Punktlandung im Polarkreis

Punktlandung im PolarkreisEs ist wieder wie damals im Dezember 2009, als es im Ergebnis der Kopenhagener Klimarettungszusammenkunft zu einem historisch einmaligen Zusammentreffen im halleschen Kurt-Wabbel-Stadion kam. Minus 15 Grad bei Schnee und Bodennebel, an denen auch der hallesche Sonnenbomber Sandro Wolf nichts ändern konnte. Seit dem 1:0 gegen St. Pauli II damals ist viel passiert. Das Wabbel-Stadion heißt jetzt Erdgas-Arena, der damals noch als Dirigent dienende Pavel David ist nur noch Ersatz und die Erderwärmung hat auch ihre Spuren hinterlassen: Statt minus 15 Grad zeigt das Thermometer gegen den Berliner AK nur noch minus acht.
Außerdem kämpft der gastgebende HFC nicht mehr um einen Ehrenplatz in der oberen Tabellenhälfte, sondern erklärtermaßen um den Aufstieg. Um den im Blick zu behalten, muss die Mannschaft von Trainer Sven Köhler bis zum letzten Spieltag eigentlich alle Spiele gewinnen - und selbst dann wäre Tabellenplatz 1 nur sicher, wenn die Konkurrenten in Kiel und Leipzig zwischendurch Punkte liegenlassen.
Zum Siegen verdammt, startet der HFC engagiert. Rückkehrer Angelo Hauk, als Backup für die enttäuschende Sturmhoffnung Andis Shala aus Elversberg zurückgekehrt, bekommt in den ersten zehn Minuten mehr Pässe in den Fuß gespielt als sein Vorgänger in der ganzen Hinserie. Hauk aber, dessen Laufstil noch immer frappant an einen Schmetterlingsschwimmer erinnert, verpasst die Zuspiele jeweils knapp. Und danach hat es sich auch schon mit der offensiven Herrlichkeit der Hausherren. Berlin, umsichtig geführt vom früheren Rostockercottbussererfurterunioner Björn Brunnemann, hält dagegen, erreicht sogar ein Übergewicht, weil den Hallensern immer schon vor dem entscheidenden Zuspiel in die gegnerische Hälfte der Ball verspringt.
Nach vorn aber geht beim AK so wenig wie beim HFC über die Außen passiert. Wenn Halle angreift, dann geht es durch die Mitte, Telmo Texeira, Hauk und Lindenhahn versuchen, sich den Ball auf engstem Raum an der Strafraumgrenze zuzustecken. und scheitern ein ums andere Mal. Gefährlich wird es so nur einmal, als nach 36 Minuten wohl irrtümlich wirklich eine Flanke von außen in den Berliner Strafraum fliegt und Texeira anschließend aus acht Metern übers Tor schießt.
Ein typisches Nullzunull-Spiel, das den 2.747 Zuschauern auf den Rängen weder Herz noch Hände wärmt. Berlin ist nach vorn harmlos, Halle ratlos. Jan Benes, der für den gesperrten Eismann Außenverteidiger spielt, hat keinen guten Tag erwischt, auch Toni Lindenhahn und Dennis Wegner wirken nach der öffentlichen Ansage von Trainer Sven Köhler, dass er mehr Torgefahr und vor allem mehr Tore von ihnen erwarte, eher verkrampft als beflügelt.
Kein heißer Kampf, auch nach der Pause nicht. Obwohl der Rasen im neuen Stadion dank umweltfreundlicher Heizung gut bespielbar ist, bleibt es beim vergeblichen Anrennen der Hallenser und gelegentlichen Kontern der Berliner. In der 55. Minute erarbeiten sich die Gastgeber die erste Ecke. Hauk, ausnahmsweise mal von Wegner von außen angespielt, schießt von der Fünfmeterraumgrenze drüber.
Mehr ist nicht und mehr wird auch nicht mehr, darauf würde nach einer Stunde selbst die Fankurve wetten, die dem Spiel inzwischen auch meist schweigend folgt. Aber dann ist da Telmo Texeira, der Mann, der vor der Saison eigentlich hatte gehen sollen, weil der gelernte Zehner die Erwartungen, die der Verein an einen Abwehrspieler stellt, nicht hatte erfüllen können. Texeira fand keinen neuen Verein, dafür aber nach brillanten Einsätzen in der 2. Mannschaft Gnade bei der Chefetage.
Seitdem darf er hinter den Spitzen spielen und Tore machen wie nun eben auch gegen Berlin: Toni Lindenhahn kommt zum dritten Mal im Spiel über außen, er nimmt zwei Gegenspieler aus, schnippt den Ball in die Mitte und dort steigt Texeira hoch und köpft ins lange Eck.
Ein Punktlandung im Polarkreis, denn die Restzeit spielt der HFC routiniert herunter. Seit dem 16. Oktober hat der HFC nun nicht mehr verloren, mit 12 zu 3 Toren wurden seitdem 22 von 30 möglichen Punkten geholt. RB Leipzig schaffte in derselben Zeit auch 22 Punkte, Kiel sogar 24. Das wird noch, Erderwärmung hin oder her, ein heißes Rennen bis zum letzten Spieltag im Mai.

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