Kiel:
Nur mal so viel, die unglaublich teuren Manukka Honig Bonbons haben nicht die Bohne geholfen. Mein Hals schmerzt so heftig, dass ich weder essen noch trinken mag.
Um mich aus meiner krankheitsbedingten Lethargie zu befreien, teile ich die Morgenstunde in 15 Minuten Abschnitte. 15 Minuten Wäsche, 15 Minuten Bericht schreiben, 15 Minuten Proust lesen, 15 Minuten Reader. Fünfzehn Minuten kann ich durchhalten, liegen bleiben ist heute nicht.
Mit Einmalhandschuhen bekleidet, wasche und schneide ich später Kartoffeln, Gurken und Tomaten, während ich Fassbenders „Angst essen Seele auf“ sehe. Ich hab mich von hystricidae inspirieren lassen.
Die Kartoffeln koche ich in Milch, sie brennen mir fast an, weil der Film so nahegeht und einen reinzieht. Kartoffeln gerettet, mit Sahne übergossen, Käse darüber verteilt in den Ofen geschoben, da steht Anna in der Tür, müde aber zufrieden. „Wir wurden ausgesetzt, Handy wurden eingezogen, aber wir hatten dieses Uraltding, einmal stündlich sollten wir uns melden. Das Problem war, die Karte war 10 Jahre alt. Glaub mir wir kennen jetzt die ganze Westküste. Wo habt ihr geschlafen? Auf nem Feld, und am nächsten Tag mussten wir übers Wasser, Floß bauen und so. Und die zweite Nacht? “
„Im Haus, die Probe war da schon bestanden.“
55 km in zwei Tagen und jetzt hab ich Hunger.
Der Gatte beugt sich meinem Klagen über die nicht stattgefundenen Ferien und geht mit den Teenies schwimmen. Karla bleibt da und lernt Rilke. Als ich nach ihr schaue, steht sie auf einem Bein und murmelt vor sich hin: „Herr der Sommer war groß.“
„Machst du Yoga?“
„Nee Fitnesstraining, du weißt schon, sie will 22 Liegestütze sehen.“
Die Schule geht wieder los.
Der Himmel ist wolkenverhangen und trotzdem noch leicht. Draußen ist es kühl, aber die Sommerblumenmischung blüht noch immer. Eine Wespe verirrte sich im Badezimmer. Julius wurde ausgeschickt sie zu fangen. „Warum immer ich?“
„Weil du hier jetzt der Mann im Haus bist und Männer sind Jäger, merk dir das. Und lass den Sträfling in die Freiheit, auch eine Wespe hat Anrecht auf Leben.“
Ich werde mich weiter krank melden müssen, das Fieber wird nur durch IBU in Schach gehalten, der Hals schmerzt als hätte ich Metall verschluckt und die Stimme hat diesen herrlich versoffenen Reibeisenton..
Proust: Nun erschließt sich mir, warum Charlus damals als er das erste Mal in der Recherche auftauchte, mit dem ruhelos dubiosen Blick eines Stasispitzels auftrat. Charlus lebt von der geheimnisvollen Aura und ist es gewohnt seine Spuren zu Liebhabern zu vertuschen. Etwas Lack ist ab, wenn man ihn mit der Erscheinung vom ersten Balbecaufenthalt vergleicht. Leicht verfettet, hinter der Schminke bleich und lange nicht mehr so souverän. Er schafft den Absprung bei Morel nicht, obwohl dieser hinterhältig, egoistisch, falsch und snobistisch ist. Wie damals schon Swann, der in der Liebe zu Odette jedes Maß verlor, spioniert Charlus Morel hinterher, göttliche Szene im Bordell. Mein Gott warum ist noch niemand auf die Idee gekommen, dass als Serie zu verfilmen.
Um persönliche Statements gehts ja nicht so sehr, aber der offensichtlich im Niedergang begriffene Charlus ist meine Lieblingsfigur.