Auch der diesjährige Räbeliechtli-Umzug in Albisrieden ist wieder Geschichte. Und auch dieser Umzug hat mich emotional mitgenommen – doch auf eine andere Art und Weise als Ihr jetzt wohl denken mögt.
Der allererste Umzug mit unserem kleinen Grossen war der weitaus berührendste: zu sehen, wie sich die Räbeliechtli in seinen neugierigen Augen spiegelten und sein Gesichtchen freudig erstrahlen liessen, erfüllten mein Mutterherz mit Glück. Der letztjährige Umzug, an welchem der Grosse zum ersten Mal mit seinen Kindergarten-Gspänli unterwegs war, war der herzzerreissendste: ihn mit seiner Räbe alleine ziehen zu lassen und die Eindrücke des Umzugs nicht mit ihm direkt teilen zu können, bereitete mir grosse Mühe. Immerhin konnte ich dies letztes Jahr noch mit dem Kleinen tun, der – zu jung für den Kindergarten – noch zusammen mit uns Eltern am Umzug mitzottelte.
Dieses Jahr waren nun beide unabhängig von uns unterwegs. Mit den Räben, die ich am Vorabend noch für sie geschnitzt hatte, an der Hand marschierten sie stolz los. Der Grosse drehte sich nicht einmal mehr nach uns um, der Kleine lächelte uns nochmals kurz an, widmete sich aber sofort wieder seinen Freunden.
Was nun? Irgendwo am Strassenrand warten, bis sie vorbei liefen? Oder vielleicht lieber die Gunst der Stunde nutzen und mit dem Familienoberhaupt etwas „Ausgangsstimmung“ geniessen? Bei diesem Gedanken verflog meine ganze Melancholie nullkommaplötzlich und nur wenige Minuten später sassen wir schon im Eyhof. Ja, schon etwas übel, dass so tiefe Gefühle mir nichts dir nichts durch elementarste Bedürfnisse übertüncht werden können. Aber wisst Ihr was? Wir waren längst nicht die einzigen Rabeneltern, die für einmal den Anblick von Bier und Wurst jenem von noch so schön verzierten Räben vorzogen!
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Schlimm? Oder okay?