikel hatte er sich eine Kopfstandbank („das ist kein Stuhl“ wurden wir im Laufe der Sendung von ihm belehrt; diese ’68er sind ja solche Besserwisser) mit ins Camp gebracht.
Und nicht nur, dass Sarah „Dingens“ Knappik bei den meisten Prüfungen mehr oder weniger versagte („Oh Gott, ich habe drei Mehlwürmer getötet! Ich liebe doch Tiere!“), sofern sie nicht von vornherein die Teilnahme verweigerte, nein, auch im Camp rappte sie und verteilte Weisheiten, so dass Storys aus den wilden ’68ern kaum erzählt und gezeigt werden konnten. Ich glaube ja, dass die ’68er auch an Sarahs Existenz schuld sind. Hätten die nicht den ganzen Sexkram ingange gebracht, gäbe es sie vielleicht gar nicht. So mussten wir uns folgende Weisheiten anhören:
- „Ich habe vor nichts Angst, nur vor der Toilette.“ (Aaah, Killer-WCs im Camp??? Wenn ja, haben die aber keine gute Arbeit geleistet.)
- „An meinem Körper ist hundert Prozent alles umsonst!“ (Auch das Gehirn, man merkt’s…)
- “Nur wer gelitten hat, der kann erst mal das Schöne genießen!“ (Klassiker, neu aufgelegt.)
- “Manche Leute sagen, ’Ach ja, Wetter ist halt scheiße, kann ich nix dran ändern’, jeder einzelne kann was verändern in der Welt!“ (Oh, toll, nie wieder Schneekatastrophen und Dürreperioden!)
- “Nicht jeder wurde als Arschlochkind geboren. Der eine ist nur verlorengegangen und der andere ist gewachsen!“ (Was? Hä? Berlusconi ist nicht verlorengegangen, der ist nur in Italien. Und falls bestimmte FDP-Politiker gemeint sind, ja, das kann sein, dass der Arschlochfaktor bei denen gewachsen ist. Aber was ist das hier überhaupt für eine beschissene Ausdrucksweise? Sind wir hier bei den ’68ern, oder was?)
- “Die sehen dich alle sexuell, die sehen gar nicht den Menschen und das ist halt die Strafe mit der ich leben muss irgendwie!“ (Und da regen sich einige auf, wenn Menschen verhungern. Das ist ja wohl ein Peanutsproblem im Vergleich zu Sarahs Strafe. Da stimmt doch die Gewichtung nicht, daran sind nur die ’68er schuld.)
- “Wenn du ein hübscher Mensch bist, wirste abgestempelt, haste halt kein Charakter, biste dumm!“ (Ja, ich sehe das Problem, und deswegen rufe ich Euch zu, liebe Welt: Ich bin hässlich, also bin ich charakterstark und intelligent! Jetzt Weltherrschaft für mich und alles wird gut!)
Seht Ihr, wie diese Frau sich in Szene gesetzt hat? Rainer musste nur eine Prüfung durchstehen: Ein Bad in einem gläsernen Sarg mit tausenden von Kakerlaken. Nur war das nicht mal eine Strafe für ihn, denn wir alle wissen ja, dass Kakerlaken die ’68er der Tierwelt sind, also hat man sich prächtig verstanden! Ja, wo ist denn da die Rache? Das brachte Eva und mir alles keinen Spaß. Abends am Lagerfeuer erzählte er dann, dass er ja alles mit der Uschi Obermaier versucht hätte, ihr hätte das ja gereicht, aber ihm wäre das nicht genug gewesen. Ja, mir hätte das glaube ich auch ganz schnell gereicht… Da kann man die Uschi verstehen. Später erfuhren wir dann noch, dass er sie zu Mick Jagger gebracht hätte, damit die beiden, also Uschi und Mick, Sex haben konnten. War es der Uschi dann doch nicht genug mit dem Rainer? Das wirft ja Fragen auf, deren Antworten keinen interessieren und daher dringend geklärt werden sollten. Vielleicht könnte man Uschi zum nächsten Camp einladen, damit sie uns alles erzählt.
Trotz Sarah „Ich bin überall Mittelpunkt“ gelang es den Fernsehmachern, Rainer Langhans komplett nackt beim Baden zu zeigen. Das war sicher nicht schwer, da die ja überall ihre Kameras hatten… Diese Szene wurde jedenfalls mit Wonne immer wieder eingeblendet, da schien jemand Gefallen an dem Rainer gefunden zu haben. Für 70 Jahre hat er sich gut gehalten, kann man nicht anders sagen, auch wenn er kein Rahm E. ist.
Zwischendrin immer mal wieder meditieren und wertvolle Haushaltstipps: Er besitzt nur einen Teller, einen Topf, ein Glas usw., welches er so sauber wie möglich leckt und dann ggf. nur ein bisschen abwischt. Da spart man glatt den Abwasch. Zum Essen einladen lassen möchte ich mich bei ihm nicht unbedingt. Und ich dachte schon, dass ich die Königin der P*tzvermeidung sei…
Zu großer ’68er Form lief er kurz vor seinem Abgang auf, als er in einer beinahe therapeutischen Gesprächsrunde analysierte, warum Sarah K. (die sich mittlerweile mit ihrem Verhalten ins absolute Campabseits geschossen hatte, da staunte selbst der FCB) so reagierte, wie sie halt reagierte. Sie hatte nämlich Jay unterstellt, dass er vorm Camp bei ihr gewesen wäre und vorgeschlagen hätte, dass die beiden eine Liebesgeschichte vortäuschen sollten. Jay war empört und stritt alles ab. Diagnose Langhans: Sarah sei in Jay verliebt gewesen. Das alles wurde natürlich in epischer Breite dargelegt, da war nix von meinen Behandlungsmethoden, wie Ihr sie aus meinen Sprechstunden kennt (kurz und bündig, zack und weg). Dieses Gequatsche, wo sind da die guten alten deutschen Tugenden geblieben, so was einfach mal mit gezielter Gewalt… ich meine, wenn man schon im Dschungel ist… totale verweichlichte Gesellschaft… alles Schuld der ’68er… Drama, Baby, Drama… Wo war ich? Es hat mich eben kurz vor lauter Entrüstung aus der Spur getragen.
Und Führungsstärke? Null. Niemals von einem ’68er. Als Rainer Teamchef war, setzte er auf die totale Selbstorganisation. Das hatten wir in diesem Land auch schon mal anders. An dieser Stelle brach Eva Herman weinend zusammen, ich hörte sie schluchzend etwas von „so wären nie Autobahnen gebaut worden“ stammeln. Jeder sollte es im Camp also machen wie er wollte. Disziplin Fehlanzeige. Kein Wunder, dass zur Zeit überall wie verrückt rumrevoltiert wird, der ’68er Bazillus ist überall, sogar in Ägypten, wer hätte das gedacht.
Zwischenzeitlich keimte Hoffnung bei Eva und mir auf. Rainer entschied sich, eine Nahtoderfahrung zu machen, und stellte die Nahrungszufuhr ein. Er wollte einfach mal wissen, wie das ist, „ganz unten mit dem Körper“ zu sein. Viel zu essen gab’s im Camp eh nicht, da Sarah fast alle Prüfungen versemmelte, aber Langhans verschmähte 3 Tage sogar den guten Reis und die Bohnen. Natürlich war das alles ein guter Vorwand für seine Faulheit, im Camp kaum Aufgaben zu übernehmen. Angeblich hätte er ein „schlechtes Gewissen, weil er zur Gruppensituation nichts beitrage“. Typisch, die arme Gruppensituation konnte wieder sehen, wie sie klarkommt.
Vorm Hungertod wurde dann jedenfalls doch wieder was gegessen und er fühlte sich gleich besser. RTL hätte wohl einen Hungertod auch nicht zugelassen, das wäre zwar ein schöner Skandal gewesen, aber dann wohl doch eine Spur zu negativ für diese Sendung, die ansonsten in deutschen Feuilletons hoch gelobt wurde.
Tja, Ihr seid sicher mit mir einer Meinung, dass das noch nicht optimal war. Eva und ich sind enttäuscht, dass dem ’68er nicht so richtig die Ladung getrimmt wurde. Nicht mal seine Frisur hat stark gelitten. Wir werden uns nun zurückziehen, um im Rahmen eines „Brainstormings“ neue Maßnahmen zu entwickeln. Dabei wird die meiste Arbeit eh wieder an mir hängen bleiben, denn „Brain“ ist bei Eva ja eher wenig vorhanden… Für alle anderen heißt es, wachsam zu bleiben, denn 2068 kommt bestimmt, und dann müssen wir vorbereitet sein!
(Ich ärgere mich übrigens richtig, dass Rübenbrei TV nicht auf die Idee mit dem Dschungelcamp gekommen ist, aber da wir unser Programm nach dem Motto „Besser schlecht geklaut als gut eigenentwickelt“ gestalten, freut Euch schon jetzt auf die Sendung „Das Schweinestallcamp — ich bin ein FDP-Politiker, holt mich jemand raus? Nein, wohl kaum!“ Das wird der Kracher! Feuilletonisten, haltet Eure Griffel bereit, um Lobeshymnen zu verfassen! Enthusiasmus pur ist geboten!)