Die Mitwirkungshandlung eines Rechtsanwalts in einem Zivilprozess, etwa durch Einreichung von Schriftsätzen oder Unterlagen, könnte daher schnell zu einer Beihilfestrafbarkeit führen, wenn die eingereichten Dokumente im weitesten Sinne falsch sind und der Rechtsanwalt dies wusste oder aber erkennen musste. Allerdings korrigiert die Rechtsprechung eine ausufernde Beihilfestrafbarkeit von Anwälten durch die Frage nach der objektiven Zurechnung von Hilfeleistungen zur Tatbestandsverwirklichung des Haupttäters. Teilweise wird vertreten, dass eine Beihilfestrafbarkeit dann ausscheide, wenn es sich bei den Handlungen des Rechtsanwalts um "neutrales" oder "berufstypisches" Verhalten handele oder sich der Handelnde noch im Rahmen seiner "professionellen Adäquanz" bewege. Danach soll der Anwalt bereits objektiv keinen Straftatbestand erfüllen, der sich an die für seine Tätigkeit geltenden Normen und Regeln halte. Der strafrechtlich relevante Bereich werde erst dann erreicht, wenn die für Anwälte geltenden Regeln verletzt würden, um rechtswidrige Ziele zu erreichen. Solange sich für das Handeln des Rechtsanwalts nicht nur deliktische, sondern neutrale Gründe finden ließen, liege ein strafloses berufsübliches Verhalten des Rechtsanwalts vor.
Eine andere Ansicht lehnt zwar das Abstellen auf "professionelle Adäquanz" ab, weil es zu einer Privilegierung der Rechtsanwälte oder Steuerberater führe, nimmt aber dennoch bei "berufstypischen" Handlungen nur dann eine Strafbarkeit an, wenn der Anwalt seine Berufsausübung den deliktischen Plänen des Mandanten anpasse. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn er seine beruflichen Handlungen im Hinblick auf die Straftat eines Mandanten modifiziere, z. B. durch Bereitstellung einer Infrastruktur, die ohne deliktischen Sinnbezug nicht mehr erklärt werden könne. Ein sozialtypisches Verhalten solle dann nicht mehr vorliegen, wenn der deliktische Wille des Mandanten offensichtlich sei. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Ansicht, die eine Strafbarkeit von Rechtsanwälten nur bei Vorliegen einer "besonderen Sachlage" annimmt. Davon abweichend geht eine weitere Ansicht davon aus, dass die Handlung eines Rechtsanwalts nur dann tatbestandsmässig eine strafrechtlich relevante Beihilfehandlung sein könne, wenn sie unmittelbar den tatbestandlichen Erfolg herbeiführe, weil der Anwalt keine Garantenstellung für die Einhaltung der rechtlichen Verpflichtungen des Mandanten habe.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen „neutralen“ Handlungen schließlich die folgenden Grundsätze maßgeblich: Ist das Handeln eines Mandanten ausschließlich darauf ausgerichtet, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Rechtsanwalt, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Handeln stets den beruflichen Alltagscharakter, ist als „Solidarisierung“ mit dem Mandanten zu werten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat einzuordnen. Weiß der Anwalt dagegen nicht, wie sich von ihm eingereichte Schriftsätze oder Urkunden im Zivilprozess auswirken werden und zu welchem verborgenen Zweck sie der Mandant eingereicht sehen möchte und hält er es lediglich für denkbar, dass sein Beitrag als Rechtsdienstleister zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist das anwaltliche Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen. Mit diesen Kriterien scheint der Bundesgerichtshof das strafrechtliche Risiko von Anwälten im Berufsalltag ausreichend minimiert zu haben und es ist zu hoffen, dass auch die Staatsanwaltschaften die Kriterien des Bundesgerichtshofs verinnerlichen.399e16cb3e0f46acbcf4115bbc1a48ef