Hach ist das spannend! Ich bin ja so aufgeregt!
Gestern das Rennen in Oceanside hat einmal mehr gezeigt, dass man auch – und wahrscheinlich GERADE – als Profi sehr aufpassen muss, was man wie kommuniziert, kommentiert und publiziert. Der erste richtig große Showdown des Jahres beim IM 70.3 im kalifornischen Oceanside. Frodo nach einem ziemlich vergurkten Wettkampfjahr 2017 mit dem ultimativ demütigenden Marathon-Marsch in Kona (aber gefinisht, Respekt!). Und auf der anderen Seite der berühmt-berüchtigte Lionel Sanders, der im vergangenen Jahr so fast alles gewann, was es zu gewinnen gab (außer der Krone von Kona, die ihm Patrick Lange durch einen unfassbaren 2:39 h-Marathon noch abluchsen konnte). Ich muss gestehen: Auch ich konnte mir nicht vorstellen, dass Frodo hier gute Karten hätte gegen den „Colonel“. Sanders selbst ist mittlerweile einer der best-dokumentierten Triathleten auf dem Planeten (beispielhaft hier eines seiner vielen Training-Videos auf seinem YouTube-Kanal). Er ist nicht gerade zurückhaltend was seine Kommunikation betrifft (und das nicht nur für deutsche Verhältnisse). Er macht Ansagen am laufenden Band und ist mega-offen, was seine Trainingsleistungen betrifft.
Trainings- vs. Wettkampfleistung
Und hier kommen wir zum springenden Punkt. Einer der in der Business-Welt am häufigsten zitierten Management-Vordenker ist Peter Drucker und hier vor allem sein Spruch „What get’s measured get’s done“. Und obgleich ich ihn ansonsten sehr schätze und viele Gedanken teile, sehe ich das hier – wie der geneigte Leser weiß – mal wieder ganz anders. Keine Frage: In bestimmten Bereichen und bestimmte Menschen betreffend können Zahlen extrem hilfreich sein. Aber am oberen Ende der Food Chain (gleich ob bei den Top-Profis oder ambitionierten Amateuren) sehe ich immer wieder das selbe Muster. Da sind viele, viele Athleten, die regelmäßig hervorragende Trainingsleistungen abliefern und dokumentieren. Top-Zahlen in Speed, kardiovaskuläre Daten oder Watt-Werten. Und dann im Rennen: Fehlanzeige! Bitte jetzt nicht falsch verstehen: Lionel’s Leistungen (immerhin persönlicher Streckenrekord) waren super. Aber von dem Hype, den er entfachte, musste man annehmen, dass 2018 kein einziger Langdistanz-Athlet auch nur annähernd seine Leistungen erreichen könnte. Und dann die volle Demütigung von Frodo, der in allen drei Disziplinen schneller war (ja, allen drei!).
Die Matrix
Wie in anderen Lebensbereichen auch, gibt es im Sport so etwas wie gesellschaftliche Konditionierung, das, was ich „die Matrix“ nenne. Im Sport – und hier besonders gut im Triathlon – kann man das recht gut an der „herrschenden Meinung“ der Trainingslehre erkennen, wie sie vor allem auch in Verbandstrukturen abgebildet wird. Wo Übungsleiter heran gezüchtet werden, die zwar in der Theorie alles verstanden haben, die alle möglichen Lehrbücher runterbeten können, denen es aber an jeder Trainingspraxis mangelt. Die weder über die Sensibilität im Umgang mit Athleten (Menschen!), noch über das nötige Know-how der menschlichen Psyche und deren Einfluss auf Trainings-, vor allem aber auch Wettkampfleistungen verfügen.
Auf der anderen Seite des Spektrums sind all jene Athleten, die ohne jeden Plan oder Ziel „einfach so in den Tag hinein trainieren“. Ich halte das eine, wie das andere Extrem für gefährlich. Wie immer im Leben erscheint „ein gesunder Mittelweg“ der rechte Weg zu sein. Ich sehe halt nur in der Praxis, dass die (typisch deutsch übrigens!) rein Zahlengläubigen keinerlei Gefühl für ihren Körper, Geschwindigkeiten oder wahrgenommene Anstrengung entwickeln und gerade in emotionalen Renn-Momenten einfach richtig schlechte Entscheidungen treffen. Und sich dessen meist noch nicht einmal bewusst sind.
Und wie schon so oft auf diesem Blog geschrieben: Am Ende des Tages zählt (zumindest für die Profis und ambitionierten Amateure) einzig und allein die Wettkampfleistung, nicht welche spektakulären Wattwerte Du auf der Rolle gedrückt hast oder welchen neuen atemberaubenden 1500 Meter Freistil-Rekord Du aufgestellt hast.
Advertisements &b; &b;