QualityLand | Marc-Uwe Kling

Von Livereadlove

Titel: QualityLand

Autor: Marc-Uwe Kling

Format: Hardcover

Preis: 18 €

Seitenzahl: 381 Seiten

Verlag: Ullstein

ISBN: 978-3-550-05015-2

Bewertung:

Inhalt

In QualityLand läuft alles rund. Die Digitalisierung ist vorangeschritten und alles ist perfekt auf dich abgestimmt: deine Arbeit, deine Freunde, dein Partner – wirklich alles passt perfekt zu dir. TheShop weiß längst was du dir wünschst, bevor du einen Gedanken zu Ende gedacht hast und das System irrt sich niemals. Bis Peter Arbeitsloser etwas zugeschickt bekommt, das er nicht haben will. Und damit beginnt ein rasantes Abenteuer quer durch QualityLand.

Durch mein Studium und eine Studienleistung, die ich erbringen muss, bin ich dazu gekommen „QualityLand“ zu lesen. Es ist mein erstes Buch von Marc-Uwe Kling gewesen und ich habe wirklich nicht erwartet, dass es mir derart gut gefallen würde.

Zunächst möchte ich noch ein paar Worte zu dem Buch an sich sagen: es gibt zwei unterschiedliche Ausgaben zu kaufen. Eine weiße Ausgabe für die Optimisten und eine schwarze Ausgabe für die Pessimisten. Ich habe mich für die schwarze Ausgabe entschieden, denn ich habe einen kleinen Hang zur Dunkelheit.. Der Unterschied ist jedoch nicht nur das aussehen, sondern auch die Werbeeinschübe, die es ab und zu in der Geschichte gibt. In meinem Buch sind sie sehr negativ und zeigen das, was man von einer solchen Welt wohl eher erwarten würde. Die weiße Ausgabe hat da viel positivere Werbung, welche auch online nachgelesen werden kann (die Werbung der dunklen Ausgabe gibt es auch online zu lesen, wenn ihr die helle Ausgabe besitzt).

Der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr leicht gefallen. Mit viel Humor bringt es Marc-Uwe Kling fertig, mich in eine scheinbar perfekte Welt einzuführen und stellt mir nach und nach die handelnden Personen vor. Deutschland heißt nicht mehr so, denn QualityLand klingt doch viel besser. Ein Algorithmus, der sogenannte German Code, rechnet all das aus, was man für sein Leben braucht. Dating-Apps gibt es in dem Sinne nicht mehr, denn der perfekte Partner wird direkt vorgeschlagen. Sollte es dann aus irgendwelchen Gründen doch nicht funktionieren, bekommt man direkt eine Alternative vorgestellt. All das und noch viel mehr bietet QualityLand und die Antwort auf alle Fragen in diesem fortschrittlichen Land heißt: O.K.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Peter Arbeitsloser. Arbeitsloser ist deshalb sein Nachname, weil sein Vater zum Zeitpunkt des Zeugungsaktes arbeitslos war. So setzen sich die Nachnamen der Menschen in QualityLand zusammen und bieten damit natürlich direkt Potential für soziale Unterschiede. Wer „Arbeitsloser“ als Nachname heißt, bekommt keinen tollen Job in irgendeinem Büro. Peter besitzt einen kleinen schmuddeligen Gebrauchtwarenladen mit Schrottpresse. Ausgediente Maschinen werden zu ihm gebracht und er verwandelt sie in einen Klumpen Metall.. sollte man meinen. Doch aus einem Akt der Gnade heraus, gewährt er den fehlerhaften Maschinen ihr Leben bei ihm zu verbringen und sperrt sie alle in seinen Keller.
Eine Literatur-Androidin mit Schreibblockade, ein Sexdroide mit echten Gefühlen, eine Drohne mit Flugangst, ein vorlautes Pinkes QualityPad und ein Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung.
Als Peter von TheShop etwas zugeschickt bekommt, das er überhaupt nicht haben möchte, beginnt das Abenteuer, in dem all seine geretteten Roboter ihre kleine Rolle bekommen.

„Jeder lebt in seiner eigenen Welt. Im digitalen Raum ist das nicht nur eine Floskel. Es ist wortwörtlich wahr. Du lebst in deiner eigenen Welt. Eine Welt, die sich konstant dir anpasst.“ (S. 203)

Schon die Ausgangssituation hat etwas furchtbar Komisches an sich. Peter, der sich eigentlich ganz gut ins System einfügt, beginnt zu rebellieren, weil sein Leben eben irgendwie nicht so läuft, wie er es sich vorgestellt hat. Er ist nicht glücklich, obwohl er, laut German Code, doch genau das hat, was er sich am meisten wünscht.
Diese Darstellung hat mir sehr gut gefallen. Marc-Uwe Kling zeigt deutlich, dass, egal wie perfekt eine Welt auch erscheinen mag, es immer jemanden gibt, der aus der Reihe tanzt und sich eben nicht wohl fühlt. Es ist leicht sich seinem Schicksal zu fügen aber muss das um jeden Preis geschehen? Peter findet nein und genau das hat mir gefallen. Er möchte sich beschweren, er möchte zurückgeben was ihm geschickt wurde und er möchte sein Profil verändern. Schließlich scheint da irgendetwas nicht zu stimmen, wenn ihm etwas geschickt wird, das er überhaupt nicht haben möchte.

Dass unter der Oberfläche noch sehr viel mehr steckt, erkennt man spätestens nach dem ersten „Werbeeinschub“. Marc-Uwe Kling beschreibt eine Gesellschaft, wie sie heute bereits teilweise genau so schon existiert. Es gibt Situationen, die genau so, doch längst stattfinden können und bringt den Leser dadurch dazu, sich über sein eigenes Leben, das Konsumverhalten, die Nutzung von irgendwelchen Apps und den Gläsernen Menschen Gedanken zu machen. Schließlich weiß das Internet anscheinend sehr schnell und sehr gut, für was man sich so interessiert. Schließlich bekomme ich meistens irgendwelche Buchvorschläge in der Werbung angezeigt und finde es mittlerweile gar nicht mehr gruselig, dass genau die Bücher angezeigt werden, die ich als letztes irgendwo gesucht habe.
Genau das geschieht auch in QualityLand und Marc-Uwe Kling bringt es auf den Punkt, wenn es darum geht etwas auf die Spitze zu treiben. Schließlich kandidiert gerade ein Androide für das Präsidentenamt. Wollen die Menschen das? Wollen sie von einer Maschine angeführt werden?

Ich bin komplett aufgegangen in dieser Welt, in der Geschichte um Peter und in der mehr oder weniger unterschwelligen Gesellschaftskritik, die Kling sehr gut in seinem Buch verpackt. Es hat mir großen Spaß gemacht Peter zu begleiten, auch wenn mir QualityLand weniger sympathisch war. In einer solchen Welt möchte ich eigentlich nicht leben, obwohl wir letztlich wohl nicht mehr ganz so weit davon entfernt sind.

Eine nette Parallele, die ich erst nach dem Hörbuch der „Känguru-Chroniken“ komplett verstehen konnte, ist, dass das vorlaute QualityPad Pink genau das Verhalten aufweist, welches das Känguru eben auch hat. So hat auch dieses einige schöne Auftritte in QualityLand, was mir im Nachgang noch viel besser gefällt. Vor allem, wenn man die allerletzte Seite des Buches liest. Eine tolle Idee und für die Fans der „Känguru Chroniken“ wirklich toll.

Fazit

Ein Buch, das mit viel Witz, Übertreibungen und einem sehr eigenwilligen Protagonisten zum Nachdenken anregt. QualityLand spiegelt teilweise sehr nah unsere Gesellschaft wider und die Richtung, in die wir eventuell steuern könnten. Beim lesen kann man die Kritik an der Digitalisierung deutlich heraushören und auch, dass man sich dem eigentlich überhaupt nicht entziehen kann. Dieses Buch ist für mich mehr als nur O.K. und deshalb eine große Empfehlung.