Quo vadis EKD?

Jahrhundertelang bestand der wesentliche Unterschied zwischen evangelischer und katholischer Kirche in der Rechtfertigungslehre. Die Katholiken glaubten, man werde durch den Tod Christi und eigene gute Werke erlöst, während Protestanten glaubten, Letzteres sei zur Erlösung nicht notwendig. Doch das scheint sich jetzt zu ändern.
Zwar wurde schon 1999 in Augsburg die 'Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre' von Vertretern beider Kirchen unterzeichnet, aber selbst darin hieß es noch: „Die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung Christi sind Grund und Voraussetzung der Rechtfertigung.“ Mit der Wahl von Nikolaus Schneider zum neuen EKD-Ratsvorsitzenden deutet sich diesbezüglich aber eine Wende an.
Bereits im letzten Jahr, nachdem Burkhard Müller, der ehemalige Bonner Superintendent, in einer öffentlichen Radioandacht an der Bedeutung des Kreuzestodes Jesu gezweifelt hatte und eine theologische Diskussion um dieses Thema entbrannt war, meldete sich auch Nikolaus Schneider zu Wort. Und zwar war von ihm folgendes zu hören: „Gott braucht kein Sühneopfer, denn es muss ja nicht sein Zorn durch unschuldiges Leiden besänftigt werden.“
In der Tat klingt Schneiders Begründung nicht nur angenehmer als die konservative Interpretation der Kreuzigung Jesu, sondern auch sehr einleuchtend. Nachdem der rheinische Theologe aber dennoch die Wichtigkeit der 'Botschaft vom Kreuz' betont hatte, stellt sich natürlich die Frage, was mit dieser Formulierung gemeint sein kann. Nun, ganz wörtlich verstanden handelt es sich dabei ja zunächst einmal um die Aussagen, die vom Gekreuzigten selbst stammen. Und laut Johannesevangelium waren die letzten Worte Jesu am Kreuz: „Es ist vollbracht.“ (Johannes 19,30)
Interessant dabei ist, dass an dieser Stelle im altgriechischen Urtext lediglich ein einziges Wort steht und zwar τετέλεσται. Dieses Wort dürfte den damaligen Lesern keineswegs unbekannt gewesen sein. Es war nämlich üblich, „τετέλεσται“ auf Schuldscheine zu schreiben, sobald die Schuld bezahlt war. Das Wort brachte somit zum Ausdruck: es ist vollbracht, es ist vollständig bezahlt worden, der Schuldner ist fortan schuldfrei. Die Interpretation des Kreuzestodes Jesu als Sühneopfer liegt also durchaus nahe.
Aber zugegeben, ein schöner Gedanke ist das nicht. Der Apostel Paulus nannte das Kreuz Christi wohl nicht umsonst ein „Ärgernis“ (Galater 5,11). Insofern ist durchaus verständlich, dass Schneider das Leiden Christi gerne so verstanden haben will: „als Zeichen für Gottes Liebe und Solidarität, als Symbol für das Mitgehen Gottes mit uns durch den Tod hindurch.“
So attraktiv dieses Statement auf den ersten Blick auch wirken mag, so suspekt wird es doch auf den zweiten. Denn wenn Gott sich doch ohnehin schon so uneingeschränkt solidarisch erklärt, warum lässt er das Leiden seines Sohnes bzw. das Leiden allgemein dann überhaupt zu?
Sicher, auch die konservative Theologie kommt an der Theodizee-Frage nicht vorbei, aber widerspricht nicht Schneiders Aussage überdies sämtlichen christlichen Bekenntnisschriften wie z.B. dem Nicänischen Glaubensbekenntnis, in dem es explizit heißt: „Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus“?
Glücklicherweise erkannte aber bereits Martin Luther: „Konzilien können irren und haben geirrt.“ Und eben weil er das erkannt hatte, formulierte er ja auch den entscheidenden Eckpunkt evangelischer Theologie, der da lautet sola scriptura, allein die Schrift. Demnach muss man ja lediglich die Heilige Schrift fragen, wie sie den Tod Jesu deutet. Und so lautet die Antwort: „Und weil Jesus Christus den Willen Gottes erfüllt und seinen eigenen Leib als Opfer dargebracht hat, sind wir jetzt ein für alle Mal geheiligt.“ (Hebräer 10,10)

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