Psychotic

Psychotic (c) 2008, 2020 Jack Ketchum, Festa Verlag(4)

Psychotic

Als Dora Welles von ihrem Partner verlassen wird, zerreißt es etwas in ihr, das nicht mehr heilen wird. Nach Jahren der Demütigungen durch ihre Liebschaften hat Dora endgültig genug. Eine Zufallsbegegnung mit einer Jugendfreundin weckt jedoch die Erinnerung an Doras erste richtige Liebe, Jim Weybourne. Auch diese ging damals nicht gut auseinander, doch die alte Flamme lodert immer noch. Über eine Detektiv-Agentur macht Dora Jim ausfindig. Dieser ist inzwischen verheiratet und zweifacher Vater. Für Dora stellt das jedoch kein Hindernis dar. Geschickt macht sie sich „zufällig“ in seinem Leben wieder präsent. Mit verheerenden Folgen für Familie Weybourne.

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Psychotic, so der „deutsche Titel“, von Jack Ketchum aus dem Jahre 2008, ist kürzlich als deutsche Erstveröffentlichung bei Festa erschienen. Old Flames heißt die Geschichte im Original, was den Inhalt ein wenig besser trifft. Der amerikanische Schriftstellers Dallas Mayr veröffentlichte vorrangig – und wurde berühmt – unter seinem Pseudonym Jack Ketchum. Der 2018 leider etwas früh verstorbene Autor gilt vor allem in seiner Heimat als einer der bedeutendsten Horror-Schriftsteller seiner Generation. Tatsächlich muss man sagen, dass Ketchum über ein außergewöhnliches Erzähltalent verfügte, dass die Genre-Zuschreibung Horror fast viel zu kurz fast. Sein Grauen basiert (bis auf ganz seltene Ausnahmen) nicht auf etwas Übernatürlichem, sondern ist stets voll und ganz der Bestie Mensch verschrieben. Das rückt seine Stories manchmal näher an Cormac McCarthy, als an Stephen King heran (doch letztlich sind beide Einflüsse spürbar). Er konnte in die Abgründe der menschlichen Seele blicken und diese auf schockierende Weise Transparent machen. Das macht den besonderen Effekt seiner, nicht selten Gänsehaut erzeugenden, Prosa aus. Und das trifft auch auf den Kurzroman Psychotic zu.

Sie betrachtete, wie die Seite ihres Gesichtes, die auf den Beton gedrückt war, sich zunächst zu einem Grinsen verzog, dann zu einem Hohnlächeln, und die Blutspur hinter ihrem Kopf, wie eine Schneckenspur, verschmiert von ihren Armen, die nun gerade über ihr ausgestreckt waren, so als ob sie für einen letzten Hechtsprung posierte. Sie vernahm das leise Kratzen der Zähne auf dem Beton.

Es handelt sich bei Psychotic um einen kleinen, fiesen, Psychothriller bei dem es viel weniger um das „Was“ oder „Warum“ geht, als um das „Wie“. Vom Anfang an ist klar, dass Dora nichts Gutes im Schilde mit Familie Weybourne führt. Doch wie die Geschichte erzählt wird, ist hier entscheidend –nämlich atemberaubend spannend. Ketchums Prosa ist knapp, die Story ist fast schon bis aufs Skelett reduziert. Kein einziges Gramm unnötiges Fett findet sich in diesen atemlosen 192 Seiten (die auch noch großzügig gedruckt sind). Und das ist gut so. Bis zum bitteren Ende findet man keine Leerläufe und kann nur schwer das Lesen einstellen. Im Nachwort erfahren wir von Ketchum persönlich, dass die Story ursprünglich auf ein unveröffentlichtes Drehbuch von ihm zurückgeht. Das ergibt durchaus Sinn, denn beim Lesen hat man tatsächlich mehrfach den Eindruck ein Film-Treatment zu lesen, und auch die Dialoge klingen sehr „cineastisch“. Über das Ende darf man durchaus geteilter Meinung sein. Fakt ist jedoch das Psychotic ein rasanter, sauspannender Roman ist, den man – wenn man das möchte – in einer Sitzung durch hat. Eine Verfilmung mit hochkarätiger Besetzung ist durchaus denkbar.

Psychotic von Jack Ketchum, 192 Seiten, erschienen in der Reihe Festa Special im Festa Verlag.

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