es gibt ja Bücher, die lassen einen nicht mehr los. Bücher, die nahe an der historischen Wahrheit, einen Bezug zu real existierenden Orten herstellen, gehören oft dazu. Da packt es mich und mein Reisefieber, und ich möchte die Umgebung der Buchhandlung sehen. Also nicht die Umgebung vom Bücherladen um die Ecke, sondern die Orte, wo im Buch beschrieben werden.
Eines dieser faszinierenden Büchern der letzten Jahre war:
"Wir Ertrunkenen" von Carsten Jensen
... Klick zum Buch ...
Es ist ein Buch, welches in kein Klischee passt. Als erzählt der Großvater seinen Enkeln alte Geschichten vom Dorf, von der Insel,der Seefahrt, vom Leben als Seemann und vom Leben der Frauen an Land. Die Geschichten fangen 1848 mit Laurids Madsen an, ein Seemann, der Frau und Kinder zurückläßt. Irgendwann bleibt er auf See, niemand weiß um sein Schicksal. Seine „Witwe“ ist in guter Gesellschaft, vielen Frauen aus Marstal geht es gleich. Im Erzählton wird der Bogen gespannt bis in die heutige Zeit. „Wir Ertrunkenen“ schildert mit wenig Emotionen, wie die verschiedenen Kriege, die Welt im Würgegriff hatten. Das Buch erzählt aber vorallem von der Seefahrt ohne Romantik, wie Segelschiffe von den Dampfschiffen abgelöst wurden, wie die Neuzeit langsam Einzug hielt und das Leben der Menschen von Marstal veränderte. ... Fiction ganz nah an der Realität ....
Die Dänen und ihre "Insel der Seefahrer"
Die Dänen waren im 18 und 19. Jahrhundert eine der führende Nationen im Welthandel. Vorallem die Neufundland-Flotte, wo mit Segelschonern Klippfisch und Holz nach Europa und Südamerika verfrachtet wurde, war für das kleine Königreich rießig. Bis zu 400 Segler (zwei- und Dreimaster) waren Ende des 19. Jahrhunderts allein in Marstal zuhause.Dazu unzählige kleinere Fracht- und Fischerboote ... Nebenbei bemerkt, waren die Dänen schon 500 Jahre vor Kolumbus in Amerika. Auch wenn sie da noch Wikinger hießen.Kommt mit mir mit nach ...
... Marstal auf der Insel Ærø in der dänischen Südsee ...
Allgemeines: Ærø (Ärö) ist eine Moräneinsel am Anfang des Kleinen Beltes (Lillebælt). Sie ist knapp 30km lang und 8 km breit. In 3 kleinen Städten und ein paar Weilern wohnen 5000 Insulaner. Ærø ist eine maritime Insel mit stolzer Seefahrtstradition, die auch heute noch lebt..
Aktuelles: Durch den demographischen Wandel und die Insellage werden neue Bewohner gesucht. Natürlich frische, junge und dynamische Menschen. Deshalb gibt es auch eine extra Zuzugsbevollmächtigte und eine Testwohnung, um erstmal zu sehen, ob das dauerhafte Inselleben auch familientauglich ist. Sehr sympathisch,die Dänen.
Anfahrt: Die genaue Position auf der Erdkugel ist: 54°51,38“ N, 10°23,49“ O. (Für alle die mit dem Boot mal selber rüberfahren, über die Ostsee.) Alle anderen kommen zwangsläufig auch mit dem Schiff. Mit der Fähre genau genommen. Zum Beispiel von Mommark. Recht klapprig die Fähre, und verhältnismäßig groß für den kleinen Hafen. Aber was ein richtiger Kapitän ist, der bekommt das Dingens schon durch die Einfahrt gewuppt ...
Klein & Groß: Das großartige an der Dänischen Inselwelt ist ja das "Kleine". Alles irgendwie klein und putzig. Nur das Meer und die Strände nicht, die sind verschwenderisch groß .... Man kann das Rauschen des Meeres und die dänische Ruhe fast körperlich spüren ....
kleiner Hafen von Mommark - Fähre nach 54°51,38“ N, 10°23,49“ O
Herbst Idylle in Mommark am Hafen
Von Mommark mit der kleinen Fähre nach Ærø:
Wir nähern uns der Insel von der unspektakulären Seite. Da wo nahezu nichts ist. Nur weite Weideflächen, alte Windmühlen und der Golfclub an der südwestlichsten Inselspitze. Steilhänge, Deiche, salzige Luft und Skjoldnæs Leuchtturm und drum herum der Golfplatz. Umrahmt von drei Seiten Meer. Toll.erster Blick auf die Insel in der dänischen Südsee - im Oktober :-)
Der Golfplatz um den Leuchtturm Skjoldnæs
Es gibt ganze drei "Städte" und Häfen auf Ærø:
Ærøskøbing, Søby und eben das legendäre Marstal.
Wobei, bei gerade mal 5000 Einwohnern und einigen kleinen Dörfern, die Städte nicht allzu groß ausfallen. Aber Stadtrecht ist Stadtrecht, da kennen die Dänen nix. Nix kennen die Wikinger-Nachfahren auch nicht beim Hissen des Dannebrog vor den Häusern. Der schmale Wimpel darf dabei Tag und Nacht hängen, die große Fahne muß vor Einbruch der Dunkelheit runter. Wer nicht zuhause ist, hißt nichts. Das nur nebenbei für Einbrecher erwähnt.Wimpel zur Windrichtungsestimmung - Tag und Nacht im Einsatz
Dannebrog zum Hißen bei Feiertagen oder Familientagen
Der größte Ort und die heimliche Hauptstadt ist Marstal im Osten. Hier ist der Hafen, Reedereien, kleine Werften und die Seefahrtschule ansäßig. Und hier spielt auch die Geschichte " Wir Ertrunkenen". Viele Ecken zeugen noch von der großen Vergangenheit. Die Schifferkirche mit ihren Schiffsmodellen, das Schifffahrtsmuseum in der Prinsengade und die moderne Nautische Schule. Kurzum: Marstal ist ein gemütliches Städtchen mit schmalen Straßen und Gassen und so vielen knuddelig, herzigen Häuschen, daß man gleich einziehen möchte. Die lange Hafenmole mit dem Kalkofen schützt vor dem Ostwind. Sie wurde von 1825 bis 1841 von den Seeleuten der Stadt errichtet und später noch einige Male ausgebaut
Historisches Zentrum der Insel ist die malerische Stadt Ærøskøbing mit ihren engen Gassen und denkmalgeschützten Fachwerkhäusern aus dem 18. Jahrhundert. Ein großer Platz und rundherum die Geschäftshäuser. Natürlich putzig. Leider war bei unserem Besuch Sonntag und alles zu.
Der größte Fischereihafen ist in Søby an der Nordspitze der Insel.
Haus in Marstal
Hier muß der Bürgermeister gewohnt haben - ist ziemlich groß
Badehäuschen am Strand von MArstal
Auch Geschäfte sind so winzig, daß Mann gerne was runterschmeißt ...
Das Schifffahrtsmuseum in Marstal
ist ein langer Besuch wert. Liebevoll zusammengetragen, ist das Museum mehr ein Sammelsurium vergangener Tage. Es gibt so immens viel zu sehen, fast wie in einem Trödelladen, wo jedes Teil seine Geschichte erzählen kann. Es gibt so viel zu schauen, und man kann sich richtig in den Alltag von damals hineinversetzen. Zusammen mit dem Buch "Wir Ertrunkenen" ist eine Zeitreise vorprogrammiert ... Kinder können auf einem liebevollen Seemannsspielplatz toben, und dann Buddelschiffe kuken, an einer alten Schiffsbrücke lenken ....
Bau eines Frachten-Seglers in Marstal (Großbild)
Kombüse auf einem alten Frachtensegler - Autsch heiß
Matrosenleben ....
Blick in ein Kapitänshaus anno dazumal ...
Bonavista - der letzte Neufundland-Schoner
Ja und dann ist da noch die Museumswerft. Hier wurde einer der letzten Neufundlandschoner in einem Sozialprojekt originalgetreu nachgebaut. Besucher konnten die Fortschritte live miterleben. 2012 war dann das große Spektakel des Stapellaufs.
Die "Bonavista" - originalgetreu nachgebaut: Bild 2011
Stapellauf der Bonavista in MArstal - © YACHT/Michael Müller
Die dänische Südsee im November
Unter Umständen ist es kalt, aber dafür ist die Luft so klar, das Meer riecht viel salziger aber trocken, derWind pfeifft richtig um die Ohren, das Möwengeschrei dringt ungestört durch und das Gefühl von Abenteuer und großer Fahrt spürt man in allen Poren.Und genau dafür gibt es ein windgeschütztes Eck in Lee, dann ist es mild und fast ein Alt-Weiber-Herbst. Man packt den Picknik-Korb aus und mampft ein echt dänisches Smørrebrød oder ein Bauernmädchen im Schleier aus dem Glas ....Und zur Verdauung schnell am Strand spazieren gehen, macht warm und happy ...
Perfekter Herbst in Dänemark ... Touristen sind eher wenig, aber hartgesottene Däninnen gehen morgens gern schwimmen - bei 14 ° Wassertemperatur. Alle Achtung, da hat Cellulite keine Chance!
Fischerhafen auf Langeland
einsam am Strand in der dänischen Südsee ....
Notiz fürs Logbuch:
November-Wind kann sehr kratzbürstig sein,Puppenstubenhäuschen versetzen einen in die Vergangenheit undfrüher war´s auch nicht besser, aber anders.Nichts kann Ärö das Wasser reichen .... (Offizielle Seite von Ärö)
Urlaub in Dänemark ....
Visit Denmark
Lang lebe Bonavista