Proust lesen Tag 56-Im Schatten junger Mädchenblüte-Erster Aufenthalt in Balbec-Charlus

Baron Charlus trifft in Balbec ein. Ein Herr der nur zwei Finger zur Begrüßung reicht, durchdringender Blick, sich wie ein Geheimagent umsieht und Beunruhigung wie auch Müdigkeit ausstrahlt .  Einer der alles weibische und verweichlichte verachtet, selbst aber mit zuweilen hoher Stimme spricht und schrill lacht. Einer mit einer Maske aus feinem Puder auf dem Gesicht. Allein die Augen lassen hinter der Rüstung etwas erkennen. Durchaus feinsinnig und Ästhet, ebenso bedacht mit Standesdünkel. Mit der Großmutter Marcels, debattiert er über Madame Sevigny und der Liebe zu ihrer Tochter. Um ehrlich zu sein, ich freue mich auf Albertine, weit kann sie nicht mehr sein, auch wenn ich die Persönlichkeitsbeschreibung von Charlus ungemein spannend fand, aber eben erst auf den zweiten Blick.

Mittlerweile verfahre ich mit Proust so, dass ich erst mal alles im Ganzen lese (die zwanzig Seiten), dabei unterstreiche. Am Nachmittag, lese ich den Text noch mal, schlage im Internet nach was mir unbekannt ist, male Beziehungsmuster auf. So gelingt es mir, etwas mehr in die Tiefe zu kommen.

Kiel/Falckenstein/Schilksee

Was für ein Sommertag! Irgendwie arbeitete die Szene von gestern noch in mir. Da waren die haarlosen, robusten Typen mit einer „Liebe zur altdeutschen Schrift.“ (Jochen Schmidt, Schmidt liest Proust).

. Einer von denen hatte das Vaterland quer über seinen breiten Brustkorb tätowiert. Die Teenies die ein eigenes Boot hatten, fingen plötzlich an „Einigkeit und Recht und Freiheit“ zu singen.

Der Gatte und ich diskutierten über Politik auf der Rückfahrt, mittlerweile endet das in Grabenkämpfen, weil wir die Grautöne nicht finden.

Proust lesen Tag 56-Im Schatten junger Mädchenblüte-Erster Aufenthalt in Balbec-Charlus

Aber nun war da dieser sonnige Tag, an dem ich durch Gluthitze zwei Stunden mit den Hunden unterwegs war.

Nebenbei lese ich „Fliegende Hunde“, tolles Buch, aber auch Murray und Le mensch. Das war der Auslöser der Diskussion. Grundsätzlich finde ich, dass es ohne schlechtes Gewissen möglich sein muss, sich verschiedene Standpunkte anzuschauen. Die Zeiten sind unruhig geworden, Daara wurde bombardiert-zehntausende auf der Flucht, über England schwebt ein aufgeblasener Trump in Windeln, man diskutiert über an und nicht angebrachtes Mitleid.

Anna backt eine dreistöckige Torte, während ich versuche maßzuhalten um das Übergewicht einzudämmen, gleichzeitig denke ich über den Irrsinn der Leningraddiät nach. Und immer wieder schwappt diese gestrige Szene in mir hoch.


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