BMW Welt
München, 25. Juni 2013
Nachdem recht schnell geklärt war, warum sich Frank Ocean für seinen europäischen Tourauftakt gerade die BMW-Welt in München ausgesucht hatte, blieb nur noch zu klären, wo genau er dort seine Fans empfangen wollte. Durfte man sein Pilsfläschchen vielleicht auf einem der blitzenden Ausstellungsmodelle im Showroom platzieren, sich am Ende sogar in einen der trendigen SUVs hineinfläzen, während der R’n’B-Shootingstar durch’s Programm führte? Mitnichten – es wurde dann doch das multifunktionelle Auditorium im architektonischen Schmuckkästchen, in welchem der stolze Autohändler Ocean zusammen mit seiner sechsköpfigen Band präsentierte. Noch vor einem Jahr hatte er ja seine geplante Tour durch Europa aus dem Kalender gestrichen, weil er sich dringend um sein neues Album „channel ORANGE“ kümmern mußte – heute weiß man, dass diese Entscheidung so falsch nicht gewesen sein kann, katapultierte ihn dieses Werk doch vom Sidekick der Wolf-Gang zur stilprägenden Figur eines sich gerade wieder neu erfindenden Genres und nebenbei zum mehrfachen Grammy-Gewinner.
Das aufgeregte, überwiegend junge Publikum in München erwartete den Ausnahmekünstler mit einer Wand aus emporgereckten, hungrigen Smartphones – Ocean wiederum brachte das nicht eben kleine Kunststück fertig, alle Anwesenden mit seinem doch recht sanftgestimmten, sehr emotionalen Soul in kürzester Zeit hinter sich zu bringen. Spätestens „Novocane“ vom Debüt-Mixtape „Nostalgia, ULTRA“ ließ erkennen, dass der leidenschaftliche Schmachtgesang, den Ocean im Moment wie kein Zweiter im Repertoire hat, nicht nur ganz ohne die halbstarke Attitüde seiner Buddies Tyler The Creator und Earl Sweatshirt auskommen, sondern auch als Glücksbringer funktionieren kann. Der Hype ist also berechtigt, die reichen Kinder (unten) bejubeln „Super Rich Kids“ (oben), „Sweet Life“, „Crack Rock“, „Forrest Gump“, allesamt textsicher begleitete Songperlen. Darüber, dass Ocean solch ein Konzert als One-Man-Show anlegt, kann auch die kurze Vorstellung seiner Liveband nicht hinwegtäuschen – manchmal hätte man sich die Musiker dennoch näher an der Bildmitte gewünscht.
So aber blieb der Fokus hauptsächlich auf den Wunderknaben aus New Orleans gerichtet, als ständiger Begleiter der Performance blieb ihm nur die Rückansicht seines orangefarbenen „dream cars“ in Endschlosschleife – man hätte zu gern gewußt, ob er das Filmchen selbst hatte mitbringen müssen oder ob dem Konzern hierfür ein Griff in den Fundus genügte. Die wirklich überragenden Stücke (es hatte zuvor auch neues, bislang unveröffentlichtes Material gegeben – siehe pitchfork) gab’s am Schluß des Abends – ein herzerweichendes, ganz in rot getauchtes „Bad Religion“, „Pink Matter“ und „Pyramids“ samt dazugehöriger Gitarrensoli, ein spontaner A-Capella-Rap zu „Swim Good“ und als Rausschmeißer „Wise Man“, der Song also, der für den Django-Unchained-Soundtrack angeblich nicht reichte und der nun seine Meriten um so erfolgreicher allein einfährt. Die Luft im Mehrzweckquader zum Schneiden, auf der Bühne brennen mittlerweile via Projektion die Palmblätter und der Applaus ist frenetisch – man darf vermuten, dass Frank Ocean mit diesem Konzert mehr als eine bloße Wiedergutmachung gelungen ist.