Von Stefan Sasse
Ich habe in der Vergangenheit öfter daraus hingewiesen, dass die Verschwörungstheorien über eine große, orchestrierte Medien-Kampagne gegen die LINKE und für eine neoliberale Agenda übertrieben ist. Ein FDP-Abgeordneter namens Joachim Günther springt mir darin jetzt ungewollt bei: er hat einen offenen Brief veröffentlicht, in dem er sich über die Medienhetze gegen die FDP beklagt, ihre schlechten Umfragewerte auf eben diese Hetze zurückführt und zum Boykott kritischer Medien aufruft. Gott, klingt das vertraut. Aber hören wir ihn im Original:
Aber auch Günther verwechselt Ursache und Wirkung. Die Kritik an S21 wurde erst virulent, als die Regierung Mappus schlau genug war, Kinder und Rentner von der Straße zu sprühen. Die jüngsten Shitstorms über die LINKE brachen nach Glanzleistungen wie dem Glückwunschtelegramm an Castro und den "Wegen zum Kommunismus" aus. Wer Steilvorlagen liefert, der braucht sich nicht zu wundern, wenn die Medien darauf anspringen. Es klappte ja auch umgekehrt lange, als die Parteien aus der Opposition mit markigen Sprüchen die Große Koalition attackierten. Jetzt finden sie sich am kürzeren Ende wieder, und sie entdecken, wie verkommen der Medienbetrieb doch ist, was besonders für die FDP eine neuartige Überraschung darstellt. Aber ehrlich, Jungs, ihr habt es selber verkackt. Verwunderlich ist nicht die andauernde Negativ-Berichterstattung, sondern dass es so lange gedauert hat. Das macht dieses Medienverhalten keineswegs besser, und ich bin der erste, der eine etwas sachlichere Berichterstattung freudig begrüßen würde. Aber ich habe auch noch wenige Linke zur Verteidigung der FDP springen sehen. Es ist nämlich meistens so lange ok, wie man davon profitiert - das war bei der FDP selbst auch nicht anders. Und so lange das so ist, werden solche Beschwerden auch ins Leere laufen.
Ich habe in der Vergangenheit öfter daraus hingewiesen, dass die Verschwörungstheorien über eine große, orchestrierte Medien-Kampagne gegen die LINKE und für eine neoliberale Agenda übertrieben ist. Ein FDP-Abgeordneter namens Joachim Günther springt mir darin jetzt ungewollt bei: er hat einen offenen Brief veröffentlicht, in dem er sich über die Medienhetze gegen die FDP beklagt, ihre schlechten Umfragewerte auf eben diese Hetze zurückführt und zum Boykott kritischer Medien aufruft. Gott, klingt das vertraut. Aber hören wir ihn im Original:
Pressehetze ignorieren? Ich bin so frei!
Wer in den vergangenen Wochen und Monaten die Medien verfolgt hat, muss sich eine Frage stellen: Was ist bloß in und mit unserer Gesellschaft los? Da ist der nicht immer glücklich handelnde Bundespräsident, den die Journalistenmeute wie einen räudigen Fuchs über sämtliche Titelblätter und durch alle Fernsehsendungen hetzt, weil er Vergünstigungen in Anspruch genommen haben soll. Und ich frage mich, wer von den Hetzern fährt sein Auto nicht zum Sondertarif oder nutzt nicht die Presse-Rabatte der Reiseanbieter, der Technikhersteller etc.? Und wer von Ihnen einmal auf der Internetseite www.pressekonditionen.de war, wird sich sicher ebenfalls fragen, wie viele der Steinewerfer nicht im Glashaus sitzen. Auf dem Gipfel der Dreistigkeit Bettina Schausten, die seit 2010 das ZDF-Hauptstadtstudio leitet. Sie fragte den Bundespräsidenten doch tatsächlich, warum er für eine Übernachtung bei Freunden nicht 150 Euro zahle. Sie täte das immer.
Entschuldigung – sind Frau Schaustens Freunde alle im Hotelgewerbe oder streichen sie das Geld schwarz ein? Die Medien mit linksgrüner Hysterie-Berichterstattung werden immer mehr zur 1. Gewalt im Staat. Sie konnten uns vorübergehend suggerieren, dass man in Deutschland nicht einmal mehr einen neuen, modernen Bahnhof bauen darf. Von verschiedensten Brücken-, Straßen-, Stromtrassen-Bauvorhaben ganz zu schweigen. Sie konnten uns auch einreden, dass in Deutschland keiner mehr günstige Energie aus einem Kernkraftwerk haben will. Ich bin schon heute darauf gespannt, was diese Journalisten erzählen, wenn die Strompreise im Zuge der Energiewende drastisch steigen. Wir als FDP halten eine Finanztransaktionssteuer für sinnvoll, aber nur dann, wenn sie in ganz Europa eingeführt wird. Es brächte nachweislich Nachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland, wenn sie nur partiell – etwa in den Ländern der Eurozone – eingeführt würde.
Deshalb sträuben wir Liberale uns gegen die Pläne der Bundeskanzlerin. Was war in den Headlines der Zeitungen zu lesen? „FDP torpediert Merkels Zocker-Steuer“. Aus meiner Sicht eine bewusste Irreführung der Leser. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Experten, die eine Einführung der Finanztransaktionssteuer selbst in der Euro-Zone für nicht durchsetzbar halten. Wir müssen aufpassen, dass wir hier kein Hornberger Schießen veranstalten.
Ähnliches gilt für die Vorratsdatenspeicherung. Möchte die Mehrheit in unserem Land wirklich zum gläsernen Menschen werden? Werden die bestehenden Gesetze konsequent angewendet, könnte schon jetzt die Kriminalität entschiedener bekämpft werden. Ich zum Beispiel bezweifele, dass das Zwickauer Terror-Trio eher aufgeflogen wäre, wenn die zuständigen Sicherheitsbehörden noch mehr Daten zur Verfügung gehabt hätten.Wer stoppt diesen Kampagnen-Wahnsinn? Solange wir als Zeitungsleser, Radiohörer und Fernsehzuschauer uns weiter so an der Nase herumführen lassen, wird sich nichts ändern.
Solange werden uns weiter in der Hauptsache Negativschlagenzeilen vorgesetzt und Berichte, die den Hauch eines Skandals haben – aus der Welt- und Bundespolitik übrigens ebenso wie aus dem lokalen Geschehen. Wo sind die Berichte darüber, dass es 2011 in Deutschland 41 Millionen Erwerbstätige gab – so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht, oder darüber, dass es 8 Milliarden Euro Überschüsse in den sozialen Sicherungssystemen gibt? Darüber, dass jeder Deutsche 2012 durchschnittlich 413 Euro mehr Geld in der Tasche haben wird? Darüber, dass sich Lehrer aufopferungsvoll um ihre Schüler und deren Bildung bemühen? Reichen uns für diese Themen zehnzeilige Randnotizen, hingegen wir „Prügelskandale“ in deutschen Schulen oder Vergehen von Politikern als Aufmacher mit Bild sehen wollen? Wie schnell sind bei uns vorschnell Verleumdungskampagnen losgetreten, die am Ende nicht gerechtfertigt sind, aber jede Menge persönliches Leid verursachen.
Was ist geworden aus dem Dichter- und Denkerland Deutschland, dem Land des Fortschritts und der Entwicklung? Ein Land des Stillstands, des Pessimismus und der Panikmache. Das suggerieren uns zumindest die Medien. Wie der Ruf nach Politikern vom Format früherer Politgrößen immer lauter wird, sollte auch der Ruf nach Journalisten nicht ausbleiben, die ihren Beruf so verstehen und ausüben wie zum Beispiel Hanns Joachim Friedrichs. Schon Wächter, Beobachter, Berichterstatter, aber nie Nachrichtenmacher.
Nun kann man unmoralische und unfähige Journalisten nicht einfach zum Rücktritt auffordern. Wohl aber kann man Zeitungen abbestellen, Radio- und Fernsehsender nicht mehr einschalten. Ich bin sicher, dann würde sich einiges ändern im medialen Bereich. Das erfordert aber Einigkeit unter den Konsumenten und ein gewisses Maß an Werten. Aus meiner Sicht geht es um Humanität, Demokratie und Selbstachtung. Wir müssen wieder zurückfinden zu einem anständigen, fairen Umgang miteinander. Und wir sollten uns fragen, ob die Unzufriedenheit, die sich in unserem Land breit gemacht, die Neid und Pessimismus geboren hat, tatsächlich angebracht ist für eine Staat wie Deutschland, der wirtschaftlich und sozial eine Spitzenposition in der Welt einnimmt.
Stellen wir uns als Liberale an die Spitze einer Bewegung, die das Positive, das wir in unserer Gesellschaft haben, wieder mehr in den Vordergrund rückt!
Joachim GüntherKlingt das nicht genau wie die üblichen Beschwerden der LINKEn über die bösen, bösen Medien? Es ist natürlich frappant, dass Günther das erst auffällt, seit er am kürzeren Ende solcher medialen Hetzjagden steht. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er sich über die völlig überzogene Berichterstattung über Klaus Ernsts Ferienhaus und Porsche beklagt hätte. Und klar, die Medien haben sich auf die FDP inzwischen übel eingeschossen und lassen praktisch kein gutes Haar an der Partei, selbst wo das - etwa im Fall der Vorratsdatenspeicherung, der sich die FDP hartnäckig verweigert - durchaus angebracht wäre. Und diese Kritik ist auch berechtigt. Nur ist es eben auffällig, wie sehr die Reaktion sich gleicht. Offensichtlich ist bei Günther die Hutschnur geplatzt, und ich kann mir nur unvollständig ausmalen wie es sein muss, täglich mit negativer Berichterstattung konfrontiert zu sein. Da wirft man dann gerne alle als Mitglied einer einzigen Verschwörung in einen Topf, ob als Protagonisten der neoliberalen Revolution und willige Handlanger von Bertelsmann, oder ob als "linksgrüne Hysterieberichterstattung".
Aber auch Günther verwechselt Ursache und Wirkung. Die Kritik an S21 wurde erst virulent, als die Regierung Mappus schlau genug war, Kinder und Rentner von der Straße zu sprühen. Die jüngsten Shitstorms über die LINKE brachen nach Glanzleistungen wie dem Glückwunschtelegramm an Castro und den "Wegen zum Kommunismus" aus. Wer Steilvorlagen liefert, der braucht sich nicht zu wundern, wenn die Medien darauf anspringen. Es klappte ja auch umgekehrt lange, als die Parteien aus der Opposition mit markigen Sprüchen die Große Koalition attackierten. Jetzt finden sie sich am kürzeren Ende wieder, und sie entdecken, wie verkommen der Medienbetrieb doch ist, was besonders für die FDP eine neuartige Überraschung darstellt. Aber ehrlich, Jungs, ihr habt es selber verkackt. Verwunderlich ist nicht die andauernde Negativ-Berichterstattung, sondern dass es so lange gedauert hat. Das macht dieses Medienverhalten keineswegs besser, und ich bin der erste, der eine etwas sachlichere Berichterstattung freudig begrüßen würde. Aber ich habe auch noch wenige Linke zur Verteidigung der FDP springen sehen. Es ist nämlich meistens so lange ok, wie man davon profitiert - das war bei der FDP selbst auch nicht anders. Und so lange das so ist, werden solche Beschwerden auch ins Leere laufen.